„Das Jackson Hole Symposium stellt Jerome Powell in dieser Woche vor eine nervenaufreibende Aufgabe. Die Rede des Fed-Vorsitzenden wird immer mit Spannung erwartet, auch wenn man seit einigen Jahren versucht, sie zu bagatellisieren. Aber dieses Mal trifft Powell auf große Unsicherheit. Die Begeisterung über Wirtschaftswachstum und Inflation lässt offenbar bereits wieder nach und das Protokoll der letzten Fed-Sitzung verdeutlicht, dass man sich im Ausschuss über die Lage der Wirtschaft völlig uneins ist.
Der offensichtliche Dissens zwischen den Fed-Mitgliedern macht Powells Aufgabe nicht leichter. Das Protokoll der Juli-Sitzung zeigt die recht unterschiedliche Auslegung der Arbeitsmarktdaten durch verschiedene Mitglieder und die Meinungen zur Inflation gehen noch weiter auseinander. Nach Meinung einiger „weniger“ Mitglieder deutet das diesjährige Überschießen darauf hin, dass die durchschnittliche Inflation das 2 %-Ziel übersteigen wird, was die Vermutung bestätigt, dass einige bei dieser Berechnung ein relativ kurzes Zeitfenster zugrunde legen. Andere verwiesen dagegen auf das geringe und wahrscheinlich vorübergehende Ausmaß des Inflationsanstiegs, was eine etwas höhere Toleranz vermuten lässt. Vielleicht wird hier für die Betrachtung der durchschnittlichen Inflationsentwicklung aber auch ein längerer Zeitraum angesetzt. „Mehrere“ Mitglieder äußerten sich noch verhaltener und mahnten, der Anstieg werde die zugrunde liegende Inflationsdynamik nicht ändern. Sie verwiesen auf eine mögliche Abwärtstendenz der künftigen Inflation.
In dieser Uneinigkeit offenbart sich ein Teil der Problematik des undurchsichtigen Konstrukts der durchschnittlichen Inflation. Auch wird es bei fehlendem Konsens für Powell noch schwerer, in seiner Rede echte Überzeugung zu vermitteln. Ohne klare Signale aus dem Ausschuss kann auch Powell zu diesem Zeitpunkt keine klaren Signale senden. Und klare Signale sind am Markt willkommener als kaum merkliche Änderungen.
Das eigentliche Problem ist jedoch die bisweilen unterschiedliche Fokussierung von Markt und Notenbank. Dass sich die Makrodynamik auf die Erträge von Risikoanlagen auswirkt, ist wohlbekannt. Die Fed zielt jedoch nicht in diese Richtung, insbesondere vor dem Hintergrund einer Wachstumsverlangsamung bei fortschreitender Wiedereröffnung der Wirtschaft. Anders gesagt ist die Fed auch dann in der Lage, der angestrebten Vollbeschäftigung und Preisstabilität näher zu kommen, wenn das Wachstum nachlässt.
Ob es dem Markt nun gefällt oder nicht, dies wird wohl keine Rede mit klaren Worten. Was nicht bedeutet, dass Powell das Thema Tapering vollständig vermeiden wird. Er mag auch früheren Andeutungen zu einem gewünschten Start in diesem Jahr noch etwas hinzufügen.
Am Freitag wird Powell dieser Entscheidung aber wohl kaum vorgreifen. Deutlichere Signale sind erst im September zu erwarten, wenn die Fed in ihrer Sitzung diesbezügliche Beschlüsse gefasst hat. Zu guter Letzt dürfte Powell die Verbindung zwischen der Reduzierung der Wertpapierkäufe und möglichen Zinsanpassungen herunterspielen und damit das zweite Thema auf die lange Bank schieben.
Wer hier ein Feuerwerk erwartet, sucht an der falschen Stelle.“
James McCann, Deputy Chief Economist bei Aberdeen Standard Investments