Ein turbulenter Sommer für den ägyptischen Aktienmarkt

Malek Bou-Diab und Andy Gboka (beide Portfolio Manager BB African Opportunities (Lux)) berichten, wie sich der ägyptische Aktienmarkt in den Sommermonaten geschlagen hat und wo sich hier die aktuell vielversprechendsten Möglichkeiten für aktives Stock-Picking eröffnen. Bellevue Asset Management | 07.10.2015 15:30 Uhr
Malek Bou-Diab, Lead Portfolio Manager, BB African Opportunities (Lux) / ©  Bellevue
Malek Bou-Diab, Lead Portfolio Manager, BB African Opportunities (Lux) / © Bellevue
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Andy Gboka, Portfolio Manager
Andy Gboka, Portfolio Manager
Ägyptens Börse erlebte einen sehr unruhigen Sommer. Heftige Korrekturen prägten den Juni, Juli und August. Der EGX30 durchbrach zahlreiche Unterstützungsniveaus und büsste insgesamt 17.5% ein. Unsere konservative Positionierung und raschen Portfolioanpassungen trugen dazu bei, die negativen Auswirkungen auf das Portfolio abzumildern. Nach diesem massiven Einbruch erschien uns allerdings eine Neubewertung des Investment Case für Ägypten erforderlich. Findet tatsächlich noch eine investitionsgetriebene Konjunkturerholung statt? Versprechen sich Unternehmen noch Vorteile von der Erholung? Der Markt ist voller negativer Top-Down-Ansichten und die Entwicklung in China hängt wie ein dunkler Schatten über den Schwellenländern, was im Kontrast zu dem optimistischeren Stimmungsbild steht, das sich uns im letzten Monat nach mehreren Treffen mit lokalen Unternehmen bot.

Boomende Handelsbanken: ROE-Guidance von über 35%

Handelsbanken gaben mit Blick auf ihre gesunden Bilanzen, ihre hohe Rentabilität und ihre Zuversicht wenig Anlass für den Ausverkauf im Sommer. Dieser Meinung war auch der IWF, dessen Vertreter dem Land im September einen Besuch abstatteten. Klassenprimus Commercial International Bank (CIB, 2016 P/B 2.2) ist auf dem besten Wege, im laufenden Jahr ein Kreditwachstum von 25% und einen ROE von rund 30% zu erwirtschaften. Für 2016 wird ein Wert von jeweils etwa 35% angestrebt. Die Bankenspitze sieht keine systematische Verschlechterung des Kreditumfeldes und ist der Ansicht, dass US-Devisen in angemessener Höhe vorhanden sind, um den derzeitigen Wachstumsanforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden.

Credit Agricole Egypt (2016 P/B 1.6) erwartet einen ROE für 2015 von über 30% und für 2016 von über 35%. Die Bank hat ihre Cost-Income-Ratio erfolgreich von 48% im Jahr 2012 auf 34% im laufenden Jahr gesenkt. Das prognostizierte Kreditwachstum fällt mit 15% weniger aggressiv aus, wobei der Fokus dem Infrastruktursektor gilt, wo sich die Bank das Know-how ihrer französischen Muttergesellschaft zunutze machen kann. Letztgenannte betrachtet das Privatkundengeschäft in Ägypten als höchst interessanten Markt. Denn nur 10% der dortigen Bevölkerung haben ein Bankkonto und die Bankstellendichte liegt im Schnitt bei 23‘000 Einwohnern pro Bankfiliale, im Gegensatz zu Mexiko, wo sie sich auf 8‘200 Einwohner beläuft.

Noch günstiger bewertet ist etwa die zugegebenermassen qualitativ niedriger einzustufende Housing Development Bank (2016 P/B 1.1). Die halbstaatliche Bank scheint aus ihrem postrevolutionären Winterschlaf zu erwachen. Sie weist für das laufende Jahr ein ROE von 20% (bisher 10%) und ein Ergebniswachstum von über 100% auf. Die Dividendenrendite der Bank dürfte den Erwartungen zufolge 2015 von 7% auf über 10% steigen. Wachstumspläne in den unterversorgten Tier-2-Städten werden wieder vorangetrieben. Das gilt auch für ein von der ägyptischen Zentralbank unterstütztesPilotprojekt im Bereich der Hypothekenvergabe.

Immobilien: Wieder mit Bodenhaftung

Immobilientitel legten vom 4. Quartal 2013 bis März 2015 eine rasante Rally hin, wobei sich der Wert vieler Aktien mehr als verdoppelte. Getrieben wurde der Sektor von der Annahme, dass Immobilien vor dem Hintergrund des derzeit inflationären Umfelds die Gunst der Ägypter gewinnen. Entsprechende Aktien erlebten jedoch im Sommer ein sehr böses Erwachen mit Kursverlusten von über 50%. Unternehmensvertreter, mit denen wir uns getroffen haben, gehen mittlerweile von realistischeren Annahmen aus. Sie erwarten bestenfalls Preiserhöhungen in Einklang mit der Inflation, was ausreichen würde, um steigende Baukosten auszugleichen und die Margen zu sichern. Gegenwärtig entsteht ein neues und interessantes Modell der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Unternehmen mit einem bedeutenden Portfolio an Landreserven und Firmen mit starken Entwicklungs-, Vermarktungs- und Verkaufskompetenzen in diesem Bereich. Vor allem Palm Hills Development verfolgt diesen Ansatz und vermeidet damit ein zu hohes Grundstückswertrisiko in seinen Bilanzen. Seine Gegenpartei Madinet Nasr Housing and Development (MNHD) profitiert davon, einen hohen Wert aus ihren grossen Landreserven zu schöpfen, die zu ihren Anschaffungskosten aus den 1970ern in den Büchern geführt werden.

Die Verkaufszahlen für neue Häuser und Wohnungen bleiben stark, da das Angebot mit etwa 20‘000 Einheiten pro Jahr begrenzt ist und das Land von günstigen demografischen Bedingungen und dem Wunsch vieler Familien profitiert, aus dem überfülltenZentrum Kairos in geschlossene Wohnanlagen zu ziehen, die zusehends über die nötigen Gewerbegebiete, Schulen, Büroflächen usw. verfügen. In Anbetracht von Preisen, die gerade noch dem Buchwert entsprechen (Grundstücke werden zu historischen Kosten bilanziert), bietet der Sektor auf jeden Fall Wertschöpfungspotenzial, leidet jedoch unter den durch die postrevolutionären Probleme hervorgerufenen Stigmata und der jüngsten Korrektur. Die Ausschüttung von Dividenden wäre unseres Erachtens hilfreich, um die Bewertungen für einen Sektor mit recht komplexer finanzieller Berichterstattung zu verankern, aber hierbei handelt es sich wohl eher um ein längerfristiges Managementziel.

Der Verbrauchersektor: Von Investoren überlaufen, mit einigen Ausnahmen ...

Wenn Unternehmen ihre Investorentreffen wegen des starken Interesses nur in grossen Gruppen abhalten, dann handelt es sich dabei gewiss um Firmen aus dem FMCG- oder dem Gesundheitsbereich. Scheinbar hat die Vorstellung, dass Verbraucher in Schwellenländern (EM) ungeachtet des wirtschaftlichen Umfelds unendlich Geld für Konsumgüter des täglichen Bedarfs (FMCG) ausgeben können, die jüngste Korrektur im EM-Bereich überlebt. Die starke Teilnehmerzahl an diesen Treffen spiegelt sich in den hohen Bewertungen (2016 P/E von 25-30) wider. Beides behagt uns nicht. Das Molkereiunternehmen Juhayna dient als gutes Beispiel dafür, welche Probleme sich für diese „defensiven“ Titel ergeben können: Das Volumenwachstum der Molkerei erholt sich erst seit Kurzem wieder von zwei starken Preiserhöhungen im vergangenen Jahr und verschärften Wettbewerbsbedingungen. Die Kapazitätsauslastung bleibt hinter den ursprünglichen Investitionsplänen zurück. Die Margen fallen infolge niedrigerer Milchpulverpreise im laufenden Jahr zwar höher aus, hierbei handelt es sich allerdings um einen Einmaleffekt. Um eine langfristige Wertschöpfung zu gewährleisten, bedarf es ungeachtet des zunehmenden Wettbewerbs eines zuverlässigeren Volumenwachstums.

Ghabbour Auto (2016 P/E 8.5), der grösste Autohändler Ägyptens (Hyundai, Mazda, Geely und Bajaj), war Leidtragender der Sommerkorrektur (-50% auf deren Höhepunkt) aufgrund der Annahme, dass das Unternehmen unter dem aktuellen Devisenmangel leiden würde. Das Unternehmen wies darauf hin, dass es seinen Devisenbedarf decken könne angesichts der Grösse seines Geschäfts und enger Kontakte zu Banken. Das Autogeschäft von Ghabbour Auto steht vor einem Margenproblem, da europäische Fahrzeughersteller mit Inkrafttreten des Freihandelsabkommens von niedrigeren Importzöllen profitieren. Das Unternehmen setzt daher auf weitere Investitionen in die lokale Fahrzeugproduktion und möchte von etwaigen staatlichen Anreizen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie profitieren, was seiner Margenerholung zugutekäme. Es gibt vielversprechende Anzeichen dafür, dass die Regierung nach Verabschiedung des neuen Mehrwertsteuergesetzes entsprechende Massnahmen ergreift, was für beachtliches Aufwärtspotenzial sorgen dürfte.

Industrietitel: Mit Vorsicht zu geniessen

Grosse Gasverbraucher wie etwa Ezz Steel leiden weiterhin unterGasengpässen. Ihre Kapazitätsauslastung ist gering, was ihnen unter dem Strich Verluste bringt. Letztere fielen allerdings in jüngster Zeit geringer aus und zudem rechnet das Management für 2016 und darüber hinaus mit einer besseren Gasversorgung, da schwimmende LNG-Produktionsanlangen (FRSU) für Flüssiggasimporte (LNG) und 2017 neue Erdgasfelder in Betrieb gehen. Es ist dennoch zu wenig bekannt über die Auswirkungen der globalen Stahl-Überkapazitäten auf den ägyptischen Markt und die Rentabilität der DRI-Anlage von Ezz Steel, mit deren Bau begonnen wurde, als das Land noch über reichlich billiges Gas verfügte. Die Entdeckung des riesigen Gasfeldes Zohr durch ENI dürfte einen Teil der diesbezüglichen Sorgen ausräumen.

Auf der anderen Seite des Spektrums ist El Sewedy Electric (2016 P/E 8.8) scheinbar auf gutem Wege, die Reingewinnmarke von EGP 1 Mrd. zu knacken und damit sein bestes Ergebnis seit Bestehen zu erreichen. Das Unternehmen stellte seine technische Expertise unter Beweis, indem es in Zusammenarbeit mit Siemens innerhalb von nur 6 Monaten eine Stromkapazität von 650 MW installierte. Diese beeindruckende Leistung rückt den Konzern in ein ganz anderes Licht mit Blick auf einen unter Energiemangel leidenden Kontinent und verheisst Gutes für den künftigen Bestand an Projekten in der Region.

Schlussfolgerung

Unternehmensvertreter deuteten während unserer gemeinsamen Treffen darauf hin, dass die investitionsgetriebene Erholung in Ägypten anhält und viele Unternehmen davon profitieren dürften, einige allerdings mit Verzögerung. Die Führungsriegen zeigten sich genauso überrascht von der heftigen Marktkorrektur im Sommer wie wir. Einige lokale Anleger hegten möglicherweise überzogene Erwartungen an die Erholung. Ausserdem haben sich die durchwegs negative Stimmung gegenüber Schwellenländern und die fremdfinanzierten Investitionen von Anlegern aus GCC-Staaten sicherlich nicht positiv auf den Markt ausgewirkt. In Anbetracht der derzeitigen Bewertungsniveaus bietet der Markt mit Blick auf die erwartete Verbesserung der Top-Down-Ansichten und die proaktiven Führungsteams vieler Unternehmen interessante Anlagemöglichkeiten. In einem durch mangelnde Risikobereitschaft geprägten Markt tun sich Investmentchancen für Anleger auf. Diesem Dilemma müssen sich Anleger stellen.

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