„Am 4. März geht Italien an die Wahlurnen, um eine neue Regierung zu wählen. Neben den Implikationen für die italienische Wirtschaft, die noch immer vor strukturellen Herausforderungen steht, gilt die Wahl auch als erster signifikanter Gradmesser für die Stimmung im Hinblick auf die Europäische Union im Jahr 2018.
Aktuellen Wahlprognosen zufolge hat die Fünf-Sterne-Bewegung die besten Chancen als größte Partei im Parlament aus den Wahlen hervorzugehen. Allerdings wird dies aufgrund des neuen italienischen Wahlsystems nach jetzigem Stand nicht ausreichen, um alleine die Regierung zu bilden. Allianzen mit anderen Parteien zur Bildung einer Koalitionsregierung bestehen ebenfalls nicht. Deshalb gilt eine große Koalition, angeführt von Silvio Berlusconis mitte-rechts Partei Forza Italia oder Matteo Renzis mitte-links angesiedelter Demokratischen Partei als wahrscheinlichstes Ergebnis der Wahl.
Die Wahlergebnisse sind von besonderer Bedeutung. Denn Italien hat trotz der zyklischen Verbesserung in den letzten Jahren noch immer mit starkem strukturellem Gegenwind hinsichtlich des wirtschaftlichen Wachstums zu kämpfen. Eine effiziente Regierung ist notwendig, um die dringend gebotenen Reformen voranzutreiben, um das Wachstum anzukurbeln sowie das Bankensystem und die staatlichen Finanzen auf ein zukunftsfähigeres Fundament zu stellen.
Trotz des herausfordernden Ausblicks sind wir überzeugt, dass das kurzfristige Risiko eines italienischen Ausstiegs aus dem Euro gering ist. Das Risiko eines ‚Italexit‘ ist vor allem langfristig hoch. Besonders wenn es dem Land nicht gelingt, einen Weg aus der Falle von geringem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit zu finden.
In den italienischen Parlamentswahlen liegt allerdings das Potenzial einer höheren Volatilität italienischer Staatsanleihen (BTP), die im Jahr 2017 eine gute Performance verzeichneten. Es handelt sich dabei um ein klar erkennbares Risiko. Eine Euro-skeptische Regierung ist aber eher unwahrscheinlich und der BTP-Markt wird voraussichtlich weitere Unterstützung von der Europäischen Zentralbank (EZB) erhalten.
Demzufolge werden die Preise für italienische Staatsanleihen in nächster Zeit wahrscheinlich weiterhin gestützt. Dennoch werden wir politische und ökonomische Indikatoren weiterhin sehr gründlich beobachten, besonders das Potenzial einer Verschärfung der EZB-Politik, einer politisch getriebenen Lockerung der Finanzpolitik oder die Rücknahme früherer struktureller Reformen nach der letzten Wahl.“
Jeremy Lawson, Chefvolkswirt, Aberdeen Standard Investments