„Die EZB hat nicht überrascht und die Zinsen unverändert gelassen. Das ist nicht verwunderlich, nachdem erst die letzte Sitzung des EZB-Rates die Rückführung der Quantitative Easing-Aktivitäten eingeleitet hat, obwohl EZB-Präsident Draghi heftig bestritt, dass es sich dabei um ein sogenanntes „Tapering“ handelte. Lediglich die Einzelheiten für Anleihekäufe unterhalb des Einlagenzinssatzes wurden festgezurrt.
Ebenfalls zu erwarten war, dass das jüngste Anziehen der Inflationsraten als vorübergehend abgetan werden würde. Es gebe keine überzeugenden Zeichen für einen dauerhaften Anstieg der Kernrate, so Draghi. So wird sich das Inflationsziel (wohlgemerkt: nicht das Mandat, wie oft behauptet, denn jenes spricht von Preisstabilität), dem man sich laut Präsident Draghi angeblich so intensiv verpflichtet sieht, bald als das erweisen, was es in Wahrheit ist: ein Feigenblatt, mit dem man die eigentlichen Gründe für die Weichwährungspolitik der EZB verhüllt. Bei nunmehr steigenden Inflationsraten wird man um neue Argumentationslinien nicht verlegen sein. Schon arbeitet Draghi an einer Ausweitung des Zielhorizonts, alles sei auf mittlere Frist zu sehen, man müsse Geduld haben, es sei viel zu früh und so weiter und so weiter. Seine Aufforderung, dem Stabilitäts- und Wachstumspakt Folge zu leisten, klingt vor diesem Hintergrund mehr als hohl.
Interessanterweise waren es bei der letzten Sitzung die Weichwährungsbefürworter, die das Tapering eingeleitet haben: Bei der Rückführung des monatlichen Kaufvolumens von 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. Euro handelt es sich um den Vorschlag des Direktoriumsmitglied Peter Praet, der den ‚Tauben‘ zugerechnet wird. Diese Initiative war unseres Erachtens nicht auf gestiegene Inflationserwartungen zurückzuführen, wie man vermuten könnte, sondern vielmehr auf ein sich in Zentralbankzirkeln veränderndes Denken, das Quantitative Easing mittlerweile als weniger hilfreich anzusehen scheint als lange angenommen und gepredigt.
Die Zinswende und ein Ende der gerade für regional fokussierte Banken so bedrohlichen Negativzinspolitik dürfte weiterhin in weiter Ferne liegen, und die vereinzelt bereits geforderte Zinserhöhung bleibt im Reich der Phantasie gefangen. Wenn darüber hinaus demnächst die Hoffnungen auf das Impulsfeuerwerk der neuen amerikanischen Präsidentschaft von der Realität eingeholt werden, könnte auch das vielbeschworene Ende der jahrzehntelangen Anleihenhausse wieder in die Ferne rücken.“