Der Private-Equity-Sekundärmarkt befindet sich seit jeher im Wandel, geprägt von den Liquiditätsbedürfnissen der Marktteilnehmer. Waren es ursprünglich vor allem die Investoren der Private-Equity-Primärmarktfonds (die sog. «Limited Partners» oder kurz auch «LPs»), die aus den unterschiedlichsten Motiven ihre Fondsanteile auf dem Sekundärmarkt verkauften, so sind es längst auch die Fondsmanager selbst (die sog. «General Partners» oder «GPs»), die den Sekundärmarkt nutzen, um Liquidität für ihre Investoren zu generieren.
Der Sekundärmarkt erlebt ein kontinuierliches Wachstum. In den letzten zehn Jahren hat das Marktvolumen mit einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 15-17% zugenommen. Auch 2022 war wieder ein Jahr mit über USD 100 Mrd. Deal-Volumen (die Schätzungen liegen zwischen USD 103 Mrd. und 111 Mrd.). Damit war es das zweitaktivste Jahr nach 2021 (> USD 130 Mrd.).
Der Konsensus für 2023 geht erneut von hoher Aktivität im Bereich von USD 130 Mrd. bis 150 Mrd. aus. Mittelfristig wird das jährliche Transaktionsvolumen sogar mit USD 500 Mrd. erwartet. Das jährliche Secondary-Transaktionsvolumen liegt aktuell immer noch unter 2% der (in Private-Equity-Primärmarktfonds) verwalteten Geldern von ca. USD 8.7 Bio. gemäß den aktuellsten Zahlen des Datenanbieters Preqin.
Transaktionsvolumen im Zeitverlauf (Mrd. USD)
Die Motive der Marktteilnehmer auf dem Sekundärmarkt sind vielfältig und stehen letztlich auch immer im Zusammenhang mit der Entwicklung des Primärmarkts, der Finanzmärkte und den makroökonomischen Rahmenbedingungen. Im vergangenen Jahr waren die wichtigsten Motive für die LPs vor allem das Bedürfnis nach Liquidität und der sogenannte «Denominator-Effekt»
Seit einigen Jahren sind die Cashflows für LPs aus ihren Investitionen in Primärmarktfonds bereits netto negativ: Die Kapitalabrufe der GPs übersteigen die Distributionen zurück an die LPs. Im aktuellen Umfeld, das von niedrigeren Bewertungen geprägt ist und deshalb attraktive Investitionsgelegenheiten bietet, aber wertmaximierende Verkäufe bestehender Portfoliofirmen (Exits) weniger favorisiert, ist davon auszugehen, dass dieser netto negative Cashflow noch einige Zeit Bestand haben wird. Daher nutzen LPs den Sekundärmarkt vermehrt, um Liquidität aus ihren Private-Markets-Investitionen zu generieren.
Handlungsbedarf bei institutionellen Investoren
Der Denominator-Effekt ist vor allem bei institutionellen Investoren ein relevantes Thema - sie haben häufig strikte Vorgaben hinsichtlich Asset Allocation. Aufgrund der Verwerfungen der jüngeren Vergangenheit auf den Finanzmärkten und den Kursverlusten an den Aktienmärkten, sowie im steigenden Zinsumfeld auch auf Rentenpapieren, ist die relative Allokation zu Private Equity bei vielen Institutionellen über die Höchstgrenze gestiegen, selbst wenn sie aktiv gar keine zusätzlichen Investitionen getätigt haben. Um das Portfolio wieder in die erlaubten Bandbreiten zu führen, verkaufen viele Institutionelle daher am Sekundärmarkt.
LPs nutzen den Sekundärmarkt aber auch immer mehr im Rahmen einer aktiven Portfoliobewirtschaftung. Sei es, um ihre Portfolios wieder stärker zu konzentrieren oder die Gewichtungen der unterschiedlichen Strategien neu auszurichten, oder auch nur, um wieder Platz für das nächste Fundraising ihrer bevorzugten GPs zu schaffen.
In den letzten Jahren haben aber vor allem auch die GPs selbst den Sekundärmarkt für sich entdeckt. Zeichneten sie im Jahr 2013 lediglich für 7% des Marktvolumens verantwortlich, so haben die sogenannten GP-geführten Transaktionen im vergangenen Kalenderjahr ganze 48% der Transaktionssumme gemäß Daten von Greenhill ausgemacht. Die Hauptgründe für diese Entwicklung sind zweierlei:
Häufig möchten GPs einzelne oder mehrere Portfoliofirmen nicht unbedingt verkaufen müssen (vor allem wenn sie weiteres Wertschöpfungspotenzial sehen), nur weil ein Fondsvehikel Richtung Ende der Laufzeit geht. Sie sind dann bemüht, diese Firmen in sogenannte Continuation Vehicles zu überführen, um die Assets weiter bewirtschaften zu können. Im Rahmen solcher Transaktionen bietet sich den bestehenden LPs auch immer eine Liquiditätsoption. Greenhill beziffert den Anteil der Continuation Vehicles am GP-geführten Volumen im Jahr 2022 auf ganze 84%.
Gerade in Zeiten, in denen das Umfeld für Börsengänge wie zuletzt nicht optimal ist und Optionen für Exits auch sonst eingeschränkt sind, können GPs mittels Sekundärmarkttransaktionen punktuell Liquidität für ihre bestehenden Investoren generieren, ohne notwendigerweise verwaltetes Vermögen einzubüßen, wenn sie die Firmen in Continuation Vehicles überführen und diese mithilfe neuer Investoren finanzieren können.
Im Gegensatz zu den klassischen LP-Transaktionen bergen die GP-geführten aber mitunter auch Potenzial für Interessenskonflikte und sind deutlich konzentrierter (mit nur einer oder wenigen Zielgesellschaften) als LP-Anteile an einzelnen oder gar mehreren Fonds (sogenannte Portfolio Deals). Nicht zuletzt ist der hohe Diversifikationsgrad und die damit einhergehende Risikoreduktion eines der attraktivsten Merkmale der klassischen PE-Secondary-Strategie, ebenso wie frühe Distributionen und die Reduktion bis hin zur Vermeidung des «J-Curve-Effekts».
Aus der Sicht eines PE-Secondary-Fonds können die hier beschriebenen Eigenschaften mit einem hohen Portfolioanteil an LP-Stakes am besten erreicht werden.
2022 war von teilweise deutlichen Preisabschlägen auf den Nettoinventarwert (NAV) der gehandelten Anteile und Assets gekennzeichnet. Lag der durchschnittliche Transaktionspreis 2021 noch bei 97% des NAV, ist er 2022 auf 84% gesunken. Im Segment der LP-geführten lag er noch tiefer bei 81%. Betrachtet man die Statistiken näher, so fällt auf, dass bei GP-geführten Deals sogar 28% über dem letzten NAV und 59% im Preisband von 90-99% des NAV abgewickelt wurden. Bei den LP-Stakes waren es dagegen nur 8% über dem NAV, 49% lagen bei 80-89% des NAV und ganze 24% sogar unter 80%. Die Einkaufskonditionen scheinen in diesem Marktsegment – das bezüglich der Anzahl der Transaktionen noch immer den Großteil des Sekundärmarkts ausmacht – auch bis auf Weiteres am attraktivsten zu sein.
Preisentwicklung für Buyout Secondaries (% vom NAV)
Fondsgröße wird zum Problem
Je kleiner die Transaktionsgrößen, desto vorteilhafter war das Pricing - eine Beobachtung, die vor allem auch darauf zurückzuführen ist, dass immer mehr dedizierte Secondary-Fonds derart große Fondsvolumina managen, dass sie die aufgenommenen Investorengelder nur dann zeitnah im Markt platziert bekommen, wenn sie auf große Transaktionen fokussieren. Mit den steigenden durchschnittlichen Fondsvolumina ist auch die angestrebte Zielrendite gesunken. Im Jahr 2022 war aber eine gewisse Gegenbewegung zu beobachten: Immerhin waren es wieder 20% der Käufer auf einzelnen LP-Stakes, die eine erwartete Mindestrendite von über 1.9x (Brutto Money Multiple) für notwendig hielten, um bei einer Transaktion mitzubieten. Dies entspricht einer knappen Verdoppelung gegenüber dem Vorjahreswert. Dennoch gaben sich ganze 72% gemäß Evercore mit Zielrenditen von 1.5-1.9x zufrieden.
Mit einer Strategie, die konsequent auf kleinere LP-geführte Transaktionen zwischen USD 1 Mio. und USD 30 Mio. und auf erstklassige Small und Mid Cap Buyout Manager ausgerichtet ist, sollte es möglich sein, Bruttorenditen über 2x zu realisieren und dabei ein diversifiziertes Portfolio zu konstruieren, das ohne Leverage auskommt und all die vorteilhaften Charakteristika von PE Secondaries aufweist.
Benjamin Böhner stieß 2021 zu Bellevue Asset Management und ist für das Business Delevopment von Bellevue Private Markets zuständig. Davor war er über 10 Jahre bei der Credit Suisse in verschiedenen Leitungsfunktionen im Bereich Investmentberatung und Produktmanagement zuletzt als Head of Advisory Solutions tätig. Böhner verfügt über einen Masterabschluss in Business Administration & Fincance an der Universität Hagen und ist CFA Charterholder.