Der jährliche Fachkongress der American Society for Clinical Oncology (ASCO) in Chicago ist für Wissenschaftler und Investoren die weltweit bedeutendste Plattform in der Krebsmedizin. Pharma- und Biotechfirmen präsentieren eine Vielzahl an klinischen Daten. Je nachdem, wie die Ergebnisse von den Branchenexperten aufgenommen werden, bewegen sie vor und während der Konferenz die Aktienkurse der jeweiligen Unternehmen.
Im Blickpunkt der ASCO 2019 standen erneut Therapieansätze, die nicht nur die Überlebensdauer der Patienten verlängern, sondern aktiv in den Krankheitsverlauf eingreifen. Anders als in den Vorjahren spielten mittelgroße und kleinere Biotechfirmen eine zentrale Rolle. BB Adamant ist in den meisten dieser Gesellschaften bereits investiert. Ein Beispiel ist die US-Firma Mirati Therapeutics. Das Unternehmen ist in zwei verschiedenen Feldern der Krebsmedizin unterwegs. Bei den sogenannten Kinase-Inhibitoren handelt es sich vereinfacht gesprochen um Wirkstoffe, welche bestimmte Enzyme blockieren, die aufgrund von genetischen Mutationen das Wachstum von Krebszellen auslösen. Mit dem am weitesten fortgeschrittenen Präparat wird Mirati in Kürze die zulassungsrelevante klinische Studie in Lungenkrebs beginnen.
Der eigentliche Kurstreiber für die Mirati-Aktie in den vergangenen Wochen sind jedoch die ersten klinischen Daten in der Klasse der KRAS-Hemmer. KRAS ist ein Protein, das in mutierter Form eine Schlüsselrolle bei der unkontrollierten Vermehrung von Tumorzellen spielt. Bei bestimmten Krebsarten sorgt die KRAS-Mutation dafür, dass dieses Protein überaktiviert ist. In kommerzieller Hinsicht haben KRAS-Hemmer den Vorteil, dass der Wirkmechanismus bei vielen soliden Tumoren greifen kann. Dementsprechend groß ist das Umsatzpotenzial für die ersten marktreifen Produkte in dieser Medikamentenklasse.
Wegen der geringen Größe von KRAS war es allerdings sehr schwierig, ein Molekül zu entwickeln. Mirati hat hier als erste Firma einen Wirkstoff entwickelt, der KRAS blockiert. Erste klinische Daten werden im zweiten Halbjahr erwartet. Auf der ASCO war es Amgen vorbehalten, erste vorläufige klinische Daten für einen KRAS-Inhibitor vorzulegen. Die Ergebnisse – 50% der Patienten sprachen direkt auf den Wirkstoff an und bei 90% aller Probanden stabilisierte sich der Krankheitsverlauf – lösten bei der Mirati-Aktie ein Kursfeuerwerk aus, weil das Produkt von Mirati nach Einschätzung vieler Experten das noch bessere Wirkprofil zeigen könnte. Erfüllt die Firma mit ihren ersten klinischen Daten die hochgesteckten Erwartungen, gilt Mirati als heißer Übernahmekandidat.
Ähnlich ist die Konstellation bei Iovance Biotherapeutics. Der Aktienkurs der US-Gesellschaft hat sich in den letzten vier Wochen nahezu verdoppelt. Im Gegensatz zur Therapie von Mirati, die breit einsetzbar sein soll, ist Iovance Pionier bei einem individualisierten Ansatz. Dabei werden aus dem Tumorgewebe von Patienten Immunzellen entnommen. Diese werden im Labor isoliert, vermehrt und dann wieder in die Patienten injiziert, um die Krebszellen anzugreifen. Der Wirkstoff Lifileucel zeigte bei stark vorbehandelten Patienten mit schwarzem Hautkrebs Ansprechraten von 38%, was in etwa dem Vierfachen der aktuell verfügbaren Therapieoptionen entspricht. Ebenso gut schlug eine andere Substanz bei Gebärmutterkarzinomen an. Wegen des komplexen Verfahrens sollten die Produkte nur zum Einsatz kommen, wenn andere Optionen nicht mehr anschlagen.
Überhaupt ist festzustellen, dass zahlreiche auf der ASCO diskutierte Wirkstoffe Fortschritte bei Krebsarten zeigten, die bislang nur schwer behandelbar sind. Ein Beispiel ist der vom Pharmakonzern AstraZeneca zusammen mit Partner Merck & Co. entwickelte Wirkstoff Lynparza bei metastasierendem Pankreaskrebs. Lynparza fällt in die Klasse der PARP-Inhibitoren. Reparaturenzyme der Zellen, welche DNA-Schäden durch Chemotherapie, andere Therapien oder spontane Schäden der Krebszellen wieder beheben, werden damit blockiert. In einer klinischen Studie reduzierte das Produkt über einen Zeitraum von sechs Monaten das Risiko eines Fortschreitens der Krankheit um 47%.
Das zahlenmäßig größte Potenzial an neuen marktreifen Produkten auf Sicht der nächsten Jahre räumen Krebsforscher den bispezifischen Antikörpern ein. In soliden Tumoren ist das organische Umfeld biochemisch häufig über bestimmte Rezeptor-Moleküle so gepolt, dass es die Aktivität der Immunzellen herunterfährt. Bispezifische Antikörper beseitigen diesen Bremseffekt, indem sie mit Hilfe ihrer Doppelbindungsstruktur zum Tumor kurzgeschlossen werden und damit die T-Zellen aktivieren. Zu den Höhepunkten der ASCO 2019 zählten hier die klinischen Daten von Amgen für AMG 420, ein Präparat zur Behandlung von multiplem Myelom, einer aggressiven Blutkrebsart.
Untermauern die neuen Therapieansätze ihren hohen medizinischen Nutzen, sollte ihnen nach einer Marktzulassung ein größerer Spielraum bei der Preisgestaltung eingeräumt werden. Für die jeweiligen Firmen ist das der Schlüssel zum Erfolg in Zeiten, in denen die politischen Debatten um Arzneimittelpreise die Gesundheitsbranche immer stärker tangieren. Zugleich setzen in der Krebsmedizin selbst immer mehr mittelgroße und kleinere Biotechfirmen die Akzente. Aus diesem Grund sind sie im Biotechsektor zur spannenderen Anlageoption gegenüber den Branchenschwergewichten avanciert.
Das Portfolio Management von BB Adamant hat dieser Entwicklung bereits frühzeitig Rechnung getragen. In diesem Jahr haben wir die Positionen von Unternehmen, die in der Krebsmedizin tätig sind, weiter aufgestockt. So beläuft sich der Anteil der Onkologie am Portfolio des BB Adamant Biotech Fonds aktuell auf über 40%, wobei sich viele dieser Firmen auch auf sehr seltene Indikationen, sogenannte Orphan Diseases, spezialisiert haben. Die meisten dieser Unternehmen werden noch in diesem Jahr wichtige klinische Daten vorlegen. Neben den bereits genannten Biotechfirmen sind hier an erster Stelle Genmab, Incyte, Macrogenics und Nektar Therapeutics zu nennen.