Klimaszenarioanalyse 2021: Implikationen für Aktien und Anleihen

abrdn | 16.12.2021 09:59 Uhr
© Photo by Made From The Sky on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Im Februar veröffentlichten wir unsere Klimaszenarioanalyse für 2020. Diese Studie half uns dabei, viele der Fragen rund um die Anlageimplikationen der Klimawende und der damit verbundenen physischen Risiken zu beantworten.

Dies stellt überdies eine wichtige neue Möglichkeit für uns dar, klimabezogene Risken und Chancen in unsere Anlageprozesse und Kundenlösungen zu integrieren.

Die Szenarioanalyse umfasst eine Modellierung der Auswirkungen verschiedener Klimaergebnisse auf die Asset-Preise. Dazu zählen auch die unterschiedlichen Entwicklungspfade im Hinblick auf die Klimapolitik und alternative Technologien. Jedem Szenario wird eine Wahrscheinlichkeit beigemessen, um den Anlegern bessere Entscheidungen zu ermöglichen.

Wodurch hebt sich unsere Analyse ab?

Wir sind sehr stolz auf unseren Klimaanalyseansatz, da dieser anders als bei vielen anderen Fondsmanagern keine standardisierte Lösung „von der Stange“ darstellt.

Stattdessen passen wir ihn an, um differenziertere Annahmen anzustellen und mehr Klimaszenarien zu berücksichtigen. Er kann überdies aktualisiert werden, um Veränderungen im Hinblick auf Politik, Technologie und Struktur der Märkte sowie dahingehend, wie sich Unternehmen an den Klimawandel anpassen, Rechnung zu tragen.

Zeit für ein Update

Nach der Klimakonferenz COP26 in Glasgow, auf der diskutiert wurde, was in Sachen Klimaschutz bereits erreicht – oder eben nicht erreicht wurde (zu nennen ist vor allem die anhaltende Diskrepanz zwischen Klimaambitionen und glaubhaften Maßnahmen) –, haben wir unsere ersten Aktualisierungen vorgenommen.

Mittels unseres Rahmenwerks sind wir in der Lage, die aktuellen Faktoren bei der Konzeption unserer Szenarien zu berücksichtigen. Letztere können dann für Anlageentscheidungen genutzt werden.

Im zweiten Teil des Updates zu unserer Klimaszenarioanalyse beleuchten wir dann, was dies in einer von Covid-19 in Mitleidenschaft gezogenen Welt für die Bewertungen von Aktien und Anleihen über eine Reihe von Sektoren hinweg bedeuten könnte.

Aktien und Anleihen im Jahr 2021: Wesentliche Erkenntnisse

  • Wir sind in Bezug auf die Geschwindigkeit der Energiewende mittlerweile optimistischer gestimmt. Diese Einschätzung kommt nun auch eher in den Marktkursen zum Ausdruck als noch Anfang 2020.
  • Realistischere Markterwartungen lassen zusammen mit unseren Revisionen der erwarteten künftigen Energienachfrage und CO2-Preise darauf schließen, dass nicht mehr so umfangreiche Anlagegelegenheiten zur Verfügung stehen wie im Jahr 2020.
  • Allgemein ausgedrückt überwiegen die Abwärtskorrekturen bei den langfristigen fairen Bewertungen die Aufwärtsrevisionen, sodass eine noch differenziertere Titelauswahl vonnöten ist, um sich Gelegenheiten zunutze zu machen.

Wie gestaltet sich unser Basisszenario mittlerweile?

Unser Basisszenario ist ganz allgemein das Szenario, welches unseres Erachtens an den Märkten eingepreist ist und das als Benchmark für alle anderen Szenarien dient. Darin gehen wir mittlerweile davon aus, dass die Anleger nun eine realistischere Einschätzung in Bezug auf die zu erwartende politische und technologische Entwicklung haben.

Indes sehen unsere maßgeschneiderten Szenarien einen im Schnitt etwas schnelleren Übergang zu emissionsarmen Technologien voraus. Dies beruht auf drei wesentlichen Erkenntnissen infolge der Updates:

  1. Aufgrund des langsameren langfristigen Wachstums in vielen Ländern ist mit einem niedrigeren Energiebedarf zu rechnen.

  2. Erneuerbare Technologien gewinnen immer schneller Marktanteile im Strom- und Transportsektor hinzu.

  3. Die klimapolitischen Verpflichtungen gewinnen zwar an Umfang und Glaubwürdigkeit, reichen aber nach wie vor bei Weitem nicht aus, um die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen.

Positiv ist, dass die Erwartungen im Hinblick auf Klimaschutzmaßnahmen zwar gestiegen sind, diese aber bereits in den Marktkursen berücksichtigt sind. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, bei denen es sich um reine Anbieter emissionsfreier Technologien handelt.

Obschon die Erwartungen im Hinblick auf Klimaschutzmaßnahmen zugenommen haben, sind diese bereits in den Marktkursen berücksichtigt.

Diese Veränderungen haben insgesamt zur Folge, dass sich beim Basisszenario mittlerweile weniger Anlagegelegenheiten bieten als zuvor. Dies deutet darauf hin, dass eine noch differenziertere Titelauswahl vonnöten ist, um sich Gelegenheiten zunutze zu machen.

Was bedeutet dies für Aktien und Anleihen?

Nach den letzten Updates kam es zu erheblichen Veränderungen bei den langfristigen fairen Bewertungen (sowohl Auf- als auch Abwärtskorrekturen), die auf den Klimawandel zurückzuführen sind.

Dies gilt insbesondere für jene Sektoren, die dem Risiko in Bezug auf die Energiewende am stärksten ausgesetzt sind, d.h. Energie, zyklische Konsumgüter, Grundstoffe ohne Energiebezug, Industrie und Versorger.

Wir haben die wichtigsten Punkte nachfolgend für Sie zusammengefasst:

Aktien

In beinahe jedem Szenario ist eine deutliche Abwärtskorrektur der Bewertungsschätzungen für den MSCI Global Index (und die regionalen Indizes) zu beobachten. Dies liegt daran, dass nunmehr mit einem stärkeren Nachfragerückgang bzw. schwächeren Nachfragezuwachs sowie höheren CO2-Kosten gerechnet wird.

Versorger verzeichnen in unserem Basisszenario aus diesem Grund den stärksten Bewertungsanstieg, der aufgrund des geringeren Nachfragezuwachses aber schwächer ausfällt als in der Vergangenheit.

Indes werden die Bewertungen im Energiesektor am stärksten in Mitleidenschaft gezogen, wobei der Rückgang wesentlich stärker ausfällt, was hauptsächlich dem erwarteten deutlicheren Nachfragerückgang geschuldet ist. Dieser geht auf das schwächere Wirtschaftswachstum (woraus sich ein geringerer Energieverbrauch ergibt), die nachlassende Bedeutung von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung sowie einen besseren Ausblick für Elektrofahrzeuge zurück. Auch der erwartete Anstieg der CO2-Preise spielt hierbei eine Rolle.

Anleihen

Die Auswirkungen auf die Bewertungen börsennotierter Unternehmensanleihen entsprechen weitgehend jenen von börsennotierten Aktien, fallen aber weniger gravierend aus. Grund hierfür ist, dass Anleihen in der Kapitalstruktur höher angesiedelt sind als Aktien und Schuldtitel und eine zeitlich begrenzte Duration aufweisen, wodurch die Auswirkungen des Klimawandels in den späteren Jahren unseres Modellhorizonts gemindert werden. Dies hat ein geringeres Anlagerisiko im Vergleich zu Aktien zur Folge.

Der Energiesektor ist sowohl aus Aktien- als auch aus Anleihensicht am stärksten beeinträchtigt. Bei Aktien aus dem Versorgersektor steigen die Bewertungen indes insgesamt an, wohingegen die Anleihenbewertungen im Rahmen unserer Analyse zurückgehen. Dies liegt vor allem daran, dass die Bewertungen von emissionsarmen Versorgungsunternehmen effektiv gedeckelt sind, da sie bereits eine sehr niedrige Ausfallwahrscheinlichkeit aufweisen.

Darüber hinaus müssen Anleihen mit längerer Duration umso größere Bewertungsabschläge hinnehmen, je schwerwiegender die Klimaschocks ausfallen und je mehr sich die Szenarien dem Jahr 2050 nähern. Allerdings sind Unternehmen, die bereits von Anfang an eine höhere Bonität aufwiesen, besser in der Lage, diese Schocks zu absorbieren.

Was bedeutet dies für die einzelnen Sektoren?

Auf Sektorebene wirken sich diese Aktualisierungen am stärksten auf die Bewertungsprognosen in den Bereichen Energie, Grundstoffe, Automobile und Versorger aus. Die sich verändernden Szenarien beeinflussen die langfristigen fairen Bewertungen im Vergleich dazu, was an den Märkten eingepreist ist.

Beispielsweise ist bei „grünen“ Mineralien sowie bei Versorgern und Ausrüstungsherstellern im Bereich der erneuerbaren Energien mit einem geringeren durchschnittlichen Bewertungsanstieg zu rechnen, da die aktuelle Marktbewertung dieser Unternehmen mittlerweile den positiven Ausblick für diese Firmen besser widerspiegelt.

Dagegen werden Unternehmen mit Bezug zu internen Verbrennungsmotoren in unserem Basisszenario stärker in Mitleidenschaft gezogen, da die Gesamtnachfrage nach Automobilen angesichts des schwächeren Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern und des stärkeren Wachstums des Marktes für Elektrofahrzeuge sinkt (der Nachfragerückgang beschleunigt sich). Sie sehen sich aufgrund der zunehmenden politischen Ambitionen für den Transportsektor überdies mit höheren CO2-Kosten konfrontiert.

Gleichwohl dürfte sich ein Teil der traditionellen Autohersteller die mit der Elektrifizierung von Passagierkraftwagen verbundenen Chancen zunutze machen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass wir unsere Szenarioanalyse durch sorgfältiges Research zu den Übergangsplänen der Unternehmen und eine aktive Titelauswahl ergänzen.

Wie geht es weiter?

In weiteren Berichten werden wir die Ergebnisse unserer jüngsten Klimaszenarioanalyse von anderen Seiten beleuchten. Seien Sie gespannt auf unsere nächste Ausgabe mit Fokus auf Asien – eine Region, welche die Prognosen zum globalen Wirtschaftswachstum maßgeblich beeinflusst und – wenig überraschend – wesentlich für jegliche Klimastrategien ist, die auf eine Begrenzung des Temperaturanstiegs abzielen.

In anderen Beiträgen werden wir Immobilien- und Infrastrukturwerte sowie Staatsanleihen analysieren, aufzeigen, wie wir unsere Analyse so anpassen können, dass sie glaubwürdige Übergangspläne von Unternehmen sowie deren Implikationen für die Emissionsentwicklung und die Bewertungen berücksichtigt, unsere Analyse der physischen Klimarisiken vertiefen, die in den wichtigen Regionen weltweit unterschiedlichen klimabezogenen Risiken und Chancen beleuchten und demonstrieren, wie wir die Erkenntnisse aus der Klimaszenarioanalyse in die strategische Asset Allocation einfließen lassen.

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