Kronberg im Taunus, 25. Februar 2014
An der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt. Und die sieht auf dem europäischen Aktienmarkt je nach Branche recht unterschiedlich aus. Europas Aktien sind im vergangenen Jahr schon gut gelaufen. Besonders in der zweiten Jahreshälfte 2013 sind Papiere von schwächeren Unternehmen sogar stärker gestiegen als Qualitätstitel. Diese von Optimismus getriebene Marktrotation hin zu Aktien mit mehr Risiko geht jetzt zu Ende.
Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei der internationalen Fondsgesellschaft Fidelity, beleuchtet in einer dreiteiligen Serie, in welchen Branchen in Europa jetzt Qualitätsaktien mit starken Wettbewerbspositionen zu finden sind, die sich langfristig gut entwickeln dürften. Den Anfang machen Banken:
• Höhere Erträge und starke Bilanzen durch Konjunkturerholung
• Dividendenwachstum stärker als in anderen Branchen
• Deutlich gesunkene Eigenkapitalkosten erhöhen Attraktivität
"Wie kaum eine andere Branche in Europa hat der Bankensektor in den vergangenen Jahren unter dem Vertrauensverlust der Investoren gelitten. In den letzten 18 Monaten hat sich die Stimmung jedoch gedreht: Die Aktienkurse der Banken sind zuletzt deutlich stärker gestiegen als der Rest des Markts. Kursgewinne wurden aber vor allem durch die Neubewertung der Branche in den Augen der Anleger getrieben. Das Gewinnwachstum hat kaum eine Rolle gespielt. Damit es mit der guten Wertentwicklung weitergeht, müssen die Banken nun vor allem die Gewinnerwartungen erfüllen.
Profitiert hat der Bankensektor zuletzt auch von der Normalisierung der Anleiherenditen der Peripherieländer wie Griechenland, Spanien oder Italien. Zum einen ist das Bilanzrisiko deutlich geringer geworden, zum anderen sind die Kreditinstitute jetzt weniger misstrauisch, untereinander Geschäfte zu tätigen. Dazu kommt die gesunkene "Cost of Equity". Dabei geht es um die finanzielle Kompensation, die Aktionäre für die übernommenen unternehmerischen Risiken verlangen. Diese Risikoprämie hat sich zuletzt wieder deutlich reduziert - insbesondere dank der Stabilisierung in den Peripheriestaaten.
Die positive Entwicklung ausgewählter europäischer Banken dürfte aber auch aus anderen Gründen weiter anhalten. Denn Rückenwind für die Kreditinstitute kommt vor allem von der besseren Konjunktur in Europa. Das Wirtschaftswachstum bringt den Banken höhere Erträge und stärkere Bilanzen durch eine steigende Kreditnachfrage, mehr Geschäfte und Wachstum bei den Kundeneinlagen. Viele europäische Banken sind für die Zukunft gut aufgestellt, und diese Stärke wird sich auch im Gewinnwachstum niederschlagen. Ein weiterer wichtiger Treiber für Kursgewinne europäischer Banken sind die Ausschüttungen an die Aktionäre. Viele Institute haben seit Ausbruch der Finanzkrise ihre Dividendenzahlungen eingestellt. Dank der zurückgewonnenen Profitabilität und Bilanzstärke beginnen nun einige Banken wieder damit, Dividenden auszuschütten. Damit nicht genug: Analystenschätzungen zufolge wird das Dividendenwachstum der Branche in den kommenden Jahren das aller anderen Sektoren in Europa übertreffen.
Der Mix aus steigenden Dividenden, dem beginnenden Wirtschaftswachstum und den daraus resultierenden Gewinnsteigerungen dürfte europäische Banken im anhaltenden Niedrigzinsumfeld attraktiv machen. Und weil die Fundamentaldaten nun wieder mehr in den Mittelpunkt rücken, dürften die soliden Banken sich künftig auch wieder deutlich von der Kursentwicklung des Sektors insgesamt abheben.
Aussichtsreich ist beispielsweise die KBC. Die Bankengruppe besitzt ein starkes Retail-Geschäft und bewegt sich in Belgien und der Tschechischen Republik auf einem oligopolistischen Markt. Somit hat sie vergleichsweise wenige direkte Wettbewerber. Darüber hinaus lohnt sich ein Blick auf die Erste Bank aus Österreich. Deren Abschreibungen für Kredite in Rumänien und Ungarn erscheinen jetzt mit Blick auf die Markterwartungen ausreichend. Zudem steht eine Restrukturierung des lokalen Geschäfts in Österreich an, aus der sich Gewinnsteigerungschancen ergeben. UBS bleibt ebenfalls interessant. Viele Marktteilnehmer erwarten einen Rückzug aus dem Investmentbanking, welcher in drei bis vier Jahren abgeschlossen sein soll. Gelänge das, könnten Aktionäre davon profitieren, dass die Bank in der Vermögensverwaltung weniger Kapital einsetzen und weniger Risiken eingehen muss. Bis dahin sind Risiken aus dem Investmentbanking, insbesondere Rechtsrisiken, allerdings nicht auszuschließen."