Neben den Finanzkennzahlen eines Unternehmens beleuchten wir daher auch eine Vielzahl von ESG-Faktoren. Hierzu gehören Energieverbrauch und Abfallmanagement, die Diversität des Vorstands, der Umgang mit seinen Mitarbeitern und seine internen Führungsstrukturen. Zudem befassen wir uns intensiv mit dem gesellschaftlichen, politischen und regulatorischen Umfeld, in dem ein Unternehmen tätig ist. In einer Welt global integrierter Geschäftsbeziehungen und Lieferketten sind diese Faktoren von entscheidender Bedeutung.
Eckpfeiler dieses Prozesses ist ein aktives Engagement. Es beinhaltet Gespräche mit dem Unternehmen, den Regulierungsbehörden, den Kunden, mit Wissenschaftlern und vielen anderen. Unser Ziel ist ein möglichst umfassendes Bild des Unternehmens und seines Umfelds. Wir sind keine aktivistischen Anleger. Aber wir sind von den Vorzügen einer aktiven Anlage überzeugt. Die Ergebnisse unseres Engagements beeinflussen daher auch unsere Abstimmungen bei Hauptversammlungen und sind eine wichtige Rückmeldung an die Unternehmensleitung zu ihrer Strategie und deren Ausführung sowie auch zu anderen Bereichen. Mit Hilfe dieses Prozesses sind wir unserer Überzeugung nach in der Lage, bestens informierte Anlageentscheidungen zu treffen.
Was bedeutet das für Ihre Anlagen?
Bislang war es schwierig, eine direkte Beziehung zwischen den ESG-Praktiken und dem Geschäftserfolg eines Unternehmens herzustellen. Neueste Daten lassen in dieser Hinsicht jedoch aufhorchen. So ergab eine Analyse von BAML vom September, dass europäische ESG-Indizes in diesem Jahr bisher besser als Indizes ohne ESG-Schwerpunkt abgeschnitten haben. Zugleich entwickelten sich die 50 beliebtesten (oder übergewichteten) Aktien in ESG-Fonds rund 20% besser als die 50 unbeliebtesten (oder untergewichteten).
Hinzu kommen Hinweise, dass Fonds mit ESG-Fokus mit geringerem Abwärtsrisiko behaftet sind, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass der Kurs eines Vermögenswerts fällt, ist geringer. Morningstar hat die Wertentwicklung von fast 11.000 ESG-Fonds mit denen traditioneller Fonds verglichen. Dabei stellte die Ratingagentur fest, dass Fonds, die ESG-Kriterien berücksichtigen, nicht nur eine mit traditionellen Fonds vergleichbare Performance erzielten, sondern dabei auch eine um 20% geringere Verlusthöhe aufwiesen. Zudem waren ESG-Fonds in Zeiten mit ausgeprägten Marktschwankungen auch stabiler.
Dafür gibt es eine einleuchtende Erklärung: Unternehmen mit guten ESG-Werten profitieren naturgemäß von einer besseren Unternehmensführung als solche mit niedrigeren ESG-Scores. Für Anleger bedeutet die mit einem ESG-integrierten Anlageprozess verbundene tiefer gehende Analyse automatisch auch eine Tendenz zu Qualitätsfirmen. Letztere zeichnen sich unter anderem durch nachhaltige Geschäftsmodelle, eine starke Unternehmenskultur und solide Bilanzen aus. Das sind anders ausgedrückt die Unternehmen, die sich in Marktabschwüngen meist besser behaupten.
Wie geht es weiter?
Schon vor der Covid-19-Krise hatten ESG-Themen bei Anlegern an Bedeutung gewonnen. Ein sehr guter Seismograf dafür ist der Globale Risikobericht des Weltwirtschaftsforums. Noch vor zehn Jahren galt der Wirtschaft das Hauptaugenmerk von Anlegern und politisch Verantwortlichen. Im Globalen Risikobericht 2020 dagegen beherrschen Umweltsorgen die Liste der zehn wichtigsten Themen, darunter auf den ersten drei Plätzen Extremwetter, Versagen der Klimamaßnahmen und Naturkatastrophen.
Die Gründe liegen auf der Hand. Die verheerenden Folgen des Klimawandels sind immer offensichtlicher, angefangen bei den Waldbränden, die Kalifornien verwüsteten, bis hin zu den beispiellosen Überschwemmungen, die Südeuropa heimsuchen. International bekannte Aktivisten wie Greta Thunberg haben das Thema auf die Weltagenda gesetzt und spornen damit Regulierungsbehörden und Politik zum Handeln an.
Zu ihnen gehört an vorderster Front die EU, die unlängst einen Green New Deal im Volumen von einer Billion Euro ankündigte. Das aus 27 Mitgliedstaaten bestehende Bündnis strebt mit Hilfe dieses Plans an die CO2-Emissionen bis 2030 um 40% zu senken, und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Das übergeordnete Ziel: mehr Lebensqualität durch sauberere Luft, bessere Gesundheit und eine lebendige Natur. Dies alles soll ohne Verringerung des Wohlstands erreicht werden.
Wie wird dies in der Praxis aussehen?
Dieses ehrgeizige Ziel ist nur über erhebliche branchenübergreifende Innovationen zu erreichen, angefangen bei erneuerbaren Energien und der Bindung von CO2 bis hin zu nachhaltigen Gebäuden und Elektrofahrzeugen. Ermutigend ist, dass Europas Unternehmen der Aufgabe gewachsen zu sein scheinen.
So zum Beispiel Kingspan aus dem Bausektor. Seine Isolierungs- und Verkleidungsprodukte kommen beim Bau modernster Gebäude zum Einsatz, die Energie sparen und gleichzeitig CO2-Emissionen und den Wasserbedarf reduzieren können. Mit Hilfe seiner Isolierungen wurden zwischen 1993 und 2018 110 Millionen Barrel Öl eingespart, was dem Betrieb von 20 Millionen Autos entspricht. Das gefällt offenbar auch Anlegern: Im September nahm Kingspan über eine Privatplatzierung von grünen Anleihen 750 Mio. EUR auf, die ausschließlich in Klima- und Umweltprojekte fließen sollen.
Ein weiteres interessantes Unternehmen ist Ørsted. Der größte Eigentümer von Offshore-Windkraftanlagen in Europa hat beschlossen, bis 2023 seine Beteiligungen im Öl- und Gasgeschäft zu veräußern und aus dem Kohlegeschäft auszusteigen, um sich ganz erneuerbaren Energien zu widmen. Geplant ist demnach, die Offshore-Windkapazität bis 2025 um fast das Fünffache auf 11 GW auszubauen. Mit diesen Vorhaben ist Ørsted seinen Wettbewerbern beim Übergang zu einem vollständig auf erneuerbare Energien fokussierten Unternehmen aus unserer Sicht weit voraus.
Ein weiteres gutes Beispiel ist Knorr-Bremse aus Deutschland. Der Weltmarktführer im Bereich Bremssysteme für Züge und Lastkraftwagen verfügt über einen dominanten Marktanteil in einer Branche, die unseres Erachtens auf lange Sicht vom Übergang zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln profitieren wird. Ferner hat sich Knorr-Bremse verpflichtet, in der Produktneuentwicklung für den Schienen- und Straßenbereich das Ökodesign zu integrieren.
Abschließende Erwägungen...
Eingangs stellten wir die Frage, was ESG für Sie und Ihre Anlagen bedeutet. Wie wir vorstehend zeigen konnten, sind wir dank der Integration von ESG-Faktoren unserer Überzeugung nach in der Lage, in Ihrem Namen gute langfristige Anlageentscheidungen zu treffen. Die ESG-Integration hilft uns, die Unternehmen, in die wir anlegen, besser zu verstehen. Darunter auch jene führenden europäischen Firmen, die wesentlich daran beteiligt sein könnten, dass wir die einzigartige Chance nutzen, eine gerechtere und nachhaltigere Welt aufzubauen. Und zugleich helfen wir Ihnen, Ihre finanziellen Ziele zu erreichen. Damit lautet die Antwort auf unsere zu Beginn gestellte Frage: eine ganze Menge.
ESG-Integration ist das Herzstück unserer Mainstream-Fonds. Mit unserem European Equity Team verfügen wir über die Ressourcen, Erfahrung und Expertise vor Ort, um Ihnen eine Vielzahl von nachhaltigen Anlageprodukten für Ihren Bedarf anzubieten. Mehr über unsere Produkte und Kompetenzen sowie unser Fondsangebot erfahren Sie, indem Sie auf das Feld rechts neben diesem Artikel klicken.
Rosie French, ESG Analyst, European Equities, Aberdeen Standard Investments