Die Anleihenrenditen sind in den vergangenen 30 Jahren stetig gesunken – 1995 lag die durchschnittliche Rendite eines Index für Investment-Grade-Anleihen noch bei knapp 8%. Heutzutage rentieren Investment-Grade-Papiere gerade Mal mit etwas mehr als 1%.1
Einige Experten sind der Ansicht, dass die traditionelle Portfolioaufteilung von 60% Aktien und 40% Anleihen angesichts derart niedriger Anleihenrenditen Anlegern keinen ausreichenden Mehrwert mehr bringt. Dies bedeutet, dass Dividendentitel innerhalb eines Portfolios nun eine viel größere Rolle bei der Renditegenerierung spielen könnten.
Sicherlich weisen Aktien in der Regel ein höheres Risiko auf als Anleihen. Doch es sollte nicht vergessen werden, dass auch das Potenzial für Kapitalzuwachs höher ist. Ertragsorientierten Anlegern, die derzeit umfangreiche Anleihenengagements aufweisen, bietet die Aufnahme von Dividendentiteln Diversifizierungsvorteile sowie die Möglichkeit, das Risiko-Ertrags-Profil ihrer Portfolios zu verbessern.
Die gute Nachricht für Anleger auf der Suche nach Dividenden ist, dass trotz der Ereignisse im vergangenen Jahr nach wie vor Dividenden in hohem Umfang gezahlt werden. Tatsächlich schütteten die im MSCI AC World Index vertretenen Unternehmen in den zwölf Monaten bis Ende März 2021 Dividenden in Höhe von insgesamt beinahe 1,1 Bio. USD aus.2 Dies belegt, dass nach wie vor reichlich Dividenden erwirtschaftet werden können.
In den USA blieb die Gesamtsumme der Dividendenausschüttungen im Jahr 2020 beispielsweise nahezu unverändert gegenüber dem Vorjahr. Mit Blick auf die Zukunft wird in der Region Asien (ohne Japan) im nächsten Jahr mit anhaltend robusten Dividendenzahlungen gerechnet, die dabei im Vergleich zu den 2018 verzeichneten Niveaus um über 25% höher ausfallen dürften.3
In Europa und Großbritannien haben die dortigen Aufsichtsbehörden Obergrenzen oder Verbote für Dividendenzahlungen im Bankensektor verhängt. Diese Maßnahmen sorgten zwar für Schlagzeilen, spiegelten aber nicht zwangsläufig die Fähigkeiten der Banken, Dividenden zu zahlen, wider, sondern waren vielmehr Ausdruck übermäßiger Vorsicht. Da die Weltwirtschaft mittlerweile in eine Erholungsphase eingetreten ist, haben die Aufsichtsbehörden damit begonnen, die Dividendenbeschränkungen zu lockern.
Wir rechnen nach der Pandemie mit einem positiven Dividendenumfeld, das von einer stetigen Erholung und Widerstandsfähigkeit geprägt sein wird. Dieser günstige Ausblick geht auf verschiedene Faktoren zurück, darunter das Niedrigzinsumfeld, die beispiellose fiskalpolitische Unterstützung für private Haushalte, Unternehmen und die Infrastruktur sowie ein sich verbesserndes fundamentales Umfeld, das in soliden Gewinnaussichten und einer sich rasch erholenden Weltwirtschaft zum Ausdruck kommt.
Der zyklische Wachstumsaufschwung (vor allem in den Industrieländern und China) geht mit langfristigen strukturellen Wachstumstrends wie der Entwicklung von Anwendungen für neue Technologien und der Dekarbonisierung einher.
Die Entwicklung von Impfstoffen im Jahr 2020 und deren Verteilung im Jahr 2021 haben die Stimmung sowie den Ausblick für die Unternehmensgewinne und -dividenden beflügelt.
Die rasche Entwicklung von Impfstoffen im Jahr 2020 und deren Verteilung im Jahr 2021 haben überdies sowohl die Stimmung als auch den allgemeinen Gewinn- und Dividendenausblick beflügelt. Die Dividendensteigerungen nehmen Fahrt auf, vor allem in Schlüsselmärkten wie den USA.
Die Zahl der Unternehmen, die ihre Dividenden erhöhen, übersteigt bei Weitem die Zahl jener Unternehmen, die ihre Ausschüttungen verringert haben. Auch bei den Aktienrückkäufen ist eine Zunahme zu beobachten. Hierin kommt die Zuversicht der Unternehmen in Bezug auf Ausschüttungen an die Aktionäre zum Ausdruck, was Gutes für den Dividendenausblick verheißt.
Wo also lassen sich hohe Dividenden erzielen? Betrachtet man die zur Verfügung stehenden Barmittel im Sektorvergleich, so sind wir der Ansicht, dass Technologie, Konsumgüter, Kommunikation, Gesundheit, Industrie und Finanzen vergleichsweise gut positioniert sind, um Dividenden auszuschütten. Wir sind überdies bestrebt, Unternehmen aus den Sektoren Energie und Grundstoffe zu identifizieren, die sich durch kontinuierliche Dividendenzahlungen und starke Fundamentaldaten auszeichnen. Da sich die Konjunkturerholung derzeit auf breiter Basis vollzieht, werden Unternehmen in allen Sektoren davon profitieren.
Allgemein sind wir der Ansicht, dass Substanztitel Wachstumswerte in einem von Inflation geprägten Zeitraum hinter sich lassen dürften. Wir erachten Finanz- und Energietitel als Substanzwerte und rechnen damit, dass Rohstoffe und Infrastrukturtitel vom Inflationsdruck profitieren werden. Technologiewerte könnten bei stärkerem Preisauftrieb unterdurchschnittlich abschneiden. Dasselbe gilt für Basiskonsumgüter- und Versicherungspapiere.
Obschon Substanzanlagen seit Ende 2020 stark angezogen haben, hat der MSCI ACWI Growth Index den MSCI ACWI Value Index im vergangenen Monat um rund 5,5%4 hinter sich gelassen. Auf lange Sicht dürfte sich ein Engagement bei Unternehmen mit Bezug zu strukturellem Wachstum unabhängig vom vorherrschenden Substanz-Wachstums-Umfeld gut entwickeln. Ein ausgewogenes Portfolio aus Substanz- und Wachstumswerten kann ein Exposure gegenüber zyklischen und strukturellen Wachstumsfaktoren bieten.
Die Inflation ist zweifelsohne ein Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt. Derzeit haben die hohen Sparquoten zusammen mit der aufgestauten Nachfrage, einem Anstieg der Geldmenge im zweistelligen Bereich sowie fiskalischen Stimuli in beispiellosem Umfang und der Impfstoffverteilung einen deutlichen Konjunkturaufschwung zur Folge.
Die starke Nachfrage nach Produkten dürfte eine höhere Inflation nach sich ziehen, und Entwicklungen in der Vergangenheit bieten einige Wegweiser in Bezug auf ein solches Umfeld. Die größten Risiken für die Aktienmärkte betreffen derzeit nicht unbedingt deren Fundamentaldaten, sondern vielmehr das von der Zinsentwicklung ausgehende Risiko.
Obwohl wir davon ausgehen, dass die Inflation auf kurze Sicht anziehen wird, rechnen wir nur mit einem vorübergehenden Anstieg, da die deflationären Kräfte wie alternde Bevölkerungen und Effizienzsteigerungen durch die Nutzung von Technologie weiterhin zum Tragen kommen werden.
Dennoch sollten wir als aktive Stock Picker Anlagen stets auf Grundlage der Fundamentaldaten der zugrunde liegenden Unternehmen tätigen, während wir gleichzeitig das Makroumfeld genau im Auge behalten.
JOSH DUITZ, DEPUTY HEAD OF GLOBAL EQUITIES, ASI
1 Quelle: Bloomberg, per Juni 2021
2 Quelle: Bloomberg, per März 2021
3 Quelle: Jefferies, FactSet, 2021
4 Quelle: Bloomberg, per 23. Juni 2021