Im Wahlkampfgetöse geht leicht der Blick aufs große Ganze verloren. Die USA erfreuen sich einer relativ gesunden Wirtschaft. Das Wachstum ist robust, Unternehmensgewinne und Prognosen fallen positiv aus, die Inflation befindet sich auf dem Rückzug und die US-Notenbank Fed dürfte die Zinsen in diesem Jahr um weitere 50 Basispunkte senken. „Das ist ein hervorragendes Umfeld für Risiko-Assets. Wir gehen davon aus, dass die globalen Aktienmärkte das Jahr 2024 fast unabhängig vom Ausgang der US-Wahl gut abschließen werden“, sagt Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS Asset Management.
Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie sich unterschiedliche Ergebnisse der Präsidentschafts- und Kongresswahlen auf die Performance der Asset-Klassen auswirken könnten, um das Risiko vor der Wahl zu steuern und sich auf Chancen durch Marktübertreibungen vorzubereiten. Beate Meyer, Head of Wholesale Germany bei UBS-AM, ergänzt: „Die Prognosen im US-Wahlkampf deuten derzeit auf einen Vorteil für Trump hin, was sich auch in den Märkten widerspiegelt. Zwar gab es kurzfristige Rücksetzer aufgrund von Gewinnmitnahmen, doch diese waren Momentum und nicht fundamental bedingt.“
Red Sweep dürfte US-Aktien befeuern, Anleiherenditen könnten kurzfristig überschießen
Ein republikanischer Wahlsieg mit Donald Trump als Präsidenten und einer Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses hätte wohl die größten Auswirkungen auf die Märkte. Die zu erwartende Politik bei einem solchen „Red Sweep“ birgt gegenläufige Kräfte für Risikoanlagen. Deregulierung und Steuersenkungen könnten die Stimmung in den USA anheizen und für Aufwärtspotenzial bei Aktien sorgen. Meyer dazu: „Die wirtschaftliche Situation der USA zeigt sich stabil, und die Programme der Kandidaten und Parteien weisen keine grundlegenden Unterschiede auf. Entscheidend werden die Mehrheitsverhältnisse und das Zusammenspiel mit dem Kongress sein, da dies maßgeblich bestimmt, welche Teile des Wahlprogramms tatsächlich umgesetzt werden.“
Erhöhte Zölle und das Risiko stark steigender Anleiherenditen belasten hingegen die Aussichten. „Wir glauben jedoch, dass der Rückenwind für US-Aktien stärker sein wird als der Gegenwind. Internationale Aktien würden sich in einem solchen Szenario aufgrund der erhöhten Unsicherheit im Handel unterdurchschnittlich entwickeln“, sagt Brown.
Die Ereignisse dieser Woche werden zeigen, ob die Märkte in den verbleibenden Monaten des Jahres zusätzlichen Aufwind erhalten werden – wobei bereits viel eingepreist ist. Meyer führt weiter aus: „Ein Sieg Trumps könnte die Aktienmärkte weiter beflügeln, während ein Wahlsieg von Harris keinen signifikanten Aufschwung auslösen würde. Dennoch wird 2024 ein erfolgreiches Börsenjahr bleiben.“ Ein Sieg von Harris könnte die Märkte kurzfristig unter Druck setzen, doch langfristig dürften Investoren wenig Grund zur Sorge haben.
Im Anleihebereich wäre ein solcher Wahlausgang angesichts der erwarteten Defizitausweitung und einer allgemein inflationären Politik für die Duration am negativsten. „Ein Überschießen der Renditen nach der Wahl könnte aber einen guten Einstiegspunkt für Anleihen bieten“, so Brown und ergänzt: „Der US-Dollar würde bei einem Red Sweep aufgrund der höheren US-Renditen und eines erhöhten Zollrisikos für die Handelspartner der USA wahrscheinlich steigen.“
Eine ähnliche Entwicklung für die Asset-Klassen, jedoch in abgeschwächter Form, ist zu erwarten, wenn Trump die Wahl gewinnt, aber die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen. „US-Aktien dürften auch bei diesem Wahlausgang outperformen, aber wahrscheinlich weniger stark. Zudem wäre der Abwärtsdruck auf die Duration schwächer“, so Brown.
Sieg von Harris kommt Emerging-Markets-Assets zugute
Ein Blue Sweep scheint sehr unwahrscheinlich. Wenn die Demokratin Kamala Harris die Wahlen gewinnt, kann sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Mehrheit in beiden Kammern stützen. Die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte eines solchen Wahlausgangs wären relativ gering. „Allerdings scheinen die Märkte zunehmend einen Sieg Trumps und sogar einen Red Sweep einzupreisen. Ein Sieg von Harris könnte zu einer gewissen Rücknahme dieser Kursentwicklung führen“, sagt Brown und erwartet zudem eine Rallye der nach wie vor günstigeren internationalen Aktien und speziell Emerging-Markets-Aktien aufgrund des gesunkenen Risikos höherer Zölle. Ebenso würden wahrscheinlich der US-Dollar und die Anleiherenditen fallen.