Qualitätswerte – erschüttert, aber solide

Das Marktumfeld hat sich jüngst schwierig für qualitätsorientierte Anleger gestaltet. Nach Jahren einer Flaute verzeichnen zyklische Unternehmen geringerer Qualität nun eine Rally. Derartige Substanz-Rallys lassen jedoch auf längere Sicht (drei bis fünf Jahre) in der Regel nach. abrdn | 01.03.2022 06:00 Uhr
© Photo by Lina Trochez on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Unserer Ansicht nach schaffen die soliden Fundamentaldaten von Qualitätsunternehmen Spielraum für über den Erwartungen liegende Gewinne und Gesamterträge. Und in der Vergangenheit haben sie sich bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage als robuster erwiesen. Darüber hinaus können qualitätsorientierte Anleger schon heute das Fundament für künftige Erträge legen, indem sie sich die derzeit am Markt bietenden Gelegenheiten zunutze machen.

Schwieriges Fahrwasser

Nach drei Jahren mit starker Entwicklung in den meisten Regionen rund um den Globus in Folge setzte Anfang 2022 eine deutliche Verkaufswelle und eine starke Rotation von Wachstums- in Substanzaktien ein.

Die Anleger haben ihren Fokus von den Fundamentaldaten der Unternehmen auf die makroökonomische Lage und die relativen Bewertungen verlagert

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags beliefen sich die seit Jahresbeginn erlittenen Verluste globaler Aktien auf 4,0%* und jene des NASDAQ Technologie Index auf 7,6%. Wie so oft zu Beginn eines neuen Jahres, wenn wir auf Daten zur bevorstehenden Berichtssaison warten, haben die Anleger ihre Aufmerksamkeit weg von den Fundamentaldaten der Unternehmen und hin zur makroökonomischen Lage und den relativen Bewertungen verlagert.

In den vergangenen Jahren war das Marktumfeld von niedrigem Wachstum, niedriger Inflation und niedrigen Zinsen geprägt. Dies ändert sich nun, und die Anleger interpretieren das aktuelle Umfeld als Anzeichen eines potenziellen Regimewechsels. Daher haben sie von längerfristigen und höher bewerteten Wachstumswerten in günstigere zyklische Unternehmen, deren Cashflows sich auf kurze Sicht verbessern, und solche umgeschichtet, die von steigenden Zinsen profitieren dürften.

Warum kommt es zu einer Rotation in Substanzwerte?

Zu den zahlreichen Gründen hinter den jüngsten Marktbewegungen zählen insbesondere die Inflation, die Zinserwartungen und Omikron sowie die Anlegerpositionierung und die Marktstimmung. Doch während all diese Faktoren Qualitätswerte auf kurze Sicht in Mitleidenschaft ziehen, so schwächen sie jedoch nicht die langfristigen Anlageargumente für diese Unternehmen.

Inflation und Zinserwartungen

Als Reaktion auf den anhaltenden Preisauftrieb rund um den Globus sind die Zentralbanken Ende 2021 auf eine restriktivere Haltung umgeschwenkt. Dies kam vor allen darin zum Ausdruck, dass die US Federal Reserve (Fed) die Inflation nicht länger als „vorübergehend“ bezeichnete. Seither sind die US-Anleihenrenditen sprunghaft angestiegen, sodass nun bis Ende 2022 fünf Zinserhöhungen in den USA eingepreist sind.

Kurzfristige Auswirkungen

  • Analysten bewerten die erwarteten Gewinne und Cashflows eines Unternehmens anhand des Zinsniveaus und leiten daraus einen fairen Kurs für desse Aktien ab. Höhere Zinsen führen zu einer Korrektur bei höher bewerteten und langfristigen Wachstumswerten. Allerdings bestehen unseres Erachtens strukturelle Faktoren (z.B. die hohe Staatsverschuldung), die einen deutlichen Zinsanstieg ausgehend vom aktuellen Niveau begrenzen werden.

Langfristige Auswirkungen

  • Die stark steigende Inflation schafft ein schwieriges Umfeld für Unternehmen, denen es an Preissetzungsmacht und guter Kontrolle über ihre operativen Kosten mangelt. Qualitätsunternehmen mit starken Geschäftsmodellen und verteidigbaren Wettbewerbsvorteilen weisen in der Regel beide dieser Merkmale auf. Sobald sich der Marktfokus wieder auf die Fundamentaldaten der Unternehmen verlagert, werden das Gewinnwachstum und die Erträge erneut die Haupttreiber der relativen Performance darstellen.
  • Selbstverständlich profitieren die Gewinne in einigen zyklischen Sektoren, allen voran Banken und andere Finanzwerte, direkt von höheren Zinsen. Doch bei vielen Unternehmen niedrigerer Qualität, die stark verschuldet sind, wird das Gegenteil der Fall sein. Und wir gehen letzten Endes nach wie vor davon aus, dass die Zinsen im historischen Vergleich niedrig bleiben werden. Für viele zinssensitive Papiere könnte dies also bedeuten, dass der Markt den Großteil der positiven Wirkung steigender Zinsen bereits eingepreist hat.

Omikron

Obschon die Zahl der Infektionen mit COVID-19 im Zuge des Aufkommens der Omikron-Variante gestiegen ist, könnte der mildere Verlauf letzterer das Ende der Pandemie einläuten. Auch die Impfstoffverteilung hat dazu beigetragen, das Verhältnis von Infektionszahlen und Hospitalisierungsrate zu verringern.

Kurzfristige Auswirkungen

  • Der Optimismus darüber, dass das Schlimmste überstanden sein könnte, hat die Anleger zu einer prozyklischeren Haltung in den Industrieländern veranlasst. Dort sind die Impfprogramme weiter vorangeschritten und nähern sich die Volkswirtschaften einer vollständigen Wiedereröffnung. Die Anleger sind verständlicherweise zu der Auffassung übergegangen, dass Qualitätsunternehmen angesichts der Widerstandsfähigkeit, die sie während der Pandemie bewiesen haben, weniger stark von einer Wiedereröffnung profitieren würden.

Langfristige Auswirkungen

  • Es ist denkbar, dass der Einfluss von COVID-19 auf unser Alltagsleben 2022 nachlassen wird. Die Auswirkungen der Pandemie werden uns aber noch geraume Zeit begleiten. Es hat sich gezeigt, wie wichtig robuste Lieferketten sind. Der Welthandel wird einige Zeit brauchen, um sich zu erholen. Und da eine immer weiter fortschreitende Globalisierung möglicherweise in Frage gestellt wird, werden viele Firmen unter Umständen ihre Geschäftsmodelle überdenken müssen.
  • Das zweite Mal innerhalb eines Jahrzehnts hat eine globale Krise aufgezeigt, wie wichtig starke Bilanzen sind, die unerwartete Schocks auffangen können. Die Ereignisse der letzten beiden Jahre haben die höheren Bewertungen von Qualitätsunternehmen bekräftigt. Eine zyklische Erholung nach der Pandemie macht diese Lektion nicht minder bedeutsam.

Anlegerpositionierung und Marktstimmung

Wachstumswerte haben sich in den letzten zehn Jahren stark entwickelt. Da sich die Zinserwartungen nun ändern, streben viele Anleger eine Neuausrichtung ihrer Portfolios an. Und angesichts des relativ konzentrierten Engagements bei „Gewinnern der Pandemie“ haben die Anleger ihren Fokus auf aus der Gunst gefallene Unternehmen mit günstigeren Bewertungen und zyklischerem Exposure verlagert.

Kurzfristige Auswirkungen

  • Allgemein betrachtet haben Energie-, Bank- sowie Reise- und Freizeitwerte stark von der Marktrotation von Qualitäts- in Substanzwerte profitiert. Die Unternehmen in diesen Sektoren weisen in der Regel eine geringere Qualität auf.

Langfristige Auswirkungen

  • Dagegen wurden Sektoren mit stärkerem Fokus auf Qualität wie Gesundheit, Basiskonsumgüter und Technologie von diesen Umschichtungen in Mitleidenschaft gezogen. Angesichts der starken strukturellen Treiber in diesen Sektoren kann sich eine derartige Rotation jedoch nicht unbegrenzt fortsetzen. Darüber hinaus hat sich die allgemeine Marktstimmung in den letzten Wochen deutlich eingetrübt. Vor dem Hintergrund der anhaltenden globalen Pandemie könnten übermäßig starke Zinserhöhungen bei sich verlangsamenden Wachstum den Konjunkturaufschwung gefährden. Hinzu kommen die steigenden geopolitischen Risiken infolge der Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Die Sorgen der Anleger kommen im Verhältnis von Put- zu Call-Optionen im S&P 500 zum Ausdruck, das als Indikator für die Marktstimmung fungiert und jüngst seinen höchsten Stand seit der Verkaufswelle im März 2020 erreicht hat.

  • Ein von einer sich abschwächenden Konjunkturdynamik und Anlegerstimmung geprägtes Umfeld dürfte Unternehmen, die über eine bessere Gewinnvisibilität verfügen, weniger abhängig von zyklischem Wachstum sind und sich in einer stärkeren Finanzlage befinden, relativ betrachtet zugutekommen. Anzumerken ist, dass die Geschäftsentwicklung vieler Qualitätsfirmen trotz der Kursschwäche weiterhin solide ausfällt. Unseres Erachtens dürfte dies die Wertentwicklung beflügeln, sobald die Fundamentaldaten wieder in den Vordergrund rücken.

Wie gestaltet sich der Ausblick?

Trotz der restriktiveren Stellungnahmen seitens der Fed halten wir den Ausblick für Aktien nach wie vor für günstig angesichts des Gewinnwachstums der Unternehmen und der globalen Nachfrageaussichten. Darüber hinaus konnten wir die folgenden Beobachtungen anstellen.

  • Zinserhöhungszyklen sorgen in der Regel für Volatilität an den Märkten. Die Entwicklung in der Vergangenheit legt jedoch nahe, dass sich Aktien generell erholen und gut entwickeln, sobald die Anleger die ersten Turbulenzen verarbeitet haben.
  • Wir sind uns des zunehmenden Risiko politischer Fehltritte bewusst. Angesichts des positiven, aber nachlassenden Wachstums bei gleichzeitig stark steigenden Zinsen besteht die Möglichkeit, dass die Fed zu rasch zu starke Maßnahmen ergreift. Träte dieser Fall während eines Konjunkturabschwungs ein, würden sich Qualitätsunternehmen unseres Erachtens durch eine attraktive Widerstandskraft auszeichnen.
  • Wichtig dabei ist, dass die Zeiträume, in denen Substanzwerte eine deutliche Outperformance verzeichnen, in der Regel kürzer und stärker ausfallen. Es kam bereits zu einer starken Rotation, und es ist denkbar, dass die Substanzrally größtenteils vorüber ist.
  • Anzumerken ist auch, dass sich am Gewinnpotenzial und an den Wachstumsgelegenheiten von Qualitätsunternehmen trotz der Kursschwäche kaum etwas geändert hat. Die bislang veröffentlichten Gewinnzahlen für 2021 belegen diese Ansicht. Dies ist insofern besonders wichtig, als vor allem das Gewinnwachstum als Kurstreiber fungiert, je weiter der Konjunkturzyklus vorangeschritten ist.
  • Sollte sich das Konjunkturumfeld ausgehend vom aktuellen Niveau abschwächen, könnten Qualitätsunternehmen angesichts der von ihnen gebotenen robusten Gewinne und finanziellen Stärke durchaus wieder in der Gunst der Anleger steigen.

Fazit

Trotz des schwierigen Jahresauftakts sind wir in Bezug auf den langfristigen Ausblick für Qualitätsunternehmen sowie deren Fähigkeit, das aktuelle Umfeld zu meistern und überdurchschnittliche Ergebnisse für Anleger zu erzielen, weiterhin optimistisch gestimmt.

* gemessen am MSCI ACWI Index

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
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