China: Wann sind „risikoreiche“ Unternehmen das Risiko wert?

Es gibt gute Gründe für die Aufnahme chinesischer Anlagen in ein globales Anlageportfolio - ihre Unterrepräsentation im Vergleich zur Wirtschaftskraft Chinas, ihr Potenzial für attraktive Renditen und ihre einzigartigen Diversifizierungsvorteile. abrdn | 12.08.2022 18:00 Uhr
© Photo by Hanny Naibaho on Unsplash
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Für eine Aufnahme chinesischer Vermögenswerte in ein globales Anlageportfolio sprechen gute Argumente: ihre unzureichende Berücksichtigung angesichts der chinesischen Wirtschaftskraft, ihr attraktives Ertragspotenzial und ihre einzigartigen Diversifizierungsvorteile.

Das sich wandelnde regulatorische und geopolitische Umfeld hat nicht nur eine kurzfristige Kursvolatilität zur Folge, sondern auch längerfristige Auswirkungen auf die Risikoprämie, d. h. den zusätzlichen Ertrag für das höhere Risiko, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

Im jüngsten Beitrag einer Reihe von Research Papers, die sich mit den Anlageimplikationen der Veränderungen befassen, denen sich China gegenübersieht, betrachten wir die Rolle Chinas in der Weltwirtschaft und internationalen Anlageportfolios.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier

In diesem Beitrag beleuchten wir die Frage, ob die chinesischen Asset-Preise das Risiko angemessen widerspiegeln und die erwarteten Erträge langfristig günstig bleiben.

Die chinesischen Kapitalmärkte weisen besondere Merkmale auf

  1. Niedriger Anteil ausländischer Anleger. Dies gilt im Verhältnis zur Größe und zum Einfluss der chinesischen Wirtschaft und in Bezug auf die Aktivität der inländischen Anleger.
  2. Asymmetrische Öffnung des Kapitalverkehrs. Kapitalzuflüsse aus dem Ausland unterliegen weniger strengen Beschränkungen als Kapitalabflüsse aus dem Inland.
  3. Der Wachstums- und der geldpolitische Zyklus können sich mitunter vom Rest der Welt entkoppeln. Unsere hauseigenen Tools zeigen, dass die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft einen Sonderweg einschlagen kann.
  4. Inländische Faktoren sind oft wichtiger als ausländische Entwicklungen. Unternehmen des Onshore-Aktienmarktes erwirtschaften beispielsweise über 90% ihres Umsatzes in China.

Wie könnte sich dies in der Performance niederschlagen?

Wir haben den historischen Ertrag eines chinesischen Multi-Asset-Portfolios simuliert, das zu 50% aus Aktien und zu 50% aus Anleihen besteht, wobei sich die beiden Portfoliokomponenten jeweils zu 25% aus Onshore- und zu 25% aus Offshore-Papieren zusammensetzen.

In dem von uns zugrunde gelegten 15-Jahres-Zeitraum (Juni 2006 bis November 2021) hätte sich dieses Portfolio sowohl auf absoluter als auch auf risikobereinigter Basis deutlich besser entwickelt als ein globales 50/50 Multi-Asset-Portfolio.

Außerdem hätte sich das Risiko-Ertrags-Profil des globalen Multi-Asset-Portfolios verbessert, wenn es mit dem chinesischen Multi-Asset-Portfolio kombiniert worden wäre.

In den letzten drei Jahren erzielte das chinesische Multi-Asset-Portfolio einen etwa gleich hohen risikobereinigten Ertrag wie das globale Multi-Asset-Portfolio, obwohl sich der chinesische Wachstumstrend verlangsamt hatte.

Regulatorische Änderungen (und andere Risiken)

Die chinesischen Entscheidungsträger überraschten die Anleger im letzten Jahr mit einer Reihe unerwarteter regulatorischer Eingriffe, die den Immobilien-, den Technologie- und den Sektor der privaten Bildung erschütterten.

Zu diesem Schock kamen andere Sorgen hinzu, so etwa fragwürdige Praktiken bei der Marktordnungspolitik und Corporate Governance, Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit, geopolitische Spannungen mit den USA und die Invasion Russlands in der Ukraine, was Marktturbulenzen zur Folge hatte.

Anleger müssen also am chinesischen Markt zweifellos mit Risiken rechnen – doch das gilt für jeden anderen Markt auch. Daher bedarf es einer Risikobewertung, um einschätzen zu können, ob eine Anlage weiterhin das Risiko wert ist.

Anleger müssen also am chinesischen Markt zweifellos mit Risiken rechnen – doch das gilt für jeden anderen Markt auch. Daher bedarf es einer Risikobewertung, um einschätzen zu können, ob eine Anlage weiterhin das Risiko wert ist.

Langfristige Auswirkungen nach Anlageklassen

Maßnahmen, die eine Entschuldung des Immobiliensektors vorantreiben und Fintech-Unternehmen daran hindern, die für Finanzinstitute geltenden strengeren Vorschriften zu umgehen (Regulierungsarbitrage), dürften die Risiken auf mittlere bis längere Sicht mindern.

Diese Schritte führen uns aber auch vor Augen, dass mit plötzlichen Änderungen der regulatorischen Grenzen auch höhere Risikoprämien, größere Einstiegshürden für die Investitionstätigkeit der Unternehmen und ganz allgemein eine erhöhte Marktsensitivität bezüglich der wahrgenommenen Ziele der Behörden einhergehen können.

Nach unserer Analyse der Daten kommen wir zu folgender Einschätzung für Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen:

  • Offshore-Aktien. Die niedrigeren Kurse spiegeln die regulatorische Unsicherheit in angemessenem Maße wider, wenn man bedenkt, dass 40-50% des MSCI China Index (z. B. Internet-, Bildungs- und Immobilienunternehmen) unmittelbar von regulatorischen Maßnahmen betroffen sind. Ein zusätzlicher Abschlag dürfte infolge der neuen Belastungsfaktoren, darunter mögliche Abstrahleffekte der Sanktionen gegen Russland und die Störungen aufgrund der Null-Covid-Politik Chinas, hinzukommen.

    Sollte dieser Gegenwind nachlassen, würde sich das Aufwärtspotenzial für eine Neubewertung auf mindestens 25% belaufen. Sobald eine Stabilisierung der Gewinnerwartungen eintritt und sich die Auswirkungen der Regulierung durch eine Bottom-up-Analyse quantifizieren lassen, könnten die aktuellen Bewertungen den Anlegern attraktiv erscheinen.

  • Onshore-Aktien. Die Bewertungen waren weniger stark betroffen, da die Sektoren Internet, Bildung und Immobilien lediglich 3% des CSI 300 Index ausmachen. Wichtiger ist, dass inländische Anleger nicht der Auffassung sind, dass die aktuellen regulatorischen Änderungen die Kurse langfristig belasten werden.
    Dies ist nach wie vor unsere bevorzugte Anlageklasse, um am langfristigen Wachstum Chinas zu partizipieren. Die Anleger müssen jedoch die Auswirkungen der regulatorischen Änderungen auf die Rentabilität der Unternehmen genau im Auge behalten.

  • Staatsanleihen. Das Risiko chinesischer Staatsanleihen hält sich weiterhin in Grenzen. Der Markt zeigte sich – gemessen an historischen Standards –relativ unbeeindruckt. Dies ist nicht verwunderlich, da die Entwicklung dieses Marktes in erster Linie von fundamentalen Faktoren (solide Haushaltslage, Finanzstabilität, Außenbilanz und lockere Geldpolitik) bestimmt wird. Ein Ausfall des chinesischen Staates erscheint äußerst unwahrscheinlich, selbst wenn es im Immobiliensektor zu einer harten Landung kommen sollte. Chinesische Staatsanleihen bieten eine attraktive Diversifizierungsmöglichkeit, vor allem angesichts der relativen Unabhängigkeit der Zentralbank.
  • Unternehmensanleihen. Unternehmensanleihen wurden von den regulatorischen Änderungen stark in Mitleidenschaft gezogen, denn Immobilienentwickler sind große Emittenten und die schlechte Stimmung in Bezug auf den Sektor hat sich auf andere Emittenten übertragen, wobei ihrer Bonität keine Beachtung geschenkt wurde. Angesichts unserer Einschätzung, dass der in Not geratene Entwickler China Evergrande nicht als „Lehman-Moment“ zu werten ist, sind wir nicht der Meinung, dass die aktuellen Renditespreads die „neue Normalität“ darstellen.

    Unternehmensanleihen bieten unseres Erachtens eine Chance für aktive Anleger, die eine sorgfältige Selektion vornehmen und durch die Wahl günstiger Einstiegs- und Ausstiegspunkte von diesen Verwerfungen profitieren können.

Louis Luo, Investment Director, Multi-Asset Investment Solutions, abrdn
David Zhou, Investment Manager, Multi Asset Investment Solutions, abrdn

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