Die wirtschaftlichen Folgen kommen nun auch in den harten Daten zum Ausdruck. Die Regierungen und Zentralbanken haben rasch reagiert, um die durch das Coronavirus verursachten Schäden an der Wirtschaft abzumildern. Dabei wurden sowohl fiskal- als auch geldpolitische Maßnahmen ergriffen. Und obschon das Angebot an allen Investment-Grade-Märkten deutlich anstieg, fiel auch die Nachfrage enorm aus.
Banken und Bilanzstärkung
Die Volatilität birgt aber auch Chancen, und es bieten sich derzeit attraktive Anlagegelegenheiten.
Da nicht klar ist, wann oder wie die Lockdown-Maßnahmen gänzlich aufgehoben werden, dürfte diese Volatilität weiter Bestand haben. Die Volatilität birgt aber auch Chancen, und es bieten sich derzeit attraktive Anlagegelegenheiten.
Banken stellen für Fixed-Income-Anleger beispielsweise weiterhin einen attraktiven Anlagebereich dar. Die meisten europäischen Kreditinstitute haben in den letzten zehn Jahren ihre Kreditprofile aufgebessert. Aufgrund der immer strengeren Vorgaben der Regulierungsbehörden sind ihre Bilanzen so stark und widerstandsfähig wie nie zuvor. Die Liquiditäts- und Finanzierungsprofile gestalten sich solider, und die Banken sind weniger stark auf kurzfristige Finanzierungen angewiesen, durch die sie etwaigen Störungen am Wholesale-Markt ausgesetzt wären. Eine verbesserte Kreditqualität bedeutet, dass Banken dieses Mal zur Lösung beitragen dürften, indem sie der Realwirtschaft in turbulenteren Zeiträumen Kredite zur Verfügung stellen. Im Rahmen ihrer jüngsten Stresstests schätzt die Bank of England, dass britische Kreditinstitute einen viermal höheren Bestand an liquiden Aktiva hoher Qualität aufweisen als vor der globalen Finanzkrise.
Zudem haben die Zentralbanken mit ihren eigenen Fazilitäten für zusätzliche Unterstützung gesorgt. Dies bedeutet, dass Geschäftsbanken Zugang zu günstiger Finanzierung haben, indem sie sich Geld von den Zentralbanken zu äußerst niedrigen Kosten leihen. In einigen Fällen unterstützen die Regierungen die Kreditvergabe durch staatliche Garantien.
Gemischte Entwicklung im Einzelhandel
Obschon der Einzelhandel stark von den Maßnahmen zur sozialen Distanz in Mitleidenschaft gezogen wurde, unterscheiden sich die Auswirkungen von Sektor zu Sektor. Der Umsatz bei Lebensmitteleinzelhändlern ist gestiegen, was in erster Linie auf eine Vorratsbildung und darauf zurückzuführen ist, dass die Verbraucher verstärkt zu Hause anstatt auswärts Mahlzeiten zu sich nehmen. Tesco vermeldete beispielsweise einen Umsatzanstieg um 30% seit dem Beginn der Covid-19-bedingten Shutdown-Maßnahmen. Dagegen werden die Gewinne jedoch durch die hohen Kosten in Verbindung mit einer vorübergehenden Erhöhung der Mitarbeiterzahlen sowie die Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Lieferkette und dem Betrieb der Ladengeschäfte geschmälert. Lebensmitteleinzelhändler profitieren insgesamt von der aktuellen Situation, wenngleich die längerfristigen Herausforderungen, mit denen der Sektor konfrontiert ist, nach wie vor Bestand haben. Zudem könnten sie sich nach Covid-19 weiteren Belastungen gegenübersehen, sobald die Discounter wieder an Boden gewinnen.
Einzelhändler mit Schwerpunkt auf Bekleidung und allgemeine Handelswaren leiden unter einer deutlich rückläufigen Nachfrage, Ladenschließungen und einem hohen Barmittelverbrauch aufgrund ihrer weitgehend unflexiblen Kostenstrukturen. Ihnen machen erhebliche cashwirksame Kosten zu schaffen, und obschon die Regierungsmaßnahmen für Abhilfe sorgen, bleiben die Herausforderungen akut. In diesem Sektor kam es bereits zu Rating-Herabstufungen, so z.B. bei den Haushaltswarenhändlern Marks and Spencer, El Corte Ingles, Macy’s und Dillards. Dagegen florieren Online-Einzelhändler wie Amazon trotz der logistischen Herausforderungen.
Läden öffnen wieder
Und während die Ladengeschäfte in den Haupteinkaufsstraßen wieder öffnen, sind viele Einzelhändler nicht in der Lage, ihre Miete zu bestreiten. Dies hat in der Folge auch Auswirkungen auf Immobilienunternehmen. Der britische Einkaufszentrenbetreiber Intu sah sich bereits vor der Krise mit Herausforderungen konfrontiert, doch die Pandemie hat die Probleme des Unternehmens noch verschärft. Intu konnte 40% der für die ersten drei Monate des Jahres fälligen Mieten und Servicegebühren vereinnahmen. Normalerweise hätte dieser Wert bei über 90% gelegen.
In anderen Sektoren zeichnet sich ein gemischteres Bild. Fluggesellschaften wurden von den Lockdown-Maßnahmen beispielsweise stark in Mitleidenschaft gezogen. Derzeit findet nur ein Bruchteil des vor der Pandemie verzeichneten internationalen Reiseverkehrs statt, und die meisten Flüge wurden gestrichen. Dagegen sind Versorger und Infrastrukturunternehmen relativ geschützt vor den Folgen.
Wie gestaltet sich die weitere Entwicklung?
Investment-Grade-Unternehmensanleihen haben sich nach der enormen Verkaufswelle im März in den meisten Währungen bereits wieder deutlich erholt. Es bestehen zweifelsohne weiterhin zahlreiche Herausforderungen für alle Volkswirtschaften und vieles wird vom Umfeld nach Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen sowie davon abhängen, wie gut das Covid-19-Virus in der Folge unter Kontrolle gehalten werden kann. Die rasche Erholung spricht unseres Erachtens für eine schrittweise Zunahme der Wirtschaftstätigkeit und geht auf die umfassenden, von den Zentralbanken und Regierungen ergriffenen Maßnahmen zurück. Ertragsgenerierende Anlagen erfreuen sich insbesondere angesichts der Dividendenrisiken einer starken Nachfrage. Fixed-Income-Papiere mit Investment-Grade-Rating scheinen angesichts der zugrunde liegenden Renditen gewisses Wertpotenzial aufzuweisen, und die Leitzinsen dürften auf niedrigen Niveaus verankert bleiben. Wie bereits ersichtlich, wird es Gewinner wie auch Verlierer geben. Einige Sektoren und Branchen sehen sich mit neuen strukturellen Herausforderungen infolge der Pandemie oder deren Auswirkungen konfrontiert. Unternehmen mit starken und nachhaltigen Geschäftsmodellen sowie solche, die die Entschuldung vorantreiben, dürften überleben und florieren. Gleichwohl ist zweifelsohne mit einem Anstieg der Ausfallquoten und der Zahl „gefallener Engel“ zu rechnen.