Anleger sind auch nur Menschen. Und Menschen handeln nicht immer so rational, wie das die Wirtschaftswissenschaft gerne hätte. So kommt es, dass sie an der Börse mit dem Strom schwimmen, sich von negativen Nachrichten aus Politik und Wirtschaft verunsichern lassen und Entscheidungen immer wieder aus dem Bauch heraus treffen. Vor allem schätzen sie Risiken häufig falsch ein. Die Angst vor Verlusten lässt sie oft überstürzt und unüberlegt handeln. Denn der Schmerz über den Verlust einiger Tausend Euro wird stärker empfunden als die Freude über einen Gewinn in gleicher Höhe.
Was also tun? Auch wenn der Mensch zum Glück seine Emotionen nicht abschalten kann – in Gelddingen zumindest kann das Wissen um weitverbreitete Anlageirrtümer helfen, diese bewusst zu vermeiden.
Vorsicht vor diesen Anlageirrtümern:
1. Herdentrieb
Viele Anleger lassen sich von dem leiten, was andere tun und folgen einfach dem Herdentrieb. Sie verkaufen, wenn andere verkaufen und die Kurse fallen. Und sie kaufen, wenn andere kaufen und die Kurse steigen. Das ist zwar bequem, kann aber gefährlich werden. Denn wer der Herde hinterherläuft, trennt sich häufig zu früh von eigentlich aussichtsreichen Titeln und kauft andere dafür zu spät. Der Herdentrieb führt an der Börse oft zu übertriebenen Reaktionen, kann Rallys oder Ausverkäufe ohne ausreichende Basis nach sich ziehen. Ein Beispiel dafür ist die Dotcomblase Ende der 1990er-Jahre, als Investoren reihenweise in vermeintlich aussichtsreiche Unternehmen investierten, ohne dass diese bereits solide Fundamentaldaten vorzuweisen gehabt hätten. Der Ausgang ist bekannt: Die Blase platzte Anfang des Jahres 2000, viele Anleger erlitten massive Verluste.
2. Selbstüberschätzung
Anleger neigen auch zur Selbstüberschätzung. Sie wiegen sich in Sicherheit, wo Vorsicht geboten wäre. Während sie sich in Bezug auf die individuellen Risiken rund um ihr Vermögen oft Sorgen machen, nehmen sie die Risiken des Marktes nicht ernst. So mancher Anleger geht in sehr stabilen Marktphasen oder in Zeiten eines Aufwärtstrends davon aus, dass die guten Zeiten noch lange, quasi ewig, anhalten werden. Dadurch verpassen sie im schlimmsten Fall den Zeitpunkt zum Ausstieg aus einem Investment. Andere geben sich der Illusion hin, sie hätten die volle Kontrolle über ihre Investments, werden dann von plötzlichen Marktbewegungen überrascht und verkaufen voreilig. Und wieder andere überschätzen ihr Fachwissen und halten sich für halbe Profis. Das führt dazu, dass sie übermäßig viel handeln, um schnelle Gewinne zu erzielen, und im Endeffekt Verluste machen, denn jede Transaktion kostet Geld.
3. Angst vor Verlust
Es ist ein alter Instinkt: Menschen vermeiden lieber Verluste, als Gewinne zu machen. Die Angst vieler Anleger vor Verlusten ist allzu verständlich, kann aber selbst zum Risiko werden. Denn paradoxerweise gehen Menschen an der Börse oft sogar ein höheres Risiko ein, um Verluste zu vermeiden. So halten sie in vielen Fälle lieber eine Aktie, deren Kurs stark gefallen ist, um ihren Verlust nicht realisieren zu müssen – und zwar auch dann noch, wenn wenig Aussicht besteht, dass sich der Kurs je wieder erholt. Aktienmärkte korrigieren aber oftmals in drei Schritten, bevor es wieder bergauf geht. Nur halten viele Anleger es nicht aus, diesen Zyklus bis zuletzt durchzustehen. Fällt der Kurs einer Aktie, sitzen sie vielleicht noch die erste Kurskorrektur aus, ebenso die zweite. Fällt der Kurs aber in einer dritten Welle, verkaufen sie den Titel aus Angst vor weiteren Verlusten – und damit oft genau zur falschen Zeit. Denn nach der dritten Kurskorrektur ist der Kurs oft auf seinem Tiefpunkt angelangt, um danach wieder zu steigen.
Ausstieg oft zum falschen Zeitpunkt
4. Informationsmangel
Bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, machen Anleger sich häufig nicht die Mühe, alle wichtigen Informationen zu berücksichtigen. Das liegt natürlich daran, dass es so viele davon gibt. Experten sprechen vom „Information overload“. Aktuelle Börsen- und Wirtschaftsnachrichten, Geschäftsberichte von Unternehmen, Studien von Analysten, Meldungen über eventuell aussichtsreiche Unternehmen – all das ist für Anleger jederzeit und überall abrufbar. Das Übermaß an Informationen schafft bestenfalls die Illusion von Transparenz, sorgt gerade bei Laien aber eher für Unsicherheit und Verwirrung und verhindert so eine rationale Anlageentscheidung. Ein weiteres Problem: Anleger greifen oft nur auf jüngste Nachrichten zurück, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Dadurch investieren sie oftmals nur deshalb in eine Aktie, weil diese aktuell häufig in den Medien auftaucht, oder sie fokussieren sich auf eine Branche, die an der Börse gerade besonders bejubelt wird. Das greift meist zu kurz.
5. Denkfehler
Ein Grundproblem des menschlichen Denkens: Das Gehirn kann mit reinen Zufällen nicht gut umgehen, wie Neurobiologen herausgefunden haben. Es will immer Muster erkennen und kausale Zusammenhänge herstellen, auch in zufälligen Ereignissen. Ein Beispiel: Jemand wirft 20.mal eine Münze, jedes Mal zeigt sie „Kopf“. Die meisten Menschen gehen nun automatisch davon aus, dass beim nächsten Wurf auf jeden Fall „Zahl“ dran sein muss – und begehen damit einen Denkfehler namens „Gambler’s Fallacy“. Tatsächlich ist es bei jedem Münzwurf aufs Neue gleich wahrscheinlich, ob „Kopf“ oder „Zahl“ an der Reihe ist. Die vorangegangenen Münzwürfe haben keinerlei Einfluss auf den folgenden Münzwurf. Ein ähnlicher Denkfehler unterläuft auch so manchem Anleger. Er lässt sich zum Beispiel durch Vergangenheitsdaten aufs Glatteis führen. Eine Aktie, die sich in den vergangenen fünf Monaten gut entwickelt hat, muss sich deshalb auch in Zukunft gut entwickeln, lautet dann die Annahme. Oder Anleger versuchen, in Kursbewegungen Muster zu erkennen, um damit die nächsten Bewegungen vorherzusehen. Die simple Wahrheit lautet: Die weitere Börsenentwicklung lässt sich nicht berechnen – und ob die Kurse in Zukunft steigen oder fallen, hängt nicht davon ab, wie sie sich in der Vergangenheit entwickelt haben.