„Das EZB-Protokoll selbst sagt uns nichts, was wir nicht bereits von der Pressekonferenz nach der Sitzung und den jüngsten Reden wussten: Die EZB ist besorgt über das schwache globale Wachstum und den fehlenden Inflationsdruck, weshalb sie einstimmig beschlossen hat, ihre Forward Guicance auszuweiten und ihr Bankkreditprogramm zu verlängern. Einige Mitglieder, darunter vielleicht Draghi, wollten sogar, dass sich der Ausblick bis 2020 auf extrem niedrige Zinssätze festlegen sollte. Die EZB geht aber nach wie vor davon aus, dass es sich nur um eine Abschwächung handelt, und eine robuste Binnenwirtschaft ein Abgleiten in die Rezession verhindern wird. Daher dachte sie nicht an radikalere Lockerungsmaßnahmen.
Seither hat sich die Diskussion fortgesetzt, und es sieht nun so aus, als würde die von Draghi gewünschte Verlängerung der Forward Guidance bald kommen. Darüber hinaus könnte der negative Einlagenzins der EZB „gestaffelt“ werden, um einen Teil der Belastung durch negative Zinsen auf die Rentabilität der Banken zu verringern.
Aber die EZB muss bedenken, dass das Zögern ein Zeitdieb ist. Die Ausweitung der Vorwärtsprognose und die Einführung einer Einlagenstaffelung bedeuten im Grunde genommen nur, dass man in Bezug auf die Abschwächung in Europa an Randthemen herumtüftelt.
Bei diesem Tempo wird es nicht mehr lange dauern, bis die Märkte beginnen die Wahrscheinlichkeit einzupreisen, dass die EZB das Quantitative Easing neu starten muss. Wieder einmal sieht es so aus, als ob die EZB bei der Straffung der Geldpolitik zu schnell gewesen ist und bei der Lockerung zu langsam. Wir alle erinnern uns an die Katastrophe von Trichet, der die Zinsen 2008 erhöht hat, und Draghi musste in der Folge auf seine "Whatever It Takes"-Rede zurückgreifen.
Es besteht die Möglichkeit, dass China der EZB noch zur Seite stehen könnte. Eine deutliche Verbesserung der chinesischen Wirtschaft könnte durchaus durch ein Handelsabkommen mit den USA oder fiskalische Anreize erreicht werden. Das würde den großen europäischen Exporteuren wieder auf die Sprünge helfen. Aber man kommt nicht umhin, dass dies ein suboptimaler Ansatz für Geldpolitik ist.“
Paul Diggle, Senior Economist, Aberdeen Standard Investments