Fidelity Makroausblick: Aussichten der Schwellenländer wieder etwas positiver

Aktueller Makroausblick von Fidelity Solutions, dem Multi-Asset-Team von Fidelity International:
-) Europas Wirtschaft dürfte dieses Jahr stärker wachsen als 2015
-) US-Wirtschaft wiederholt scheinbar das Vorjahresmuster: Auf schwaches erstes Quartal folgt ein starker Wiederanstieg
-) China nähert sich dem Zenit des aktuellen Minizyklus
Fidelity International | 01.06.2016 09:22 Uhr
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Weltweit dürfte die Wirtschaft ihr langsames Wachstumstempo nach dem vergleichsweise verhaltenen Jahresauftakt beibehalten. Unterstützung kommt von den Nachwirkungen der Stimulusmaßnahmen in China und der weltweit entgegenkommenden Geldpolitik. Ein Übriges tut der Aufschwung in den USA. Zudem haben die schwachen rohstoffabhängigen Volkswirtschaften die Talsohle durchschritten. In den Industrieländern sollte der private Konsum dank der guten Beschäftigungslage und real steigender Löhne den Konjunkturmotor antreiben. Inzwischen scheinen die Konjunkturaussichten der Schwellenländer wieder etwas positiver. Aber eine kräftige Erholung ist wegen der nur mühsam vorankommenden Strukturreformen in China unwahrscheinlich.

Eurozone: Stärkeres Wachstum als 2015 erwartet

Mit einem kräftigen Plus von 2,1 Prozent zum Vorquartal sorgte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone im ersten Quartal für eine angenehme Überraschung. Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien schnitten alle besser ab als angenommen. Unerwartet ist zudem die Arbeitslosenquote auf 10,2 Prozent gefallen. Sie nähert sich somit dem Stand vor der Eurokrise an, denn in allen vier großen Volkswirtschaften bessert sich die Lage am Arbeitsmarkt. Aus den Umfragedaten spricht durchweg ein ansehnliches Wachstum im Euroraum nach den starken BIP-Zahlen des ersten Quartals. Unter dem Strich rechnen wir in diesem Jahr mit etwas stärkerem Wachstum als 2015. Die bessere Beschäftigungslage wird das Verbrauchervertrauen stärken und den Konsum beleben. Extrem locker bleiben die Finanzierungsbedingungen. Risiken sehen wir vor allem im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, die innenpolitisch für Turbulenzen sorgt. Gleiches gilt für das voraussichtlich sehr knappe Referendum zum Brexit.

USA: Wirtschaft wiederholt Vorjahrsmuster – auf schwaches erstes Quartal folgt Wiederanstieg

Für das laufende Jahr gehen wir unverändert von einem US-Wirtschaftswachstum zwischen 2,0 und 2,4 Prozent aus. Offenbar wiederholt sich das Muster vom Vorjahr: Auf ein schwaches erstes Quartal folgt ein starker Wiederanstieg. Als verlässlicher Konjunkturmotor wird sich erneut der Konsum erweisen, denn die Beschäftigungslage ist gut – im April wurden 160.000 zusätzliche Jobs geschaffen – und die verfügbaren Einkommen stiegen im Jahresvergleich inzwischen um 2,5 Prozent. Auch die Konsumbarometer lagen im Plus. Die US-Notenbank blieb bei ihrer Aprilsitzung abwartend. Aber laut Protokoll "sind die meisten Mitglieder der Meinung, dass es bei konstanter Datenlage [...] vermutlich angebracht wäre, wenn der Offenmarktausschuss im Juni die Zinsen anhebt". Gleichwohl neigt Fed-Chefin Janet Yellen bekanntermaßen zu einer vorsichtigen Normalisierung der Geldpolitik. Eine Zinsanhebung Ende Juli, wenn die meisten Daten zum zweiten Quartal vorliegen, ist daher wohl wahrscheinlicher. Alles in allem rechnen wir weiterhin mit zwei Zinserhöhungen in diesem Jahr.

Japan: Notenbanksitzung im Juni dürfte viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen

Im Vorjahresvergleich tritt Japans Wirtschaftswachstum bisher auf der Stelle, ein klarer Trend ist nicht auszumachen. Die Einkaufsmanagerumfragen sind im April schlecht ausgefallen. Statt des erwarteten leichten Anstiegs rutschten sie im verarbeitenden Gewerbe weiter unter die Wachstumsgrenze. Wenig Zuversicht sprach auch aus den Einschätzungen der Einkaufsmanager von Dienstleistungsfirmen. Dennoch wird sich nach unserer Sicht Japans Konjunkturerholung ausgehend vom niedrigen Niveau im Vorjahr etwas beschleunigen. Zwar bedeuten das schwache Geschäftsvertrauen und der seit Mitte 2015 erheblich aufgewertete Yen Gegenwind für die Industrie. Aber beim Verbrauchervertrauen könnte es bergauf gehen, denn wir erwarten, dass die für 2017 geplante zweite Stufe der Mehrwertsteuererhöhung verschoben wird. Zudem dürfte die Regierung bald ein Konjunkturpaket ankündigen. Die Bank of Japan überraschte mit dem Verzicht auf geldpolitische Maßnahmen im April die Märkte. Hiermit warf sie Fragen zu ihrer Entschlossenheit auf, ihr Inflationsziel von 2 Prozent zu erreichen. Wir erwarten deshalb, dass die Sitzung am 16. Juni viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Notenbankchef Kuroda betont immer wieder, dass er die Geldpolitik über die Leitzinsen, den Umfang ihres quantitativen Lockerungsprogramms und die Art der aufzukaufenden Vermögenswerte bei Bedarf weiter lockern kann.

China: Wirtschaft nähert sich dem Zenit des aktuellen Minizyklus

Im April hat die Wirtschaft im Reich der Mitte an Dynamik eingebüßt. Alle wichtigen Einkaufsmanagerindices fielen zurück und konnten ihren kräftigen Anstieg vom März nicht behaupten. Allerdings hielt sich der Rückgang in Grenzen, im Schnitt gaben sie auf 51,2 Zähler nach. Das entspricht etwa den Niveaus des ersten Halbjahrs 2015 und liegt über den Umfragewerten bis Februar 2016. Unerwartet schwach tendierte die Industrieproduktion, die mit 6,0 Prozent in etwa gleich stark wuchs wie im Vorjahr. Die Einzelhandelsumsätze sind um 10,1 Prozent gestiegen. Insgesamt scheint Peking in den vergangenen Monaten alle Hebel in Bewegung gesetzt und die Aktivität in einigen Wirtschaftszweigen auf Trab gebracht zu haben. Unsere Einschätzung, dass eine harte Landung in diesem Jahr eher unwahrscheinlich ist, spiegelt sich inzwischen auch in den Konjunkturdaten wider. Erste Anzeichen lassen jedoch vermuten, dass wir uns dem Zenit des laufenden Minizyklus nähern. Schwierig sind vor allem die trotz mäßiger Investitionen in der Privatwirtschaft steigende Verschuldung und die fehlenden Strukturreformen. Zudem könnten Übertreibungen am Immobilienmarkt früher oder später zu Problemen führen.

Schwellenländer: Rohstoff- und Handelsschock des vergangenen Jahres liegt fast hinter uns

Die drei zentralen Einflussfaktoren für die Schwellenländer sind die Entwicklung Chinas, die Rohstoffpreise und die Geldpolitik der US-Notenbank. Die von Stimulusmaßnahmen getragene Stabilisierung Chinas hat das Wachstum in vielen Schwellenländern zwar gestützt, aber ihre Wirkung dürfte allmählich nachlassen. Auch die Zurückhaltung der Fed hat sich bislang günstig ausgewirkt. Aber das dürfte sich ändern, da Inflation und Wachstum in Amerika anziehen und die Währungshüter zunehmend geneigt scheinen, die Zinszügel weiter anzuziehen. Zugleich haben die Rohstoffpreise offenbar ihre Talsohle durchschritten, insbesondere der Ölpreis, denn an den Ölmärkten bessert sich das Angebot-Nachfrageverhältnis. Vor diesem Hintergrund erwarten wir ein etwas stärkeres Wachstum in den Schwellenländern, auch weil der Rohstoff- und Handelsschock des vergangenen Jahres weitgehend hinter uns liegt. Aber angesichts des strukturell langsameren Wachstums in China und mangelnder Reformen in anderen Ländern – von Ausnahmen wie Indien abgesehen –, wird sich die Wachstumsbelebung noch in Grenzen halten.

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