Aktuell steigt die Urbanisierungsrate der Region Subsahara weltweit am schnellsten an. Laut einer Studie von McKinsey steht das Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes in hoher Korrelation mit dem Grad der Urbanisierung. Die Bildung von städtischen Zentren ist also die Voraussetzung für künftiges Wirtschaftswachstum und Produktivitätssteigerungen.
China hat das enorme Wachstumspotential Afrikas bereits für sich entdeckt. So gewinnt Afrika zunehmende Bedeutung für China als Handelspartner. Anstatt über Entwicklungshilfe fördert China Afrika über Investitionen und verfolgt dabei einen pragmatisch kommerziellen Win-win-Ansatz. Durch die Belt-and-Road-Initiative, der Anbindung Afrikas an die neue chinesische Seidenstrasse, erhofft sich China billige Importe und zahlreiche Exporte. Nirgendwo auf der Welt sind Arbeitskräfte billiger als in Afrika, selbst Asien erscheint demgegenüber als Produktionsstandort teuer. Gleichzeitig birgt Afrika eine ungeheuer grosse Konsumkraft, da 40 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre alt sind. Die Investitionen der Chinesen in afrikanische Infrastruktur sind also wohl kalkuliert. Werden die chinesischen Investitionen von den lokalen Behörden gut gemanagt, kann dies zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum führen.
Baustelle Elektrizität
Dennoch hat Afrika mit einigen wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Auf dem Kontinent haben gerademal 45 bis 50 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität. Das ist die tiefste Rate im weltweiten Vergleich. Auch kommt es bei 70 Prozent der Unternehmen regelmässig zu Stromausfällen. Frachttarife auf der Strasse sind zwei bis viermal höher pro Kilometer als in den USA und Europa und die Transportdauer entlang wichtiger Exportkorridore ist zwei bis dreimal länger als in Asien. Eine adäquate Infrastruktur würde dem Kontinent zu schnellerer Industrialisierung, tieferen Produktionskosten und mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen.
Strukturreformen und Infrastruktur nötig, um Früchte zu ernten
Zur Erschliessung des wirtschaftlichen Potenzials müssen Behörden deshalb stabile und vorteilhafte Rahmenbedingungen schaffen. Strukturreformen und eine funktionierende Infrastruktur erachten wir als zentraler Erfolgsfaktor für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Marokko und Ägypten zeigen sich hier vielversprechend. Die Regierungen zeigen ernste Absichten, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und für ausreichend Beschäftigung zu sorgen. Im Fokus der Investitionen liegen die Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation, Wohnsiedlungen, Strassen, Eisenbahnlinien, Flug- oder Schiffshäfen. Exakt die Infrastruktur, die es für nachhaltige Fortschritte braucht.
Erfolgsunternehmen aus Marokko und Ägypten
Marokko befindet sich auf dem besten Weg ein bedeutender Hafen-Hub für Europa, Afrika und Amerika zu werden. Der Containerumschlag an den Häfen von Casablanca und Agadir wuchs zwischen 2015 und 2018 um mehr als 30 Prozent. Marsa Maroc ist das Unternehmen, das hinter diesen Entwicklungen steht. Mit seinem erfolgreichen Börsengang 2016 demonstriert der Hauptbetreiber von Häfen in Marokko, die Absichten Marokkos sich als zentrale Handelsdrehscheibe zu etablieren.
El Sewedy Electric ist ein Beispiel für die erfolgreichen Restrukturierungsmassnahmen in Ägypten. Das Unternehmen erhielt den Zuschlag für materielle Stromproduktions- und -verteilprojekte in dem Land. Zum erfolgreichen Projektabschluss gelangte El Sewedy gemeinsam mit Siemens. Es zählt zu den weltweit wettbewerbsfähigsten Unternehmen in seinem Sektor und erhielt weitere Zuschläge für Projekte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Irak und Tansania. In der EU vertreibt es Stromzähler.
Fazit: Geduld ist gefragt
Um es auf den Punkt zu bringen, wir brauchen Geduld. Aus Investitionssicht lohnt es sich langfristig in Afrika zu investieren, um von dem enormen Wachstumspotential zu profitieren. Die Diversifikation weg von Rohstoffen hin zu einer Erhöhung des Anteils an produzierten Gütern und Dienstleistungen würde nicht nur den intra-afrikanischen Handel ankurbeln, sondern wäre generell ein mächtiger Hebel für weiteres Wachstum. Im Portfolio verfolgen wir einen langfristigen Bottom-up Ansatz mit Fokus auf transparente Unternehmen unter vertrauenswürdiger Leitung. Gemäss unseres Top-down Ansatzes investieren wir nur in Länder, die ausreichend Kapitalschutz bieten. Anlageziel ist es unter normalen Marktbedingungen eine mit den etablierten Schwellenländern vergleichbare Rendite zu generieren. Zusätzliches Alpha verleiht die Option auf die Reformbereitschaft der einzelnen Regierungen: kommt der Transformationsprozess in Gang, ist das Aufwärtspotenzial gross. Anleger sollten jedoch über einen mehrjährigen Anlagehorizont verfügen.
Malek Bou-Diab, Portfoliomanager BB African Opportunities, Bellevue Asset Management