Bill Gross und das Superinvestorparadoxon

Was ist richtig? Gültigkeit der Bill Gross Kaufkraftparität, Beweis, dass der Wechsel zum neuen Arbeitgeber ein weltvolkswirtschaftlicher Fehler ist, Überschätzung der Fähigkeiten oder Herdentrieb der Finanzmarktteilnehmer? Swisscanto Invest | 29.09.2014 16:28 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Kommentar von Thomas Härter, Leiter Anlagestrategie bei Swisscanto:

"Zur Einstimmung: Der nachfolgende Satz ist richtig. Der vorstehende Satz ist falsch. 

Gemäss Bloomberg News stand Bill Gross aufgrund von Abzügen von Anlagegeldern aus seinem Vorzeigefonds “Total Return” in Höhe von rund 70 Mrd. kurz vor der Kündigung. Allianz Papiere verloren rund 6.5% was einem Börsenwert von 4.06 Mrd. Euro entspricht. Somit beträgt die Schätzung des Marktwertes von Bill Gross durch den Markt: 4.06 Mrd. Euro. Seltsamerweise kann Gross bereits heute seine neue Stelle beim Pimco Konkurrenten Janus Capital antreten. Diese Information führte zu einem Kurssprung der Janus Aktien von über 40%. Dies entspricht einer Marktwertschätzung von Bill Gross von nur rund 0.854 Mrd. US-Dollar. 

Was will uns der Markt sagen? Das ist nicht ganz klar, da es verschiedene Möglichkeiten gibt: 

1. Am offensichtlichsten ist, dass die Bill Gross Eurodollar Kaufkraftparität (Konzept des “Law of one price”): 4060000000/854000000 betragen könnte. Klarer ausgedrückt: Der faire Eurodollar-Wechselkurs beträgt 4.75 Euro pro Dollar. Anders ausgedrückt: Man kann für nur 0.21 Dollar genau so viele Einheiten Bill Gross kaufen, wie für 1 Euro. Es gibt also offensichtlich noch bessere Informationen über den fairen Eurodollar-Kurs als den Big Mac-Index, den I-Phone-PPP-Index und dem Billy Buchregal-PPP-Index (Ikea). Die genaue Einschätzung des Eurodollargleichgewichtswechselkurses wurde erst durch den Wechsel Bill Gross ermöglicht. Da die Reduktion von Unsicherheit grundsätzlich gut für die Wirtschaft ist, ist der Wechsel von Bill Gross gut. 

2. Das absolute Konzept der Kaufkraftparität setzt Homogenität der Güter, beliebige Teilbarkeit, keine Transportkosten und vieles andere mehr voraus. Man müsste also mindestens die Transportkosten vom alten Arbeitsort in Newport Beach zum neuen Arbeitsort in Newport Beach für die Berechnung des Bandes, in dem “Arbeitskräftearbitage” sich nicht lohnt verwenden. Da aber der attraktive Teil von Newport Beach nicht so riesig ist, waren die Edel-Limousinentransportkosten wohl vernachlässigbar und standen dem “Transfer” nicht im Wege. 

3.  Unter der Annahme, dass die Finanzmärkte zu jedem Zeitpunkt effizient sind, der Eurodollarkurs somit derzeit im Gleichgewicht ist (und immer wahr), ist Bill Gross für die Allianz 4,06 Mrd. Euro und für Janus nur 0.854 Mrd. US-Dollar wert. Dies entspricht also der lächerlichen Summe von 0.672 Mrd. Euro. Somit gilt, dass der Wechsel von Bill Gross zum neuen Arbeitgeber nicht nur für die Allianz ein Fehler ist, sondern für die gesamte Welt, da die Gesamtmarktkapitalisierung des Weltaktienmarktes, der den zukünftigen abdiskontierten Zahlungsströmen entspricht um eben diesen Betrag tiefer ist. Bill Gross kann beim neuen Arbeitgeber 4.305 Mrd. US-Dollar weniger “Gutes für das Welt-GDP/den Weltaktienmarkt” tun, als beim Alten. 

4.  Der mit beste Beitrag zur Verwendung von Performancemessungen den ich kenne, findet sich auf der Homepage von Jarrod Wilcox Investing. Ich zitiere: “Who Benefits From Investment Performance Measurement? Disproportionaly, it is the lucky”. 

5. “70-jährige Version von Justin Bieber” zitiert aus dem Spiegel. Justin Biber hat weltweit mit am meisten Twitter-Follower. Gemäss Spiegel widmete Gross im April die gesamte erste Hälfte seines einflussreichen Investmentausblickes seiner verstorbenen Katze Bob. Wir zitieren: “Außer Schlafen mochte Bob nichts lieber als mir von Raum zu Raum zu folgen und zu schauen, ob alles mit mir in Ordnung war”, schrieb Gross damals. “Es wurde mir manchmal sogar etwas zu viel, vor allem wenn ich in die Dusche ging oder wieder rauskam.” 

6. Empire-Building & Guruerklärung überspitzt auf den Punkt gebracht: Ein paar Tausend haben nichts gemacht und einer hat “Alles” gemacht. Neu werden ein paar Hundert nichts machen und einer wird “Alles” machen, und das ist gut so. Werden Firmen um einen Mann herum gebaut oder um einen Prozess? 

7.  Die keynesianische Schönheitswettbewerbserklärung als schlimmste (selbstbezügliche) Erklärung: Ich denke, dass die Anderen denken werden, dass die Anderen denken, dass das schon schlecht für die Allianz und gut für Janus Capital ist. Denken über das Denken kann zu Selbsterfüllung oder aber zu Kurzschlüssen führen. 

Der Post begann mit einem selbstbezüglichen Kurzschluss, also soll er auch mit einem enden: 

Das Superinvestor-Paradoxon:

Ein Superinvestor ist definiert als einer, der für all diejenigen (und nur diejenigen), die nicht besser für sich selbst investieren können, investiert (könnten die anderen das besser, wäre er ja kein Superinvestor). Die Fragen sind: 1. Investiert der Superinvestor für sich selbst? 2. Ist derjenige, der auch für sich selbst investiert ein Superinvestor? 

Falls Sie die Antworten wissen, bitte mich wissen lassen. Ach ja, zu guter Letzt: Ich bin kein Superinvestor!"

Thomas Härter, Leiter Anlagestrategie bei Swisscanto

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