„Seit Anfang des Jahres hat an den Aktienmärkten der ASEAN-Staaten eine Erholung eingesetzt. Für bessere Stimmung sorgten fiskalische Lockerungsmaßnahmen in Asien und Europa sowie die Zinszurückhaltung in den USA. Wieder steigende Rohstoffpreise und Regionalwährungen stellten die Weichen für bessere Handelsbedingungen, niedrigere Inflations- und Zinsraten, verbesserte Kaufkraft sowie höhere Gewinnmargen in der Region. Ein Übriges tat die Verkaufswelle an den chinesischen Aktienmärkten, die Anleger in ASEAN-Aktien umschichten ließ.
Die mittel- und langfristige Entwicklung der ASEAN-Märkte wird entscheidend vom wirtschaftlichen Wohlergehen Chinas und von den Rohstoffpreisen abhängen. Aber insgesamt schätze ich die Wachstumsaussichten für die Region über die kommenden Jahre günstig ein. Auch künftig dürften die ASEAN-Volkswirtschaften schneller wachsen als die Weltwirtschaft. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe wie die demografische Entwicklung, die soliden Staatshaushalte, günstige Inflationstrends und konsumfreudige Verbraucher. Wichtige Impulse gehen zudem von der im letzten Jahr gegründeten Wirtschaftsgemeinschaft ASEAN Economic Community (AEC) aus. Ich rechne dank ihr mit einer Ausweitung des regionalen Handels und der ausländischen Direktinvestitionen in die Region.
Einzelmärkte – Bei Malaysia und Thailand ist Vorsicht geboten
Thailands Binnenmarkt kommt nicht vom Fleck, behindert durch konjunkturelle und strukturelle Probleme. Zu den konjunkturellen Schwächen zählt vor allem die schleppende Auslandsnachfrage. Die anhaltende Dürre im Land wiederum wird den Konsum belasten. Aus struktureller Sicht gibt Thailands Innenpolitik Anlass zur Sorge. Zudem drohen Verzögerungen bei wichtigen Infrastrukturprojekten. Bedenklich finde ich auch den Kreditzyklus im Bankensektor. Neben der hohen Verschuldung der privaten Haushalte könnte sich durch die Dürre die Qualität der Bankenvermögenswerte weiter verschlechtern. Und während bei den Unternehmensgewinnen die Negativkorrekturen anhalten, werden thailändische Aktien immer noch mit einem hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14,8 gemessen an den diesjährigen Gewinnen gehandelt.
Auch mit Malaysias Wirtschaft steht es nicht zum Besten. Schuld sind magere Inlandsausgaben, steigende Kreditkosten und rückläufige Exporte. Da die Regierung um eine Haushaltskonsolidierung nicht herumkommt, drohen zudem höhere Steuern – Stichwort Sündensteuern –, Auktionen von Telekommunikationslizenzen und steigende Abgaben für ausländische Arbeitnehmer. Das könnte die Gewinne der Unternehmen schmälern. Wegen des dürftigen Gewinnausblicks und der hohen Aktienbewertungen bleibe ich daher gegenüber Malaysia vorsichtig.
Der Ausblick für Singapur ist gemischt. Einerseits dürfte sich der Stadtstaat wegen struktureller Probleme wie hoher Kostenstruktur und fehlender neuer Wachstumstreiber mit weiterem Wachstum schwertun. Die Binnenwirtschaft schwächelt, die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Andererseits bietet Singapur dennoch interessante Anlagemöglichkeiten bei Unternehmen, denen das Wachstum in der Region zugutekommt. Außerdem sind die Bewertungen vernünftig mit einem KGV von durchschnittlich 12 basierend auf den für dieses Jahr prognostizierten Gewinnen.
Indonesien hingegen entwickelt sich seit Jahresbeginn besser als die Region. Das ist nicht zuletzt dem starken Wiederanstieg der Währung und dem stabileren Konjunkturverlauf geschuldet. Nach der Kabinettsumbildung im September hat die Regierung an Glaubwürdigkeit und Stabilität gewonnen. Kann sie sich mit der geplanten Steueramnestie durchsetzen, dürften vermehrt Kapital aus dem Ausland nach Indonesien fließen und auch die Steuereinnahmen steigen. Das könnte neue Infrastrukturprojekte anschieben und den Wirtschaftsausblick weiter aufhellen. Zwar ist der indonesische Markt mit einem KGV von 16,3 auf Basis der für dieses Jahr geschätzten Gewinne nicht günstig. Aber das prognostizierte Gewinnplus von 10 Prozent in diesem Jahr ist höher als in den Nachbarstaaten.
Auch die mittel- bis langfristigen Wachstumsaussichten für die Wirtschaft der Philippinen beurteile ich positiv. Für die kommenden Jahre gehe ich von einem realen Wirtschaftswachstum von rund 6 Prozent aus. Neben umsichtiger Geldpolitik, gesunder Haushaltslage und günstiger Inflationsentwicklung gehören zu den wachstumstreibenden Faktoren auch der gute Binnenkonsum und das starke Wachstum durch zunehmendes Outsourcing von Dienstleistungen internationaler Konzerne, von dem die Philippinen profitieren. Die Fundamentaldaten sind weiterhin solide und die Unternehmensgewinne wachsen wie gehabt. Allerdings gehört der philippinische Markt mit einem KGV von 19 auf Basis der Gewinne im laufenden Geschäftsjahr zu den teuersten in der Region.
IT, Gesundheit, Basiskonsumgüter und Telekommunikation übergewichtet
Auf Branchenebene habe ich IT, Gesundheit, Basiskonsumgüter und Telekommunikation übergewichtet. Untergewichtungen bestehen in den Branchen Industrie und Finanzen. Bei letzteren habe ich aufgrund von Bedenken über ein schwächeres Kreditwachstum und die schlechtere Asset-Qualität meine Positionen zuletzt verringert.
Bei Basiskonsumgütern finde ich Puregold Price Club mit seinem stetigen Wachstum attraktiv, dem der gute Binnenkonsum der Philippinen zugutekommt. Ein anderes interessantes Unternehmen in diesem Sektor ist der malaysische Palmölherstellers Kuala Lumpur Kepong. Er ist wegen starker Fundamentaldaten und guter Wachstumsprognosen attraktiv. Auch die erwarteten Preissteigerungen bei Palmöl sprechen für das Unternehmen. In der Telekommunikationsbranche halte ich an Singapore Telecom fest. Stetiges Gewinnwachstum und seit Jahren solide Dividendenrenditen sind meines Erachtens schlagende Argumente. Telekomunikasi Indonesia habe ich wegen seiner dominanten Stellung auf dem heimischen Mobilfunkmarkt und seiner starken Preissetzungsmacht infolge einer überragenden Netzinfrastruktur im Portfolio. In der Gesundheitsbranche behalte ich die Übergewichtung bei der Raffles Medical Group bei. Wegen der Kapazitätsausweitung in China und Singapur dürften die Gewinne kräftig steigen.“
Gillian Kwek, Fondsmanagerin, Fidelity