Ein aktiver Ansatz
Die quantitative Lockerung, die von den westlichen Zentralbanken als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 eingeführt wurde, hat einen deutlichen Anstieg der Emissionen von Unternehmensanleihen zur Finanzierung von Aktienrückkäufen nach sich gezogen.
Die Verschuldung der US-Unternehmen war daher noch nie so hoch wie heute. Viele dieser Unternehmen sind vom Wirtschaftswachstum abhängig, das ihnen die Finanzierung ihrer Anleihenkupons und Rückkäufe ermöglichen soll.
Die Covid-19-Pandemie macht diesem Modell jedoch einen Strich durch die Rechnung, da sie das Weltwirtschaftswachstum deutlich verlangsamt hat. Durch die plötzliche Abschwächung des globalen Wachstums geraten die Bilanzen der hoch verschuldeten Unternehmen unter Druck.
Hinzu kommt, dass Russland und Saudi-Arabien einen Preiskrieg an den Ölmärkten entfacht haben, der die Rohölkosten auf Talfahrt gesandt hat. Für die globalen Kredit- und Aktienmärkte, die bereits unter starkem Druck standen, hätte der Zeitpunkt schlechter kaum sein können.
Seitdem haben die Zentralbanken wie z. B. die US Federal Reserve außerordentliche Stimulierungsmaßnahmen ergriffen. Diese umfassen auch den Kauf von Unternehmensanleihen, der eine Einengung der Kreditspreads und auch eine Stabilisierung der Aktienmärkte bewirkt hat.
Allerdings ist die Ansicht nicht abwegig, dass die unbegrenzte Liquidität zwar für einen Aufschub der prekären Verschuldung der Unternehmen sorgen könnte, das Problem aber nicht lösen dürfte. Angesichts der dramatischen Umsatzeinbrüche stehen viele Unternehmen vor der Insolvenz. Die Zentralbanken könnten das Problem daher lediglich vor sich herschieben, indem sie dafür sorgen, dass sogenannte „Zombie“-Unternehmen überleben.
Für die Anleger war es deshalb noch nie so wichtig wie heute, einen aktiven Ansatz anzuwenden und Qualitätsunternehmen aufzuspüren. Damit können sie in Unternehmen investieren, die am besten positioniert sind, um einen Abschwung zu überstehen, und sich in der Folge schneller erholen. Mit einer aktiven Strategie können sie auch schwächere Firmen meiden, in die passive Fonds nur investieren, weil sie im Index vertreten sind.
Qualitätsunternehmen weisen in der Regel stärkere Bilanzen und eine niedrigere Verschuldung auf. Dadurch dürften sie den Sturm besser überstehen und Chancen zum Ausbau ihres Marktanteils ergreifen, wenn schwächere Konkurrenten auf der Strecke bleiben.
Asien ist – und wird – der strukturelle Motor des Weltwirtschaftswachstums bleiben.
Warum Asien?
In Asien ist die Hälfte der Menschheit beheimatet, und dort wird nahezu die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Asien ist – und wird – der strukturelle Motor des Weltwirtschaftswachstums bleiben.
Die Covid-19-Krise hat einige wertvolle grundlegende Aspekte in Erinnerung gerufen. Erstens weist Asien aus Bilanzperspektive stärkere Fundamentalfaktoren auf als der Westen.
Die meisten asiatischen Länder sind nicht nur gemessen an der Leistungsbilanz und Verschuldungsquote (Schulden/BIP) stark, sondern auch die Bilanzen einzelner Banken und Unternehmen zeugen anhand der meisten Kriterien von Stärke. Die Staatsverschuldung ist tragbar und weitgehend frei von der Last eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems, unter dem die meisten westlichen Länder leiden. Asien ist eine kapitalexportierende Region mit hoher Sparquote und orthodoxer Wirtschaftspolitik.
Zweitens hat diese Pandemie gezeigt, wie effektiv asiatische Regierungen Krisen handhaben. Ihre Maßnahmen gegen den Ausbruch der Covid-19-Pandemie waren robust und effizient.
Sie waren erfolgreich, weil sie rasch umfangreiche Tests durchgeführt, die Infizierten isoliert und die Kontaktpersonen identifiziert haben, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Mit seinen robusten Bilanzen und starken Regierungen ist Asien für diese Zeit gut gewappnet. Der MSCI AC Asia Pacific ex-Japan Index entwickelte sich auf USD-Basis gleichauf mit dem MSCI World und übertraf den MSCI Europe im bisherigen Jahresverlauf, was die Widerstandskraft Asiens in diesem schwierigen Marktumfeld verdeutlicht.
Auch die asiatischen Bewertungen sind günstig. Bloomberg zufolge sank das Kurs-Buch-Verhältnis der letzten 12 Monate des MSCI AC Asia Pacific ex-Japan Index von 1,66x Ende 2019 auf nunmehr etwa 1,32x und damit deutlich unter seinen 15-Jahres-Durchschnittswert von 1,77x. Außerdem haben sich aus Sicht von USD-Anlegern viele asiatische Währungen jüngst abgeschwächt, was nicht allein auf die Aufwertung des US-Dollars, sondern auch auf die allgemeinere Risikoaversion gegenüber den Schwellenmärkten zurückgeht.
Dennoch weisen globale Portfolios im Schnitt eine Untergewichtung Asiens von 7% auf, das ist laut Datendienst EPFR Global, der Manager globaler Aktienfonds befragt, die insgesamt 1,7 Bio. USD verwalten, die stärkste Untergewichtung der jüngsten Geschichte.
Angesichts der oben erläuterten Faktoren signalisieren allein die günstigen Bewertungen einen überzeugenden Einstiegspunkt für langfristige Anleger.
Und die Tatsache, dass Vermögensverwalter in Asien derart stark untergewichtet sind, bietet umfangreiche Chancen für Umschichtungen.
Abschließende Erwägungen …
Das aktuelle Anlageumfeld stellt die größte Herausforderung seit Jahrzehnten dar. Die kommenden Monate werden schwierig sein. Vor diesem Hintergrund sollten die Anleger unseres Erachtens jedoch ein Engagement in Asien in Betracht ziehen. Für aktive, qualitätsorientierte Anleger bieten sich langfristige Chancen.
Donald Amstad, Head of Investment Specialists, Asia Pacific, Aberdeen Standard Investments