Greenwashing – Mehr Schein als Sein

Greenwashing. Wann versucht ein Unternehmen bewusst, sich in den Augen der Öffentlichkeit mit einem übertrieben grünen Image zu präsentieren? Und wann ist es ein ehrlicher Versuch, das wahre Umweltengagement darzulegen? Wir sehen uns das Phänomen näher an. abrdn | 02.02.2021 11:00 Uhr
© Foto von Anna Shvets von Pexels
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Greenwashing heißt vereinfacht ausgedrückt, dass ein Unternehmen sein Umweltengagement bewusst übertrieben darstellt. Das ist in der aktuellen Unternehmenslandschaft leider gängige Praxis. Vielleicht ist dies sogar verständlich. Nachhaltigkeit ist inzwischen ein Riesengeschäft und der Druck auf die Unternehmen wächst, einem zunehmend anspruchsvollen Publikum ihre Umweltbilanz zu präsentieren.

Für Anleger mit Fokus auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) kann es allerdings eine ernsthafte Herausforderung sein, die Angaben der Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit richtig einzuordnen.

Dem Governance and Accountability Institute zufolge veröffentlichen inzwischen schätzungsweise 90% der Unternehmen im Fortune 500 Index Nachhaltigkeitsberichte. Die Situation in Europa ist ähnlich.

Hans Hoogervorst, Vorsitzender des International Accounting Standards Board, sagte jedoch 2019 in einer Rede, dass eine intensivere Berichterstattung die Unternehmen wahrscheinlich nicht dazu bewegen wird, nach einer besseren Öko-Bilanz zu streben. „Wir sollten nicht erwarten, dass Nachhaltigkeitsberichte ein probates Mittel sind, um Unternehmen dazu zu bringen, die Zukunft des Planeten über den eigenen Profit zu stellen“, so seine Einschätzung. „Greenwashing ist extrem weit verbreitet.“

ESG auf dem Vormarsch

Noch vor zehn Jahren hätte kaum ein Anleger der Nachhaltigkeitsberichterstattung besondere Beachtung geschenkt. Anlagen auf der Grundlage von ESG-Kriterien haben sich aber zunehmend zum Mainstream entwickelt, und immer mehr Investoren berücksichtigen bei ihren Anlageentscheidungen inzwischen ökologische Aspekte.

Die Coronakrise hat diesen Trend beschleunigt. Zwischen April und Juni 2020 flossen laut Morningstar weltweit 71,1 Mrd. USD netto in ESG-Anlagen. Das verwaltete Vermögen stieg damit in diesem Segment auf über 1 Billion US-Dollar. In Großbritannien wurde dem Transaktionsnetzwerk Calastone zufolge zwischen April und Juli mehr Geld in ESG-Investments angelegt als in den vergangenen fünf Jahren.

Hinzu kommt die wachsende Erkenntnis unter Anlegern, dass die Definition und das Erreichen ehrgeiziger Umweltziele häufig ein Indikator für ein gut geführtes Unternehmen sind.

Wenn es einem Unternehmen gelingt, seinen Energieverbrauch zu reduzieren und gleichzeitig seine Produktion auf gleichem Niveau zu halten oder gar zu steigern, profitieren seine Aktionäre indirekt davon. Die Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes ist dabei nicht nur gut für die Rettung unserer Erde, sondern signalisiert oftmals auch eine gute Unternehmensführung. Das wiederum bietet mitunter tiefe, wertvolle Einblicke in die Qualität eines Investment.

Ungeachtet der Vielzahl von Nachhaltigkeitsberichten, die inzwischen veröffentlicht werden, liegt die wahre Nachhaltigkeit eines Unternehmens für viele Anleger nach wie vor im Dunkeln. Ein Problem besteht darin, dass Unternehmen unterschiedlichen Stakeholdern Bericht erstatten müssen, unter anderem Mitarbeitern, Nichtregierungsorganisationen, Kunden und Regulierern. Das Ergebnis ist eine bunte Vielfalt an Informationen, von denen ein Großteil für ESG-Anleger kaum relevant ist.

Ungeachtet der Vielzahl von Nachhaltigkeitsberichten, die inzwischen veröffentlicht werden, liegt die wahre Nachhaltigkeit eines Unternehmens für viele Anleger nach wie vor im Dunkeln.

Ein zweites, damit zusammenhängendes Problem ist, dass sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung bruchstückhaft entwickelt. Dies hat zu einem Sammelsurium an Informationen geführt, das Unternehmen viel Freiraum lässt und Anleger verwirrt.

Die Beratungsfirma McKinsey formuliert es so: „Diese Rahmenwerke und Standards geben Unternehmen ein erhebliches Maß an Freiheit zu entscheiden, welche Nachhaltigkeitsdaten sie veröffentlichen.“ Ergänzend fügt sie hinzu: „Anleger betonen, dass sie die Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen nicht ohne Weiteres für fundierte Anlageentscheidungen und Empfehlungen nutzen können.“

Wie lässt sich das Problem lösen?

Was sind also die effektivsten Anti-Greenwashing-Strategien? Die knappe Antwort darauf lautet: viel harte Arbeit und Analysen. Ständige Bewertungen und Interviews spielen eine zentrale Rolle.

Natürlich gibt es unterschiedliche Standards. Aber die Überprüfung der daraus resultierenden Daten bietet ein hohes Maß an Sicherheit. Heutzutage ist es für ein Unternehmen schwieriger, sich mit glänzenden Veröffentlichungen zu brüsten, die nicht durch entsprechende Zahlen gedeckt sind, die den CO2-Fußabdruck tatsächlich belegen. Das ist ein absolutes Novum.

Wichtig ist auch die Frage, inwieweit ein Unternehmen Nachhaltigkeit institutionalisiert. Legt es zum Beispiel die Überwachung grüner Themen in die Hände des Verwaltungsrats? Knüpft es die Vergütung von Führungskräften an die Reduzierung von Kohlenstoffemissionen?

Welche Rolle spielt der Dialog beim Anti-Greenwashing? An einem Unternehmen festhalten und so die Gelegenheit nutzen, dem Management Fragen zu stellen, kann helfen herauszufinden, was sich tatsächlich hinter den Zahlen verbirgt. Nehmen wir beispielsweise an, ein Unternehmen erreicht stets seine Nachhaltigkeitsziele, während ein anderes sie immer wieder verfehlt. Während Ersteres seine Ziele möglicherweise recht niedrig ansetzt, steckt sich Letzteres möglicherweise immer ehrgeizigere Ziele.

Daher halten wir Unternehmensbesuche für den absolut wichtigsten Aspekt einer guten Anti-Greenwashing-Strategie. Nachhaltigkeitsdaten sind ein nützliches Instrument, um die Erfolgsbilanz eines Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen. Das Gesamtbild ist allerdings mitunter komplexer. Nur der Dialog mit Personal in Schlüsselpositionen bietet Aufschluss darüber, wie ein Unternehmen wesentliche ESG-Risiken mindert.

Andrew Mason, Responsible Investment Analyst, ESG, Aberdeen Standard Investments

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