„Man könnte argumentieren, dass Janet Yellens Amtszeit als Vorsitzende der US-Notenbank verhältnismäßig leicht gewesen sei. Ben Bernanke musste im Auges des Sturms der Finanzkrise handeln, während Jerome Powell sich nun um das lange und potenziell verhängnisvolle Ende des Quantitative Easings kümmern muss.
Yellen übernahm den Posten in fiebrigen Zeiten: Das Taper Tantrum hatte US-Staatsanleihen anschwellen und die Emerging Markets im Jahr zuvor abstürzen lassen. Und viele waren davon ausgegangen, dass eine derartige Volatilität erneut einsetzen würde, als die Fed damit begann, diesen Kurs zu verschärfen. Doch Yellen hat sich ihrer Aufgabe mit einer unbeirrten und wohl überlegten Zielstrebigkeit gewidmet, welche die Investoren beruhigte.
Die Geschichte wird vielleicht auf eine einzige, gemeinsame Periode der Fed unter Bernanke und Yellen zurückblicken. Yellen spielte bereits eine wichtige Rolle in der Fed unter Bernanke und ihre eigene Leitung war zu großen Teilen eine Fortsetzung des Rahmens und der Strategie der Bernanke-Ära. Darüber hinaus ging auch die wirtschaftliche Entwicklung auf dem gleichen Pfad weiter: ein gradueller Rückgang der Arbeitslosigkeit, unspektakuläres Wachstum, die Inflation unterhalb des Ziels.
Dies dürfte sich auch unter Jerome Powell so fortsetzen. Jedwede Anpassung wird eine Evolution sein und keine Revolution. Er ist sich bei der groben Richtung der Geldpolitik mit seinen Vorgängern einig. Das wichtigste Thema, dem er sich dieses Jahr gegenüber sehen wird, ist die Frage, wie er mit den Steuererleichterungen umgehen soll, die eine deutliche Lockerung darstellen, während die Fed die Zügel anzieht. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass die Fed die Zinsen aggressiver anheben muss als dies geplant war.
Es gibt eine Fülle an Erfolgen, auf die Yellen Stolz sein kann. In einem Zeitalter, in dem die Zentralbanker zu Pseudo-Berühmtheiten wurden, verlieh ihre ruhige Führung der globalen Wirtschaft Stabilität. Aber Vermächtnisse werden selten am letzten Tag im Amt geschrieben – dies kann Alan Greenspan bestätigen. Es ist unwahrscheinlich, dass Yellen das gleiche Schicksal ereilt wie Greenspan. Aber die Geschichtsschreiber sollten erst einmal ein bisschen abwarten.“
Luke Bartholomew, Investmentstratege, Aberdeen Standard Investments