"Mit der erneuten Auflage eines fiskalischen Konjunkturprogramms im August hat Premierminister Abe stillschweigend eingestanden, dass sein Abenomics genanntes Programm zur Belebung der japanischen Wirtschaft gescheitert ist – vielleicht sogar auf der ganzen Linie.
Trotz aller Maßnahmen – einschließlich der Einführung von negativen Zinsen – ist es bislang nicht gelungen, das von der japanischen Zentralbank avisierte Inflationsziel von 2 % und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen. Nun musste man also wieder zurück ans Reißbrett und sich mit einer Neuauflage des mit Abenomics im Januar 2013 eingeführten Aktionsplans koordinierter fiskalischer und geldpolitischer Maßnahmen versuchen.
Anfang August hat Premierminister Abe ein Konjunkturprogramm von 28 Billionen JPY (245 Mrd. EUR) aufgelegt, das unter anderem staatliche Direktinvestitionen von rund 7,5 Billionen JPY beinhaltet. Der erneute Fokus auf Strukturreformen lässt hoffen: Häfen werden modernisiert, um den Zugang für große Kreuzfahrtschiffe zu verbessern; Hotelneubauprojekte werden gefördert, um den Tourismus zu beleben; es werden neue Wege beschritten, um den Export von Agrar- und Fischereiprodukten zu steigern und regionale Verkehrsnetze werden unter Nutzung modernster Technologien ausgebaut und weiterentwickelt. All das spielt bei der Steigerung der Produktivität und der Förderung von nachhaltigem Wachstum eine wichtige Rolle.
Maßnahmen dieser Art können helfen, das BIP in den nächsten beiden Jahren um 1,5 Prozentpunkte anzuheben. Die Bank of Japan hat ihr ETF-Ankaufprogramm verlängert, was den Aktienpreisen Auftrieb verleihen sollte, und weitere Maßnahmen in Aussicht gestellt. Dennoch könnte die Zentralbank am Ende eingestehen müssen, dass sie ihr Inflationsziel von 2 % bis zum letzten Zieltermin Ende März 2018 nicht erreichen kann.
Der Markt hat sich von alledem kaum beeindrucken lassen. Es zeigt, dass es an Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger mangelt (und wie wenig Spielraum der Bank of Japan verblieben ist), wenn solche geldpolitischen und fiskalischen Anreize von den Anlegern kaum beachtet werden. Der Yen hat sogar zugelegt, obwohl er doch - bei allem was recht ist - eigentlich hätte fallen müssen.
Ein Grund hierfür könnte die zunehmende Erkenntnis sein, dass es mit konjunkturbelebenden Maßnahmen allein nicht getan ist und diese ohne bedeutende Fortschritte bei den Strukturreformen nicht greifen werden. Für ein Land wie Japan, dessen Nettoverschuldung bei 160 % des BIP liegt, gibt es keine schnelle Rosskur. Die Bevölkerungsalterung lässt die Zahl der Erwerbstätigen sinken und die heimischen Märkte schrumpfen.
Die Regierung hat versucht gegenzusteuern und Frauen und Betreuungskräfte wieder in Arbeit zu bringen. Des Weiteren könnte in Betracht gezogen werden, die Zuwanderung von Arbeitskräften nach Japan zu erleichtern. Wenn Japan wieder einen größeren Teil der globalen Exporte erbringen will, muss es seine Produktivität steigern und die innovativen Fähigkeiten, die das Land einst so berühmt gemacht haben, wieder neu für sich entdecken.
Es gibt in Japan aber auch weiterhin viele Unternehmen, die ordentliches Wachstum und attraktive Gewinne vorweisen können. Diese Unternehmen sind in den zwei Jahrzehnten der wirtschaftlichen Stagnation durch eine harte Schule gegangen und haben an Stärke und Widerstandskraft gewonnen.
Viele dieser Unternehmen sind sehr liquide: als Japans Vermögenspreisblase vor rund 25 Jahren platzte, trockneten die Refinanzierungsquellen aus und die Unternehmen mussten sich auf die Generierung von internen Cashflows konzentrieren, um ihr Überleben zu sichern. In späteren Jahren haben diese Unternehmen ihre Schulden abgebaut und können heute starke Bilanzen und positive Cashflows vorweisen."
Chern Kwok Yeh,
Head of Investment Management,
Japan, Equities - Asia
Aberdeen Asset Management
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