China-Investments: Ausblick auf das Jahr 2023

Für Anleger in China ist es ein schwieriges Jahr. Die Null-Covid-Politik des Landes, der Schuldenabbau im Immobiliensektor, die Spannungen im Verhältnis zu Taiwan und die anhaltende Angst vor regulatorischem Druck belasten die Stimmung. abrdn | 16.11.2022 18:27 Uhr
© Photo by Li Yang on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Unsere Themen:

  • Zentrale Erkenntnisse zum 20. Parteitag
  • Wie geht es für die Wirtschaft weiter?
  • Wie geht es für Aktien weiter?
  • Wie geht es für Anleihen weiter?

Der 20. Parteitag, der am 22. Oktober endete, bereitete den Märkten zusätzliche Sorgen. Beim Parteitag festigte Präsident Xi Jinping mit der Bestätigung seiner dritten Amtszeit seine Machtposition an der Parteispitze. Zudem gab er ein neues Führungsteam bekannt, das überwiegend aus ihm loyalen Personen besteht. Die Anlegerinnen und Anleger sind besorgt, dass die benannten Personen den Schwerpunkt auf die Sicherheit und die staatliche Kontrolle über wirtschaftsfreundliche politische Maßnahmen legen. Enttäuscht waren die Anleger auch darüber, dass kein klarer Zeitplan für das Ende der Null-Covid-Politik des Landes festgelegt wurde. Der MSCI China Index sank am folgenden Tag um 6%.

Ein Blick hinter die Schlagzeilen – zentrale Erkenntnisse zum 20. Parteitag

Die Reaktion der Märkte fiel insgesamt überaus negativ aus – obgleich Xis dritte Amtszeit allgemein erwartet worden war. Es gab auch keine neuen bedeutenden politischen Ankündigungen. Auf lange Sicht ist die Gefahr politischer Fehler zwar gewachsen, jedoch sorgt die neue Führungsstruktur potenziell für mehr Klarheit an der Spitze. Xi hat sich außerdem erneut für die Kampagne für „gemeinsamen Wohlstand“ aus dem Jahr 2021 eingesetzt. Deren Ziel ist die Schaffung einer moderneren, sozial gerechteren Gesellschaft mit einem besseren Lebensstandard für alle Bürger. Langfristig ist dies ein gutes Vorzeichen für ein anhaltendes Wachstum des Binnenkonsums.

Um dem Druck des Westens zu begegnen, wird Chinas neuer Fokus auf der Wirtschaft und der Innovationsförderung auch die Bemühungen zur Lokalisierung des Technologiesektors antreiben. Dies würde die Autarkie des Landes und die allgemeine Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft verbessern. Xi scheint es mit seinen Zielen ernst zu sein. Wenigstens sechs neue Politbüro-Mitglieder besitzen Qualifikationen in naturwissenschaftlichen und technologischen Fachgebieten wie Raketentechnik, Nuklearsicherheit und öffentliche Gesundheit. Für Anleger ist dies insofern interessant, als dieser neue Fokus unseres Erachtens zu höheren Investitionen in Bereiche wie erneuerbare Energien und die inländische Halbleiterproduktion führen dürfte.

Die Regierung bleibt auch entschlossen, die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt zu erhöhen. Um seine Ziele zu erreichen – und angesichts der wachsenden Spannungen mit den USA –, wird China auf die Finanzmärkte, ausländisches Kapital und Verbündete im Ausland angewiesen sein. Es ist daher naheliegend zu erwarten, dass weitere Maßnahmen beschlossen werden, die der heimischen Wirtschaft zugutekommen.

Aufgrund dieser erneut formulierten Wirtschaftsziele ist die im Jahr 2021 begonnene regulatorische Neuausrichtung unserer Ansicht nach nun in eine stabilere Phase eingetreten. Xi ging in seiner Rede auch mehrmals auf den Privatsektor zu. Das derzeit ausgewogene Verhältnis zwischen privaten und staatlichen Unternehmen dürfte daher weiter Bestand haben. Das Führungsteam wird sich auch darüber im Klaren sein, dass soziale Instabilität droht, falls sich die aktuelle Wirtschaftslage nicht bessert.

Null-Covid-Politik bleibt – wird aber gelockert

Die Null-Covid-Politik gilt zwar weiterhin, aber die politischen Entscheider lockern die Beschränkungen nach und nach. Neben dem Immobiliensektor wird für Chinas Aussichten für 2023 auch entscheidend sein, ob die Wirtschaft wieder geöffnet wird, was den Konsumausgaben und der Binnennachfrage einen Schub geben würde. Eine Bekanntmachung zur Strategie erwarten wir beim Nationalen Volkskongress im März 2023.

Die grüne Agenda lebt

Präsident Xi bekräftigte das Bekenntnis des Landes zur Klimaneutralität bis 2060. China hat mit 90% bei Solarkraft und 75% bei Batterien den größten Anteil an den globalen Produktionskapazitäten für erneuerbare Energieerzeugung und -speicherung. Volkswirtschaften, die nach Dekarbonisierung streben, benötigen enorme Investitionen in die erneuerbare Energieerzeugung und -speicherung, wovon China profitieren dürfte.

Andere Branchen werden auch ihren Teil zur Dekarbonisierung beitragen müssen. Deshalb erwarten wir höhere Investitionen in die Modernisierung von Maschinen und Anlagen sowie in die Erhöhung der Energieeffizienz. Wir bevorzugen Solar-Wafer-Produzenten, Komponentenhersteller, Anbieter von Batterien und dazugehörigen Komponenten, Firmen mit Bezug zur Automation und Unternehmen mit Fokus auf die Aufrüstung der Stromnetze für eine von erneuerbaren Energien geprägte Zukunft.

Taiwan – wie groß ist die Gefahr eines Konflikts?

Eine neue Entwicklung war, dass die Partei ihre Satzung änderte und einen Passus aufnahm, wonach „Taiwans Unabhängigkeit kategorisch abgelehnt und bekämpft“ werde. Dennoch glauben wir nicht, dass eine Invasion zeitnah bevorsteht. Zum einen wäre dies enorm kontraproduktiv für Xis langfristige Ziele für China, für deren Erreichen er ausländisches Kapital, Technologie und die Unterstützung der Finanzmärkte benötigt. Die geschlossene Reaktion des Westens auf die russische Invasion der Ukraine, unter anderem die Verwendung des Dollar-Systems gegen Russland, dürfte auch China zum Nachdenken angeregt haben.

Wie geht es für die Wirtschaft weiter?

Die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen sind schwierig. Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im 3. Quartal mit 3,9% zum Vorjahr zwar über den Schätzungen, aber insgesamt weisen die Indikatoren darauf hin, dass weitere Maßnahmen zur Lockerung der Fiskal- und Geldpolitik nötig sind. Aufgrund der nur schleppenden Lockerung der Null-Covid-Politik dürften die schwachen Einzelhandelsumsätze und die hohe Arbeitslosigkeit die Wirtschaft weiterhin belasten. Hohe Infrastrukturinvestitionen könnten die Schwäche im Immobiliensektor ausgleichen. Allerdings ist die Dynamik im Immobiliensektor zu gering, als dass es noch in diesem Jahr zu einer Erholung kommen könnte. Die Immobilienverkäufe sind massiv gesunken und dürften infolge des angekratzten Verbrauchervertrauens auch niedrig bleiben. Trotzdem sind Staatsunternehmen in dem Sektor, die nach wie vor Zugang zu Finanzierungsmitteln haben, unseres Erachtens gut aufgestellt, um sich überdurchschnittlich zu entwickeln.

Zudem erkennen wir Potenzial für eine Stabilisierung bei großen, gut etablierten privaten Entwicklungsgesellschaften. Nach der Konsolidierung des obersten Führungskaders der Partei – und in Anbetracht der Bedeutung des Immobiliensektors für die Wirtschaft – rechnen wir mit mehr koordinierter Unterstützung für den Sektor. Bei Bedarf könnten größere Rettungspakete geschnürt werden. Es besteht aber auch ein Risiko, dass sie zu lange untätig bleiben, falls es zu einer Krise kommt. Angesichts dieser gegensätzlichen Faktoren bleibt das Ausfallrisiko in dem Sektor erhöht.

Wie geht es für Aktien weiter?

Nach den jüngsten Rückgängen an den Märkten sind die Bewertungen sowohl aus relativer als auch aus historischer Sicht attraktiv. Die Bewertungen im MSCI China Index liegen beinahe auf einem 20-Jahres-Tief. Bemerkenswert ist auch, dass das schwache gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht zwangsläufig zu schwachen Fundamentaldaten auf der Unternehmensebene führen muss.

Und dann sind da noch die stark unter Druck geratenen digitalen Konsumunternehmen (Alibaba, Tencent usw.). Ihnen haben die Null-Covid-Politik, die weltweit steigenden Zinssätze und die Regulierung im Inland zu schaffen gemacht. Jedoch erwirtschaftet der Sektor nach wie vor hohe Cashflows. Deshalb sind die Bewertungen überaus attraktiv. Die Unternehmen legen den Fokus jetzt mehr auf die Gewinne und kürzen ihre Investitionen. Sollte die Stimmung aufhellen und die Dividendenausschüttungen so großzügig bleiben, könnte dies eine Erholung des Sektors bewirken.

Wir bevorzugen nach wie vor Engagements am Markt für die eher auf die Binnenwirtschaft ausgerichteten chinesischen A-Aktien, von denen viele in den Portfolios der Anleger unterrepräsentiert sind und von diesen übersehen werden. Hier erkennen wir unverändert eine ganze Reihe von attraktiven aktienspezifischen Chancen in langfristigen Themen, die von der Politik profitieren dürften. Diese sind:

Anspruch: Wachsender Wohlstand führt zu einem raschen Anstieg der Nachfrage nach Premium-Produkten

Digital: Wir sehen eine glänzende Zukunft für Cybersicherheit, Cloud-Dienste, Software as a Service und Smarthomes

Grün: Wir sind positiv gestimmt für die Bereiche erneuerbare Energien, Batterien, Elektrofahrzeuge und zugehörige Infrastruktur

Gesundheit: Das rasch steigende verfügbare Einkommen beflügelt die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen

Wohlstand: Zunehmender Wohlstand lässt Wachstum für die Bereiche Verbraucherfinanzierung, Anlagedienstleistungen und Versicherungen erwarten

Wie geht es für Anleihen weiter?

Chinesische Staatsunternehmen verzeichnen in den letzten Monaten eine solide Nachfrage. Wir gehen davon aus, dass sie weiterhin eine starke staatliche Unterstützung erhalten werden, angesichts der Bewertungen bleiben wir aber vorsichtig. Die Spreads der Onshore-Anleihen von Staatsunternehmen werden in den nächsten Monaten unseres Erachtens eng bleiben, weil es an den Onshore-Märkten nicht genügend attraktive Anlagen gibt, die die überschüssige Liquidität im System aufnehmen könnten.

Die Bewertungen relativ zu vergleichbaren Unternehmen in Asien und weltweit sind hoch, weshalb wir Positionen in Kernanleihen von Staatsunternehmen reduziert haben. Aus demselben Grund sind wir in chinesischen Finanztiteln auf dem Offshore-Markt, insbesondere in Großbanken, untergewichtet. Die Liquiditätsbedingungen für Finanzierungsinstrumente lokaler Verwaltungen (Local Government Financing Vehicles, LGFVs) halten wir kurzfristig für günstig – trotz der wachsenden Sorge über die Fähigkeit der lokalen Verwaltungen, Unterstützung zu bieten.

Im Bereich der chinesischen Offshore-Anleihen bevorzugen wir:

  • Starke inländische Akteure mit begrenztem geopolitischem Risiko und einer nach wie vor guten Refinanzierungsfähigkeit
  • LGFVs mit klaren strategischen Aufgaben in ihrer Provinz / Region / Stadt
  • Immobilienanleihen, deren Kassakurs aufgrund einer erwarteten Restrukturierung oder Normalisierung des Geschäftsumfelds niedrig ist.

Im Bereich der chinesischen Onshore-Anleihen:

  • halten wir eine lange Duration im Vergleich zur Benchmark – aus unserer Sicht eine gute Diversifizierung für andere globale Anlagen
  • bevorzugen wir nach der Reduzierung privater Entwickler im Bereich der Onshore-RMB-Unternehmensanleihen in erster Linie solidere lokale Staatsunternehmen / LGFVs
  • beurteilen wir im Währungsbereich den RMB neutral. Die sehr gute Zahlungsbilanz dürfte den RMB langfristig stützen – wenngleich unserer Meinung nach die Entwicklung des US-Dollar das Geschehen an den Märkten kurzfristig weiter bestimmen dürfte.

Abschließende Erwägungen...

Kurz vor dem Jahr 2023 sind viele Punkte zu berücksichtigen. Der letzte Parteitag hat die Märkte beunruhigt. Langfristig spricht unseres Erachtens aber immer noch vieles für China. Darüber hinaus dürften sich Unternehmen, die sich auf die neuen Regulierungsrahmen und die Ziele der Politik – wie digitale Innovationen, grüne Technologien, Zugang zu erschwinglicher Gesundheitsversorgung, private Finanzdienstleistungen und verbesserte Lebensbedingungen – einstellen können, weiterhin gut entwickeln. Wie immer werden umfassende Analysen und vor Ort aus erster Hand gewonnene Erkenntnisse entscheidend sein, um das enorme Potenzial Chinas freizusetzen.

Mehr über unsere China-Kompetenzen erfahren Sie hier.

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