Bedauerlicherweise hat sich der Hintergrund dieses vierteljährlichen Rückblicks seit dem letzten Globalen Ausblick nicht verändert, denn die Tragödie in der Ukraine setzt sich fort. Dieser Krieg hat in Russland und der Ukraine menschliches Leid und immense wirtschaftliche Schäden zur Folge. Darüber hinaus hat der Konflikt bestehende Trends an zahlreichen Rohstoffmärkten – insbesondere für Energie und Nahrungsmittel – beschleunigt. Im Gegenzug verlangsamt sich das globale Wachstum weiter, und der Aufwärtsdruck auf die Inflation steigt.
Der Konflikt hat bestehende Trends an zahlreichen Rohstoffmärkten – insbesondere für Energie und Nahrungsmittel – beschleunigt. Im Gegenzug verlangsamt sich das globale Wachstum weiter, und der Aufwärtsdruck auf die Inflation steigt.
Zusammen genommen stellen diese Faktoren eine toxische Mischung dar, die die Regierungen und Zentralbanken vor Schwierigkeiten stellt.
Wie beurteilen wir die Weltwirtschaft?
Der Ausblick für die Weltwirtschaft ist mittlerweile mit noch mehr Unsicherheit behaftet. Selbst wenn sich die Belastungsfaktoren durch den Krieg in der Ukraine abschwächen, dürften die Sanktionen gegen Russland auf absehbare Zeit Bestand haben. Folglich dürfte das politische Umfeld angesichts der Angebotsstörungen bei wichtigen Rohstoffen und des Abstrahleffekts auf die Inflation herausfordernd bleiben.
Die US-Notenbank (Fed) und viele andere Zentralbanken arbeiten aktuell das geldpolitische Defizit auf, nachdem sie von der Stärke und Hartnäckigkeit der zugrunde liegenden Inflation überrascht wurden. Die Ukraine-Krise macht all das nur noch schlimmer. Wenn die Inflation so weit über dem Zielwert liegt, ist es schwieriger, über den Anstieg der Preise für Energie und sonstige Rohstoffe hinwegzusehen oder ihn zu ignorieren.
Die Länge dieses Konjunkturzyklus hängt davon ab, inwieweit die Fed die Geldpolitik zur Senkung der Inflation straffen kann, ohne die globale Konjunktur vor dem Hintergrund erhöhter geopolitischer Risiken abzuwürgen. Aber die Gefahr eines Fehltritts ist dabei hoch.
Die US-Notenbank begann ihren Zinserhöhungszyklus im März und erhöhte den Leitzins in diesem Zuge um 25 Basispunkte (0,25%). Dabei scheint es immer wahrscheinlicher, dass die weitere Straffung „früher vollzogen“ bzw. vorgezogen wird. Einige Fed-Vertreter sprachen sich auf der letzten Sitzung sogar für Anhebungen um 75 Basispunkte aus. Dies ist eine deutliche Abkehr von der geldpolitischen Rhetorik (und damit den Markterwartungen) der letzten Monate.
Gleichwohl straffen derzeit nicht alle Zentralbanken ihre Geldpolitik. China beispielsweise agiert genau entgegengesetzt. Wir sind weiterhin etwas skeptisch im Hinblick darauf, dass die politischen Anpassungen tatsächlich ausreichen, um die Fortsetzung der Null-Covid-Strategie Chinas und die anhaltenden Verwerfungen im Immobiliensektor vollständig auszugleichen.
Märkte: zunehmende Unsicherheit und mehr Volatilität
Die letzten Monate waren für die Märkte – gelinde gesagt – schwierig. In diesem Umfeld mit verschärften Finanzierungsbedingungen und einer sich zuspitzenden geopolitischen Lage haben sowohl die Aktien- als auch die Anleihenmärkte herbe Verluste erlitten.
Auch das Performancegefälle an den Aktienmärkten hält an, da die Anleger die Aussichten für bestimmte Bereiche des Technologiesektors und die Preise, die sie zu zahlen bereit sind, neu bewertet haben. Insgesamt betrachtet fiel die jüngste Berichtssaison akzeptabel aus, auch wenn dies im Verhältnis zu den gesenkten Erwartungen zu betrachten ist. Allerdings nehmen die Sorgen in Bezug auf die Kosten und die Lieferkettenstörungen zu.
An den Anleihenmärkten haben die Anleger die vorsichtigere Rhetorik der Zentralbanken rasch eingepreist. Analog zu den Aktienmärkten spiegeln sich die Auswirkungen der Wachstumsverlangsamung allmählich auch in den Kursen von Unternehmensanleihen wider. Darüber hinaus sind Anleihenanleger inzwischen auch vorsichtiger im Hinblick auf Investitionen in bonitätsschwächere Unternehmen geworden.
Covid ist noch nicht vorbei
Erfreulicher ist der Eindruck, dass Covid in vielen Ländern weltweit allmählich aus dem Alltag verschwindet. Gleichwohl führen die jüngsten Lockdowns in China und insbesondere die Strenge der Auflagen in Schanghai und anderswo im Land abermals vor Augen, dass die Lage nicht überall gleich ist. Und sie zeigen aufs Neue, dass die Welt in Sachen Covid eben nur so stark ist wie das schwächste Glied.
Ich habe einen Anlagepfad dargelegt, dessen Bewältigung zunehmend schwieriger erscheint, da verschärfte Finanzierungsbedingungen mit einer komplexeren geopolitischen Lage einhergehen. Doch wie immer werden die Märkte für all jene, die willens sind, ihre Hausaufgaben zu machen und langfristig zu investieren, Chancen bereithalten.
Richard Dunbar, Head of Multi-Asset Research, abrdn