Zentrale Erkenntnisse:
- ESG-Faktoren können den Erträgen von Einzelwerten zugutekommen. Untersuchungen verdeutlichen, dass Aktien höherwertiger Unternehmen eine bessere Performance erzielen können als entsprechende Titel niedrigerer Qualität.
- ESG-Grundsätze können sich günstig auf das Risiko und den Ertrag eines Portfolios auswirken. Es lässt sich belegen, dass durch die Integration von ESG-Aspekten in den Anlageprozess und eine Anlage in Unternehmen mit besseren ESG-Scores eine Steigerung der Performance erzielt werden kann.
- Die Integration von ESG-Aspekten kann das Risiko verringern. Untersuchungsergebnissen zufolge kann eine ESG-Analyse dazu beitragen, dass ein vergleichbarer Ertrag erzielt und zugleich das Anlagerisiko reduziert wird.
Die Frage, welche Auswirkungen die Einbeziehung von ESG-Erwägungen in Anlageentscheidungen auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis hat, wird noch immer kontrovers diskutiert. Der wichtigste Sorgenpunkt betrifft die Auffassung, dass Anleger eine schwächere Performance „in Kauf nehmen“ müssen, wenn sie ESG-Grundsätzen Rechnung tragen.
Um eine Antwort zu finden, haben wir die Ergebnisse von Studien analysiert, die sich auf unterschiedliche Zeiträume und Regionen (Schwellenländer eingeschlossen) erstrecken.
Unsere Untersuchung ist nicht erschöpfend, wir waren jedoch bestrebt, strenge und robuste Analysen mit Schwerpunkt auf wissenschaftlichem Research unter Anwendung von Peer Reviews einzubeziehen.
Teil 1. Müssen bei Anlagen, die ESG-Grundsätze berücksichtigen, Ertragseinbußen hingenommen werden?
ESG-Grundsätze und die finanzielle Performance von Unternehmen
Wir haben Research Papers unter die Lupe genommen, die im Journal of Sustainable Finance & Investment, im Journal of Portfolio Management und vom NYU Stern Center for Sustainable Business (selbst eine Metaanalyse von über 1.000 Research Papers) veröffentlicht wurden.
Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen höherer Qualität, bei denen es sich definitionsgemäß um Unternehmen mit besseren ESG-Bewertungen bzw. ESG-Scores handelt, aus fundamentaler Sicht, d.h. gemessen an ihren Finanzergebnissen (Corporate Financial Performance, CFP), besser abschneiden.
Diese fundamentale Performance kann sich beispielsweise auf die breiter gefasste Rentabilität, die Eigenkapitalrendite (Return on Equity, ROE), die Kapitalrendite (Return on Assets, ROA) oder Dividendenausschüttungen beziehen.
ESG-Grundsätze und Aktienerträge
Wir haben Studien zu Unternehmen herangezogen, die in den USA, den Schwellenländern und andernorts börsennotiert sind. Sie haben gezeigt, dass:
- ESG-Qualität mit niedrigerer Volatilität und somit einem geringeren Risiko und folglich höheren risikobereinigten Erträgen einhergeht;
- Aktien mit hohen ESG-Scores eine geringere Volatilität und ein niedrigeres Beta (d.h. systematisches Risiko) aufweisen als Titel mit niedrigerem ESG-Score;
- Industrie- und Schwellenländerunternehmen mit hohen ESG-Scores im Vergleich zu jenen mit schwächeren ESG-Scores geringere Kapitalkosten schultern müssen;
- eine ESG-Integration für Anleger in China hilfreich sein kann, da Portfolios mit hohem ESG-Score unter normalen Bedingungen und vor allem bei Marktturbulenzen besser abschneiden als jene mit niedrigem ESG-Score.
Portfolioresearch und Implikationen
Es ist verlockend, sich auf die Performancesteigerung zu konzentrieren, die durch die Einbeziehung von ESG-Aspekten erreicht werden kann. Ebenso wichtig sind jedoch die Auswirkungen einer ESG-Integration auf das Risikoexposure des Portfolios.
Wir nehmen dabei die risikobereinigten Erträge in den Blick: Wenn zwei Portfolios denselben Ertrag einbringen, weist das Portfolio mit der niedrigeren Volatilität höhere risikobereinigte Erträge auf (d.h. es generiert einen höheren Ertrag pro Risikoeinheit).
Auch in dieser Hinsicht legt unser Research nahe, dass:
- die ESG-Integration das Portfoliorisiko in allen Märkten und bei sämtlichen Anlegestilen verringert;
- die Einbeziehung von ESG-Kriterien in die Portfoliozusammenstellung dazu beitragen kann, das Marktrisiko zu begrenzen.
Was ist unter ESG-Qualität und Signifikanz der Wesentlichkeit zu verstehen?
Bisher haben wir gute ESG-Scores mit ESG-Qualität gleichgesetzt. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, dass es fragwürdig ist, ESG-Scores als endgültiges Kriterium für die ESG-Qualität eines Unternehmens anzusetzen.
Anleger müssen verstehen, welche „Wesentlichkeit“ einzelnen ESG-Aspekten zukommt – also welche Auswirkungen sie für ein Unternehmen haben – und einschätzen, wie ein Unternehmen wesentliche Risiken und Chancen handhabt.
Einige Aspekte werden ausgeprägter sein und größere Risiken und Chancen für die Unternehmen darstellen, je nachdem, wo und in welcher Branche sie tätig sind.
Im Hinblick auf ESG-Belange besteht die Herausforderung zum Teil darin, sich ein Bild davon zu machen, was für ein Unternehmen wesentlich ist. Eine Fokussierung auf die „starke“ Performance eines Unternehmens bei einem unwesentlichen Aspekt kann irreführend sein.
Eine Harvard-Studie aus dem Jahr 2015 ergab, dass sich Unternehmen, die bei den für sie wesentlichsten ESG-Aspekten gut abschneiden, womöglich besser entwickeln als Unternehmen, bei denen dies nicht der Fall ist. Aber Unternehmen, die bei unwesentlichen Nachhaltigkeitsthemen stark abschneiden, haben gegenüber jenen mit schwacher Performance bei unwesentlichen Themen nicht die Nase vorn.
Teil 2. Implikationen für das aktive Management
Makroökonomisches, themenorientiertes ESG-Research
Die wichtigsten Themen und Trends im Bereich ESG kennen und verstehen, wie sie sich auf Unternehmen auswirken können. Unsere Einschätzungen, inwieweit ESG-Faktoren auf den „vier P“ basieren:
- People (Menschen einschließlich Demografie)
- Policy (Politik einschließlich Governance und Engagement)
- Planet (Planet einschließlich Umwelt und Klimawandel)
- Progress (Fortschritt einschließlich Technologie und Infrastruktur).
Besondere Themen sind unter anderem: Dekarbonisierung, nachhaltige Produkte, die eine Änderung der Präferenzen der Verbraucher bewirken, Management der Lieferketten und finanzielle Inklusion.
ESG-Research auf Unternehmensebene
Verstehen, wie die Unternehmensleitung ESG-Aspekte angeht und managt, und diese Erkenntnisse in den zentralen Researchprozess als Inputfaktor für die Einschätzung der Qualität eines Unternehmens einbeziehen.
Unabhängig vom verwendeten Researchmaterial gilt: Eigene Due-Diligence-Prüfung und Researchtätigkeit durchführen, um sich ein möglichst vollständiges Bild zu machen. Verhalten und Praktiken können besser (oder schlechter) sein, als die Offenlegungen dies vermuten lassen. Deshalb reicht es bei der ESG-Bewertung nicht aus, sich lediglich auf die Veröffentlichungen des Unternehmens zu stützen.
Unternehmen durch ein aktives Engagement unterstützen, ihre ESG-Performance zu verbessern und weiterzuentwickeln. Besteht ein Zusammenhang zwischen den ESG-Scores und der Performance, kann die Verbesserung der ESG-Scores (entweder über eine Beeinflussung des Verhaltens oder schlicht durch eine Verbesserung der Offenlegung) eine Steigerung der Performance des Titels und somit des Portfolios bewirken.
Wir sind überzeugt, dass gut geführte Unternehmen, die langfristigen Risiken und Chancen Beachtung schenken, auf lange Sicht die Nase vorn haben dürften
Und zu guter Letzt ...
ESG-Aspekte können sich positiv auf die finanzielle Performance von Unternehmen und die Wertentwicklung von Portfolios auswirken. Wir sind überzeugt, dass gut geführte Unternehmen, die langfristigen Risiken und Chancen Beachtung schenken, auf lange Sicht die Nase vorn haben dürften.
Für viele Zeiträume und Regionen (vor allem in den Schwellenländern) ergab sich, dass durch die Integration von ESG-Aspekten in den Anlageprozess und eine Anlage in Unternehmen mit besseren ESG-Scores eine Steigerung der Performance erzielt werden kann.