Auf Anleger könnten einige unruhige Monate zukommen. Das liegt nicht nur an den im November anstehenden US-Präsidentschaftswahlen, in deren Vorfeld sich Aktienmärkte aufgrund politischer Unsicherheiten tendenziell wacklig zeigen. „Die US-Wirtschaft hat ein kritisches Zeitfenster vor sich, in dem der Arbeitsmarkt standhalten muss, bis die Auswirkungen von Zinssenkungen und einer breiteren Lockerung der finanziellen Bedingungen eine gute Wachstumsgrundlage bieten“, sagt Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS Asset Management. Es besteht die Gefahr, dass die Entlassungszahlen plötzlich in die Höhe schnellen und den Konsum belasten. Die Frage ist auch, ob eine rezessive Dynamik bereits eingesetzt hat und die US-Notenbank zu spät und zu schwach agiert.
Weiterhin eine sanfte Landung der US-Wirtschaft zu erwarten
„In unserem Basisszenario befürchten wir nicht, dass es schon zu spät ist, um eine Rezession in den USA zu vermeiden. Die finanziellen Bedingungen haben sich bereits im Laufe des Jahres gelockert, deutlich vor den eigentlichen Zinssenkungen. Dies dürfte das Wirtschaftswachstum unterstützen, wenn auch mit Verzögerung“, erläutert Brown. Zudem ist das aktuelle wirtschaftliche Umfeld deutlich gesünder als vor anderen Zinssenkungszyklen, die Rezessionen vorausgingen. Brown: „Wir sehen keine offensichtlichen strukturellen Ungleichgewichte in der Wirtschaft und halten die Bilanzen des privaten Sektors insgesamt für gesund. Unternehmensmargen und Konsumwachstum schwächen sich in der Regel vor einer Rezession ab, sie haben sich jedoch verbessert.“
Aktienkurse enthalten bereits viel Optimismus
Die Aktienmärkte sind dennoch mit Vorsicht zu betrachten. Das Risiko-Rendite-Verhältnis für globale Aktien scheint bei den derzeitigen Bewertungen weniger günstig. Es ist bereits viel Optimismus in den Kursen eingepreist. Die aktuellen Bewertungen bieten wenig Sicherheit, falls sich das Wirtschaftswachstum schneller und stärker als erwartet verschlechtert. „Wir haben daher in unseren Portfolios Aktien von Übergewicht auf Neutral zurückgestuft und fokussieren uns auf Relative-Value-Chancen“, sagt Brown.
Volatilität und langfristige Strategien
Beate Meyer, Head of Wholesale Germany bei UBS-AM, ergänzt: „Die wirtschaftliche Abhängigkeit Europas von den USA zeigt sich erneut deutlich, sowohl in den makroökonomischen Verflechtungen als auch in den großen Aktienindizes. Zusätzlich wird die derzeitige Volatilität durch saisonale Faktoren wie Unternehmensberichterstattung, Zinsentwicklungen und die bevorstehenden US-Wahlen verstärkt. Die Schwäche der Tech-Giganten, die lange als treibende Kräfte fungierten, verschärft diese Unsicherheiten weiter. Dennoch sollten Investoren besonnen agieren und langfristige Strategien verfolgen, da kurzfristige Schwankungen historisch betrachtet als normal einzustufen sind.“
Im Aktienbereich beispielsweise bevorzugt Brown aufgrund des stärkeren Ertragsprofils und des geringeren Engagements im schwächelnden Fertigungssektor die USA gegenüber dem Rest der Welt. Das mag zwar angesichts der zuvor geschilderten Risiken für die US-Wirtschaft überraschen. Aber die Vergangenheit zeigt, dass US-Aktien in einer Abkühlungsphase, selbst wenn diese die eigene Wirtschaft betrifft, zu einer Outperformance neigen. Bei US-Exposure setzt Brown auf eine breite Aktienauswahl und vermeidet eine übermäßige Konzentration auf das Thema Künstliche Intelligenz.
Neutralität im Anleihesektor
„Im Anleihebereich sind wir bei der Duration und Unternehmensanleihen neutral. Der Markt hat bereits ein hohes Maß an Lockerung für ein Soft-Landing-Szenario eingepreist, sodass Staatsanleihen weitgehend als Absicherung für risikoreiche Anlagen dienen“, sagt Brown.