"Der Ausblick für die europäischen Rentenmärkte bleibt überwiegend positiv. Diese aktuelle Positionierung basiert vor allem auf der Überzeugung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts des Deflationsdrucks innerhalb und außerhalb Europas ihre expansive Geldpolitik beibehalten wird und dass das Anleihekaufprogramm in Kombination mit dem geringen Staatsanleihen-Angebot die Renditen auf extrem niedrigem Niveau halten wird.
Um den Markt nicht zu verzerren, müssen die Anleihekäufe bekanntlich dem Anteil eines jeden Eurolandes am EZB-Kapital entsprechen. Deshalb ist Deutschland der größte Empfänger der Anleihekäufe. Doch wegen seines ausgeglichenen Haushalts erwarten wir, dass das Angebot an deutschen Staatsanleihen weiter zurückgehen wird.
Das EZB-Programm soll bis September 2016 laufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aufkäufe früher beendet werden, ist gering. Die aktuelle europäische Politik ist auf einen schwachen Euro ausgerichtet, weil die exportstarke Wirtschaft davon profitiert. Der Deflationsdruck im Rest der Welt ist offenkundig – in Form einer niedrigen US-BIP-Prognose, einem beständigen Rückgang der chinesischen Produktion sowie dem Absturz der Rohstoffpreise und der US-Importe. Und es ist unwahrscheinlich, dass es ein ausreichendes Wachstum außerhalb der Eurozone gibt, das für positive Impulse sorgt.
Das größte Risiko kommt derzeit von der politischen Seite. Obwohl der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis versucht zu vermitteln, dass die Verhandlungen mit den Gläubigern vorangehen, wird die Situation in Griechenland kritisch betrachtet. Sorgen über einen möglichen Zahlungsausfall des Landes treiben die Volatilität deutlich in die Höhe. Ich erwarte, dass Griechenland höchstens bis Juni seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann und die Volatilität hoch bleiben wird.
Ich halte an der Übergewichtung des Zinsrisikos (Duration) fest. Die Kombination aus niedriger Inflation, geringem Wachstum und der expansiven Geldpolitik der EZB unterstützt die Rentenmärkte in Europa. Die negativen Zinsen haben aber Auswirkungen auf das Anlegerverhalten. So ist es teuer geworden, Cash oder kurzlaufende Staatsanleihen der Kernländer zu halten. Österreichische Bundesanleihen z.B. liefern bis zu einer Laufzeit von drei Jahren eine negative Rendite. Weil das Umfeld europäische Investment-Grade-Anleihen unterstützt, bleiben wir bei unserem deutlichen Übergewicht. Wir erwarten, dass diese Allokation auch weiterhin einen positiven Beitrag zum Gesamtportfolio leisten wird.
Angesichts des Niedrigzinsumfeldes wird der Spielraum für Renditen abseits des Markt-Betas immer geringer. Jenseits der Kernmärkte lassen sich aber noch attraktive Möglichkeiten finden. Dabei halten wir vor allem vier Strategien für aussichtsreich. Dazu zählt erstens das Crossover-Segment – also Anleihen mit Ratingstufen zwischen Investment Grade und Non-Investment-Grade. Sie bieten beispielsweise Chancen, wenn der Markt eine baldige Ratingverbesserung beziehungsweise fundamentale Daten noch nicht erkannt hat. Zweitens können nachrangige Bankanleihen attraktive Renditen liefern. Drittens werden Peripherieanleihen weiterhin von der Suche der Anleger nach Rendite profitieren. Und angesichts der jüngsten geopolitischen Unsicherheiten haben Peripherieanleihen vorübergehend sogar Kern-Staatsanleihen als "safe haven" abgelöst. Als vierte Strategie sollten Investoren das Blickfeld erweitern und wegen Rendite- sowie Diversifikationsvorteilen Papiere in US-Dollar und Pfund als Beimischung ins Portfolio nehmen."
David Simner, Fondsmanager des Fidelity Euro Bond Fund und des Fidelity Euro Corporate Bond Fund