“Die Nachricht von der heutigen EZB-Sitzung hat den Euro gestärkt und bereits zu einem Rückgang der 10-jährigen Renditen geführt. Andererseits erhöht sich damit der Druck auf die EZB, zu liefern. Eine Option könnte eine gezieltere Reinvestition der fällig werdenden Ankäufe von Vermögenswerten sein, die stärker auf die Peripherie ausgerichtet ist, auch wenn dies bedeuten würde, dass die EZB ihre Feuerkraft nicht mehr so stark einsetzen kann. Ein neues Instrument könnte dieses Problem angehen und verschiedene Formen annehmen: als neues Kaufpaket, welches zum Beispiel vergleichbar mit dem Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) wäre oder beispielsweise als unbegrenztes Backstop-Instrument, in Form von Outright Monetary Transactions (OMT).
In der ersten Form würde der Gesamtumfang angegeben, und die Käufe könnten in Kürze beginnen. Ähnlich wie beim PEPP könnte es einfacher sein, von den Kapitalschlüsseln mit geringen Auflagen abzuweichen, auch wenn es nicht unbegrenzt sein würde. In der zweiten Variante, die eher dem OMT ähnelt, könnte es sich um einen unbegrenzten Backstop handeln. Dies könnte die effektivere Option sein, bei der die Spreads bei der Ankündigung sinken und erst bei Bedarf aktiviert werden, ähnlich wie in der Rede von Draghi im Juli 2012. Daher könnte eine gewisse konstruktive Zweideutigkeit beibehalten werden, um zu vermeiden, dass ein Niveau der Spreads angegeben wird, bei dem sie handeln könnte, was die EZB de facto zu einer Kontrolle der Renditekurve drängen würde.
Eine unbegrenzte Rücklaufsperre würde es schwieriger machen, von den Kapitalschlüsseln abzuweichen, so dass mehr Konditionalität erforderlich wäre. Dies könnte mit den nationalen Konjunktur- und Resilienzplänen verknüpft werden, die bereits zwischen den Regierungen und der EU-Kommission vereinbart wurden und für die Auszahlungen aus der Konjunktur- und Resilienzfazilität verwendet werden. Allerdings wäre dieses Instrument in einigen Ländern mit einem höheren Risiko verbunden, angefochten zu werden, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in der Vergangenheit gezeigt hat.
Es besteht die Gefahr, dass der EZB-Rat heute zwischen den verschiedenen Formen der Unterstützung gespalten bleibt. Da ein Ausbleiben konkreter Massnahmen zum jetzigen Zeitpunkt zum Scheitern verurteilt sein könnte, sollten die politischen Entscheidungsträger in diesem Fall deutlich machen, dass sie beabsichtigen, eine erhebliche Unterstützung zu leisten. Dies würde mehr Zeit für die Ausarbeitung eines neuen Instruments oder die Wahl eines Kompromisses geben, mit dem letztendlichen Ziel, eine Lösung zu finden, um die Marktfragmentierung wirksam zu bekämpfen.”
Pietro Baffico, European Economist bei abrdn