„Es ist klar, dass die Situation für Schwellenländer derzeit insgesamt gesehen schwierig ist. Die Kombination aus den Handelsrestriktionen der USA gegenüber China und der weiteren Zinserhöhung durch die US-Notenbank stellt deswegen eine echte Herausforderung für die Anlageklasse der Schwellenländeranleihen dar. Auf Länderebene ist die volle Kraft dieser Stimmungsumkehr in einigen Fällen bereits zu spüren. Die Türkei und Argentinien standen hier im Mittelpunkt. Andere Länder wie Brasilien, wo keiner der Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen im nächsten Monat besonders marktfreundlich ist, bieten Anlass für weitere Sorgen.
Es gibt jedoch einige Anzeichen dafür, dass sich die Situation vor Ort ändert, da der Markt in einzelnen Ländern viele politische Veränderungen herbeigeführt hat. Ich war letzte Woche in der Türkei und es gibt definitiv Hinweise, dass sich die Dinge zum Positiven hin entwickeln könnten. Die großen Probleme der Türkei liegen im Bankensektor, der viele notleidende Kredite und Dollarschulden hat, sowie in den politischen Beziehungen der Türkei zu anderen Ländern, insbesondere den USA. Aber die Menschen vor Ort wissen das und hoffen, dass externe Berater hinzugezogen werden, um das Ausmaß der Forderungsausfälle in den Bilanzen der Banken zu untersuchen. Auf der Seite der internationalen Beziehungen gibt es Vorstöße, dass der in der Türkei inhaftierte US-Pastor freigelassen werden könnte, was sicherlich ein Signal für eine Abschwächung der konfrontativen Haltung der Türkei wäre. Auf der Makroebene ist es ermutigend, dass die Zentralbank tatsächlich in der Lage war, die Zinsen aggressiv zu erhöhen. Dies sollte dazu beitragen, das Wachstum wieder zu normalisieren.
Unterdessen sah sich Argentinien stark unter Druck der Investoren, die vom Steuer- und Wirtschaftsreformpaket der Regierung nicht überzeugt waren. Erfreulich ist jedoch, wie schnell Argentinien reagiert hat, um weiter zu gehen als geplant. Das Land erhält dafür erhebliche Unterstützung von der Investorengemeinschaft. Wie wir heute sehen, handeln die Behörden schnell, um die Markterwartungen zu übertreffen und alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um ihr Haus in Ordnung zu bringen.
Betrachtet man also die einzelnen Länder, so sieht man Herausforderungen, aber auch Chancen. Als Investoren gilt es zu erkennen, was auf Länderebene vor sich geht, und Chancen zu identifizieren, die bei den aktuellen Bewertungen durchaus vorhanden sind. Umgekehrt ist es viel schwieriger, den ganzen Lärm rund um die Schwellenländer angemessen einzuordnen. Nehmen wir zum Beispiel US-Präsident Donald Trump: Die Zahl der Menschen, die möglicherweise wissen, was Trump denkt, ist um ein Vielfaches kleiner als die Zahl derer, die behaupten, es zu tun. Es ist also sinnlos, zu versuchen, seinen nächsten Schachzug zu erraten. Es ist viel besser, sich einfach an das zu halten, was wir verstehen, dies zu quantifizieren und zu beurteilen, und dann auf Länderebene zu handeln.“
Brett Diment, Head of Emerging Market Debt, Aberdeen Standard Investments