"Der Fortschritt bei der Bildung der Bankenunion ist nach meiner Ansicht grundsätzlich positiv für die Eurozone. Mit der Einigung entsteht ein wirksamer Abwicklungsmechanismus, der die finanzielle Stabilität der EU als Ganzes verbessern und sich daher für Investoren über alle Anlageklassen hinweg günstig auswirken wird. Ist der Mechanismus erst einmal umgesetzt, werden sich ungeordnete Konkurse wie bei Lehman nicht wiederholen.
Künftig werden Banken eine deutlich höhere Eigenkapitalausstattung benötigen, wenn sie auch in schwierigen Zeiten ihren Zugang zum Kapitalmarkt aufrechterhalten wollen. Das früher greifende "Bail-in" der Gläubiger wird den Anleihemarkt belasten, falls sich die Finanzlage des Bankensektors nicht in den nächsten Jahren verbessert. Allerdings könnten die als Abfederung verstärkt aufkommenden Hybrid-Anleihen den Anlegern auch Chancen bieten – vor allem über High Yield Fonds – und die Verwässerung für Besitzer von Bankaktien verringern.
Negativ zu bewerten ist jedoch, dass der gemeinsame Abwicklungsfonds der Eurozone erst 2025 voll in Kraft treten soll. Das schränkt die Fähigkeit der EZB ein, angeschlagene Banken zu schließen. Es untergräbt zudem potenziell die Glaubwürdigkeit des bevorstehenden Bankenbilanztests, der sogenannten Asset Quality Review, durch die EZB und das politische Ziel, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Banken und ihren Heimatstaaten zu durchbrechen. Somit ist der gemeinsame Abwicklungsfonds in der Form nicht stark genug, um die schädliche Aufsplitterung der Kapitalmärkte in der Eurozone zu beenden. Weitere Maßnahmen sind erforderlich. Der entscheidende Schritt ist der Ausbau der EZB zu einer glaubwürdigen Aufsichtsbehörde für Banken im nächsten Jahr."
Dierk Brandenburg, Kreditanalyst für Banken bei Fidelity Worldwide Investment