Als global agierender Investor führen wir im Rahmen unserer Research-Aktivitäten auch Analysen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) durch – und das aus zwei Gründen: (1) um kein Geld zu verlieren und (2) um Geld zu verdienen.
Wir sind davon überzeugt, dass wir durch die Auswahl von Unternehmen mit starken ESG-Standards unsere Chancen verbessern, von Verlusten durch Unternehmenspleiten und Skandalen verschont zu bleiben. Für uns ist dies auch eine Möglichkeit, um Alpha – also höhere Erträge als der Markt – zu generieren, indem wir in positive Veränderungen in Unternehmen investieren. Außerdem sind wir zuversichtlich, dass fortschrittliche ESG-Richtlinien auf lange Sicht die Renditen und Aktienkurse von Unternehmen steigen lassen.
Und wofür steht die Abkürzung ESG? Der Buchstabe „E“ bezeichnet, wie Unternehmen mit der Umwelt interagieren: was sie verbrauchen, ausstoßen, aus der Erde holen oder hinterlassen. Die soziale Komponente („S“) steht für ihren Umgang mit Mitarbeitern, Behörden, der Gesellschaft und Zulieferern. Das „G“ wiederum bezieht sich auf die Unternehmensführung und deren Qualität.
Wir wissen, dass sich die Energienutzung weltweit verändert. Zu erkennen, wer die Gewinner und wer die Verlierer bei diesem weltweiten Übergang zu erneuerbaren Energien sein werden, ist für uns als Investor von enormem Wert.
Das Wohlergehen der Beschäftigten zu fördern und faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, kann unterdessen die Produktivität der Belegschaft erhöhen und wirkt sich langfristig wertsteigernd aus. Zudem ist die Entwicklung eines Verhaltenskodex für Zulieferer als Schutz vor Menschenrechtsverletzungen von entscheidender Bedeutung.
Nach allgemeinem Dafürhalten sind das Bewusstsein und das Verständnis für ESG-Themen in China bislang wenig ausgeprägt. Gleiches gilt für die Transparenz und die Offenlegung. Das mag in der Vergangenheit gestimmt haben.
Heute erkennen wir in China eine zunehmende Wertschätzung für den Nutzen und die Vorteile, die eine aufmerksame Beschäftigung mit ESG-Faktoren mit sich bringen kann.
Heute erkennen wir in China jedoch eine zunehmende Wertschätzung für den Nutzen und die Vorteile, die eine aufmerksame Beschäftigung mit ESG-Faktoren mit sich bringen kann. Die Wertpapieraufsicht des Landes erarbeitet in diesem Jahr neue Richtlinien, um die Qualität der Offenlegungen von börsennotierten Unternehmen zu verbessern und Anlegerinteressen besser zu schützen.
Viele chinesische Unternehmen legen inzwischen ihre Auffassungen zur Nachhaltigkeit, ihre Ziele zur Verkleinerung ihres CO2-Fußabdrucks sowie ihre Rahmenstrukturen für die Ausmerzung ESG-bezogener Risiken dar.
In Sachen Unternehmensführung (Corporate Governance) erkennen wir weitere Verbesserungen, angefangen mit einer größeren Transparenz und einer verbesserten Zusammensetzung der Geschäftsleitung bis hin zur Diversifizierung des Aktienbesitzes. Wir stellen nun fünf chinesische Unternehmen vor, die in Sachen ESG als Vorreiter und Messlatte in China dienen können.
Contemporary Amperex Technology Co. (CATL) spielt für Chinas Ziel, bis 2060 Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen, eine wesentliche Rolle. CATL ist ein weltweiter Vorreiter bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus, die die Elektrifizierung des Straßenverkehrs maßgeblich mit vorantreiben werden. Im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen in den Bereichen nachhaltige Energien und Klimaschutz strebt CATL an, die Qualität von globalen Konkurrenten wie LG Chemical und Samsung SDI zu erreichen. Das Unternehmen ist führend bei Packtechnologien, die die Energiedichte von Akkus erhöhen, ohne sie größer oder schwerer zu machen. CATL zeichnet sich durch eine sehr gute Governance und ein gutes Lieferketten-Management aus. Für Lithium-Ionen-Akkus wird Kobalt benötigt, das von der Demokratischen Republik Kongo bezogen werden kann. CATL legt die eigenen Richtlinien zur Sicherung einer – vor allem im puncto Menschenrechte und Kinderarbeit – verantwortungsvollen Lieferkette offen. Das von dem erfahrenen Gründer Zeng Yuqun geleitete Unternehmen hat eine gesunde Eigentümerstruktur und im Verwaltungsrat sind sowohl Branchenexperten als auch unabhängige Experten gleichmäßig vertreten. Es setzt sich außerdem für eine verantwortungsvolle Produktentwicklung mit einem Schwerpunkt auf der Sicherheit ein und verfügt über klare, solide Richtlinien für den beschränkten Einsatz von Gefahrenstoffen. Darüber hinaus stellt es sicher, dass die Abfallmengen und toxischen Emissionen unterhalb der gesetzlichen Vorgaben liegen.
Centre Testing International Group ist wichtig für die Vertrauensbildung in Bezug auf chinesische Waren, Dienstleistungen und Lieferketten; ihre strategische Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden. Das Unternehmen ist führend bei der Inspektion, Prüfung und Zertifizierung von Industrie- und Verbraucherprodukten. Es stellt sicher, dass Unternehmen aus China höchste Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards erfüllen – im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Anders als das niedrige CCC-Rating vermuten lässt, mit dem MSCI dieses Unternehmen eingestuft hat, halten wir das Managementteam bei den Themen Umwelt, Soziales und Governance für überaus engagiert – was zeigt, wie wichtig ein eigenständiges Research ist. Centre Testing setzt auf Spezialisten, um Testverfahren und -ergebnisse zu entwickeln und bereitzustellen, und unterhält ein internes Schulungssystem, ein Mentoren- sowie ein Graduiertenprogramm, um Talente zu binden. Zudem belohnt das eigene Beurteilungssystem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für gute Leistungen. Vor einer Produktlancierung bindet es Unternehmen in die Forschung und Entwicklung ein; die Datensicherheit ist daher ein Risikofaktor. Das Unternehmen befolgt jedoch die weltweit gängigsten Normen für das Management der Informationssicherheit. Ein zweistufiges Kontroll- und Prüfsystem verhindert die Datenmanipulation und -fälschung; ein weiteres System spricht auf Hacker-Angriffe auf das Netzwerk an und greift bei Sicherheitsverstößen ein. Centre Testing setzt auf Firewalls, Antivirus-Software und die Echtzeit-Sicherung wichtiger Daten und stellt sicher, dass Vorgänge online abgeschlossen werden, um die Verfälschung von Daten zu verhindern. Bei dem Geschäft von Centre Testing geht es um Vertrauen und Vertrauen ist auch für seine eigene Glaubwürdigkeit von entscheidender Bedeutung.
China Tourism Group kann ein Vorbild sein, wenn es darum geht, wie die erfolgreiche Reform eines Staatsunternehmens aussehen kann. Die Marktkonsolidierung hat das Unternehmen in einen virtuellen Monopolisten für den Verkauf zollfreier Waren in China verwandelt. Es ist das einzige Unternehmen, das landesweit das Geschäft mit zollfreien Waren ohne Zonenbeschränkungen betreiben darf. CTG ist das Ergebnis der staatlichen Bemühungen, die Chinesen dazu zu bringen, wieder mehr im eigenen Land zu konsumieren und im Bereich der zollfreien Waren einen starken Akteur zu schaffen, der es mit den großen ausländischen Konkurrenten aufnehmen kann. Als börsennotiertes Unternehmen kann es leitenden Führungskräften eine flexible und wettbewerbsfähige Vergütung bieten und hat so für die Geschäftsführung erfahrene Branchenexperten mit guter strategischer Umsetzung und gutem Lobbyeinfluss gewinnen können. Die Beeinträchtigungen durch die Covid-19-Pandemie hat das Unternehmen gut überstanden, indem es die eigene E-Commerce-Plattform modernisiert und Angebote für Online-Shopping gestartet hat. Auch das Management von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken ist gut. So wird seit 2010 ein Bericht über die soziale Verantwortung des Unternehmens veröffentlicht, in dem das eigene Abschneiden anhand in- und ausländischer Standards beurteilt wird. Das Unternehmen schlüsselt die Belegschaft detailliert auf und führt Schulungs- und Weiterbildungsprogramme durch, um seine Mitarbeiter zu binden – in einer Branche, die auf eine Kernbelegschaft angewiesen ist. Es verbreitet Richtlinien zu Energiesparmaßnahmen, beurteilt regelmäßig die Risiken rund um den Schutz von Kundendaten und bietet eine anonyme Hinweisgeber-Hotline für Mitarbeiter und Stakeholder an, um Best Practices zu fördern.
Nari Technology ist ein Pionier im Rahmen der Energiereform in China. Die Hardware und speziell die Software von Chinas führendem Anbieter für sekundäre Energiesysteme werden die Umstellung von der Verstromung fossiler Brennstoffe auf erneuerbare Energien in China voranbringen. Nari Technologie ist tatsächlich eher ein Anbieter von Lösungen als ein Anlagenhersteller und stellt sicher, dass die Energieversorgung in China zukunftsfähig ist. Aufgrund der Natur seines Geschäfts befolgt das Unternehmen in Bezug auf die Energieeffizienz und bezahlbare Energie die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. China muss den Schwerpunkt auf die Umrüstung des Netzes auf ein "intelligentes" Stromnetz legen; dazu müssen Sensoren installiert werden, die das Angebot und die Nachfrage überwachen und die Effizienz erhöhen. Der Trend zu einer stärkeren digitalen Vernetzung wird sich im Laufe des nächsten Jahrzehnts immer mehr etablieren. Nari nimmt eine führende Stellung ein, unter anderem aufgrund der bestehenden Arbeitsbeziehungen zum Betreiber des staatlichen Netzes. Darüber hinaus verfügt es auch über ein Bonussystem für seine Technologie-Fachkräfte – aus dem Wissen heraus, dass die Bindung von Top-Talenten das A und O ist, um den eigenen Vorsprung zu sichern. Wenn man uneingeweihten Anlegern das Modell von Nari Tech erklärt, beobachtet man gewöhnlich einen deutlichen Aha-Effekt, wenn sie die strategische Bedeutung des Unternehmens in China erkennen.
Shenzhou International Group ist ein Textilhersteller, der unter anderem Athleisure-Bekleidung produziert. Es ist eines der am höchsten eingestuften Unternehmen in der Bekleidungsindustrie. Es kann schwierig sein, die Quellen für Baumwolle zu verifizieren – und damit geht das Risiko einher, dass Unternehmen den Rohstoff von Anbietern beziehen, die auf der schwarzen Liste stehen. Shenzhou International geht dagegen sehr transparent mit dem Management seiner Lieferkette um und arbeitet hauptsächlich mit großen Zulieferern aus Hongkong und Shanghai zusammen. Es hatte bislang weder mit Unregelmäßigkeiten beim Arbeitsschutz noch mit Bedenken im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen zu tun. Die Zulieferer des Unternehmens müssen eine Erklärung unterzeichnen, mit der sie bestätigen, dass sie die Standards in Bezug auf die Menschenrechte und die Kinderarbeit befolgen. Darüber hinaus müssen sie Selbstbeurteilungen vornehmen und sich zu einer hohen Produktqualität verpflichten. Die größten Kunden – Nike, Adidas, Puma und Uniqlo – unterhalten ebenfalls Büros in den Produktionsbetrieben von Shenzhou und können daher jederzeit stichprobenartige Kontrollen der Prozesse und Lieferketten durchführen. Shenzhou ist sich sicher, keine Garne von Quellen zu beziehen, die auf einer schwarzen Liste stehen – nicht zuletzt, weil diese Liste öffentlich gut zugänglich ist. Die engen Beziehungen zu einigen der größten Marken der Welt unterstreichen, wie wertvoll die Stärkung globaler Standards gegenüber Wettbewerbern in China und im Ausland ist.