EM zeigen eine beeindruckende Erholung um etwa 8% und übertrafen den MSCI World Index seither um mehr als 4% (per 20.04.2014). Dies könnte ein Anzeichen für eine Wende sein und rechtfertigt es zusammen mit einer im Vergleich zu DM (Developed Markets) attraktiveren Bewertung, die Aktienmärkte der EM genauer zu betrachten.
Wirtschaftliche Ungleichgewichte in den Schwellenländern
Während der Billig-Geld-Politik im Westen sind in gewissen aufstrebenden Märkten wirtschaftliche Ungleichgewichte entstanden, die beobachtet und analysiert werden müssen. Wir sehen die kleinen Turbulenzen in manchen EM im Januar und Februar 2014 aber als Anfang eines notwendigen Anpassungsprozesses, der eher eine gute Gelegenheit zum Einstieg bietet denn ein grösseres finanzielles Unheil bedeutet.
Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte beruhen vorwiegend auf der Tendenz mancher aufstrebender Märkte, "über ihre Verhältnisse zu wachsen". Dies mündet oft in einem Leistungsbilanzdefizit, das durch hohe Auslandschulden finanziert und häufig von einer lockeren Geldpolitik und einer hohen Inflation begleitet wird. Hauptsächlich weisen die Türkei, Südafrika, die Ukraine und Argentinien und etwas weniger Brasilien, Indien und Indonesien einige oder alle diese Merkmale auf. Um dem entgegenzuwirken, sind schwächere Währungen und höhere Kapitalmarktzinsen erforderlich, die zu einem langsameren Wirtschaftswachstum führen dürften. Hohe Auslandschulden, insbesondere bei ansteigenden globalen Zinssätzen, vergrössern die Schwierigkeit einer Anpassung weiter. Denn gemäss Reinhart und Rogoff besteht ein wesentliches Risiko eines Kreditereignisses, wenn die Auslandschulden eines Landes 30% des BIP übersteigen. In beinahe allen osteuropäischen Ländern besteht ein deutliches Risiko eines solchen Kreditereignisses, während die entsprechenden Länder in Asien und Lateinamerika besser abschneiden.
Anpassungsprozess in Indien und Indonesien im Gang
Indien und Indonesien begannen den Anpassungsprozess im Sommer 2013 nach dem berühmten "Tapering"-Kommentar von Ex-Notenbankchef Ben Bernanke. Von Mitte Mai 2013 bis Ende Januar 2014 haben die IDR und die INR etwa 26% bzw. 14% an Wert verloren. In der gleichen Zeitspanne hat die indonesische Zentralbank ihre Leitzinsen um 175 Basispunkte in die Höhe getrieben und die indische Zentralbank hat den Repo-Zinssatz um 75 Basispunkte erhöht. Indiens Handelsbilanz Q1-Q3 FY2014 lag bei USD -110.04 Mrd., was etwa 25% tiefer ist als während derselben Periode in FY2013. Die indonesische Handelsbilanz war sogar noch besser. Indonesien gelang ein Sprung von einem Defizit von USD 0.8 Mrd. (September 2013) zu einem Überschuss von USD 1.5 Mrd. (Dezember 2013). Deshalb ist es möglich, dass die Währungen von Indien und Indonesien den Grossteil der harten Arbeit hinter sich gebracht haben. Die Türkei und Südafrika hingegen haben den Anpassungsprozess erst begonnen, wenn auch, wie im Falle der Türkei, auf eine sehr drastische Art und Weise.
Blickpunkt China
Die derzeitige Verlangsamung der Wirtschaft in den EM im Allgemeinen und in China im Besonderen stellt ein weiteres Risiko dar, insbesondere für Rohstoff-Exportländer wie Indonesien, Brasilien und Russland. Der Handel zwischen den EM erlebte im vergangenen Jahrzehnt einen Boom, und China wurde für die EM viel wichtiger als die Industrieländer. Laut BCA Research gehen heute etwa 30% der globalen Importe auf die EM exkl. China, während Chinas Rückexport weitere 10% ausmacht. In China halten viele Haushalte Immobilien für eine gute Wertanlage, woraus eine hohe Wohneigentumsquote resultiert. Dies sowie die hohen Schulden von lokalen Regierungen und Sektoren mit staatlichen Unternehmen sind zusätzliche Risikoquellen, die zurzeit aber kontrollierbar scheinen. Gemäss CLSA macht das Schattenbankensystem weniger als 20% der gesamten Verbindlichkeiten des Finanzsystems aus; Verbriefung gibt es beinahe nicht; Treuhandprodukte machen nur 7% der Aktiva des Bankensystems aus, und die Zentralregierung hat noch genug finanzielle Kraft, um die lokalen Regierungen zu unterstützen. Deshalb ist eine wirtschaftlich "harte Landung" nicht unser Hauptszenario für China für das Jahr 2014. Wir erwarten weiterhin eine reale BIP-Wachstumsrate von 7.0%-7.5% in diesem Jahr. In Zukunft wird einiges von der Tiefe und der Geschwindigkeit der Umsetzung von Reformen in China abhängig sein sowie von der Fähigkeit der chinesischen Führung, konfligierende Ziele der wirtschaftlichen Reformen und des Wachstumserhalts auszugleichen, ohne dass es im Finanzsystem des Landes zu einer grösseren Implosion kommt.
Schuldenprobleme in Osteuropa
Die Bedeutung der Anhäufung von Auslandschulden in Osteuropa darf nicht unterschätzt werden. Insgesamt schuldet die Region der Welt USD 1.2 Bio. Es ist realistisch, anzunehmen, dass ein Grossteil dieser Schulden letztlich bei den europäischen Banken, in deren Kredit- bzw. Obligationenportfolios, liegt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein Kreditereignis in Osteuropa grosse Auswirkungen auf das gesamte europäische Finanzsystem hätte. Gewisse europäische Banken dürften dennoch unter ernsthaften Druck geraten. Gemäss Macquarie Securities Research sind BBVA Unicredit und Raiffeisen in dieser Hinsicht besonders exponiert.
Klar ist jedoch, dass EEMEA-Länder einen Prozess zur Korrektur ihrer wirtschaftlichen Ungleichgewichte durchlaufen müssen, der bestenfalls mehrere Quartale dauern und höchstwahrscheinlich zu weiteren Währungsabwertungen, höheren Leitzinsen und einem langsameren Wirtschaftswachstum in der Region führen wird. Der Anpassungsprozess wird wohl mit einer erhöhten Volatilität der Finanzmärkte einhergehen, und es ist wahrscheinlich, dass alle Anlageklassen in EM darunter leiden werden. Asiatische Wirtschaften sind in diesem Kontext dank einer geringeren Anzahl akkumulierter wirtschaftlicher Ungleichgewichte und dem neunmonatigen Vorsprung beim Ausgleichen der erkannten Ungleichgewichte, bspw. in Indien und in Indonesien, jedoch besser aufgestellt. Wenn der Korrekturprozess einmal beendet ist, sollten die aufstrebenden Märkte im Allgemeinen und die asiatischen Länder im Besonderen wieder ein stärkeres Wirtschaftswachstum und höhere Anlagerenditen aufweisen können. Die Märkte antizipieren jedoch schon Monate im Voraus eine Erholung, und die bessere Performance von EM seit Mitte März könnte ein Anzeichen für eine solche Wende sein.
Fazit
Wir nehmen die oben genannten Risiken, die sich in gewissen aufstrebenden Märkten zusammenbrauen, zur Kenntnis. Wir sind uns jedoch auch des Fortschritts bewusst, den gewisse Länder beim Lösen ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Probleme gemacht haben. Unser BB Entrepreneur Asia Fonds hat begonnen, die Gewichtung von Indien und Indonesien zu erhöhen, da beide markante Fortschritte beim Ausgleichen ihrer wirtschaftlichen Ungleichgewichte gezeigt haben. Zudem stehen in 1H2014 in beiden Ländern Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an, die, den jüngsten Umfragen nach zu urteilen, von reformoffenen Kandidaten gewonnen werden dürften. Zur Finanzierung der höheren Gewichtung von Indien und Indonesien wurde die Gewichtung von Südkorea und Taiwan reduziert. Die längerfristige Binnennachfrage in Südostasien, die durch eine günstige Demografie getragen wird, bleibt intakt. Zusätzliche Verkaufswellen in asiatischen Aktienmärkten aufgrund von Schuldenproblemen oder negativen politischen Entwicklungen in Osteuropa, sofern solche eintreffen, wären unserer Ansicht nach eine gute Gelegenheit, um zu noch attraktiveren Bedingungen in asiatische Aktienmärkte einzusteigen.