- Luxussektor als China-Proxy in Portfolios nutzen
- LVMH: Chinesische Kunden generieren bei Mode größten Anteil am Umsatzwachstum
- Auslandstourismus als nächster Wachstumssektor
Internationale Luxusgüterfirmen gehören zu den größten Nutznießern des chinesischen Aufschwungs nach Corona. Über sie können Anleger sich in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt engagieren, ohne ihr Geld in Unternehmen aus dem Reich der Mitte anzulegen.
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik und der Wiederöffnung der Wirtschaft hat China auf umfangreiche staatliche Konjunkturprogramme verzichtet, die in vielen westlichen Ländern die Haushaltsdefizite in den letzten Jahren in die Höhe getrieben haben. Anders als in der Vergangenheit dürften dieses Mal die Verbraucherausgaben den Löwenanteil zum Aufschwung beisteuern. Zwar kommt der Konjunkturmotor langsam auf Touren, aber der Aufschwung verläuft zögerlich und nicht in allen Sektoren gleich stark. Von der Erholung profitiert daher bisher nur eine kleine Auswahl von Sektoren und Unternehmen.
Dazu gehören globale Luxusfirmen, die vor der Pandemie laut Bain & Company 33 Prozent ihres Umsatzes in China erwirtschafteten. Dieser Anteil sank im letzten Jahr auf unter 20 Prozent, da Peking an seiner Null-Covid-Politik festhielt. Seit der Aufhebung sämtlicher Corona-Beschränkungen wächst die Wirtschaft im Reich der Mitte wieder kräftig. Luxushersteller gehörten zu den ersten, denen die wieder erwachte Konsumfreude der Chinesen zugutekommt. LVMH, zu dem die Marken Louis Vuitton, Christian Dior und Fendi gehören, legte am 12. April neuste Quartalszahlen vor. Seine chinesische Kundschaft hatte eigenen Angaben zufolge den größten Anteil am Umsatzwachstum in den Bereichen Mode und Lederwaren. Nach Branchenschätzungen könnte der Gesamtjahresumsatz in China wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen.
Stellvertretend auf ausländische Luxuskonzerne setzen
Das Interesse der Anleger an Luxusfirmen wächst, da diese unter anderem als Möglichkeit gesehen werden, sich in China zu engagieren, ohne den Gegenwind am chinesischen Aktienmarkt mitzbekommen. Dieser hat aufgrund strengerer Regulierungen im Technologie-, Bildungs- und Immobiliensektor in den letzten Jahren kräftig zugenommen. Das durch diese Maßnahmen beschädigte Verbrauchervertrauen ging auch an der Luxusbranche nicht spurlos vorüber. In letzter Zeit kommen ihr jedoch die enormen Ersparnisse zugute, die ihre zahlungskräftige Kundschaft während der Pandemie angehäuft hat.
Der S&P Global Luxury Index besteht zu 80 Prozent aus Aktien zyklischer Konsumgüterfirmen und zählt LVMH, Richemont, Hermes, Mercedes sowie Kering zu seinen wichtigsten Bestandteilen. Seit 2021, als sich der Pro-Kopf-Verbrauch in China dank anfänglicher Erfolge bei der Eindämmung von Covid erholte und um 13 Prozent stieg, lässt der Luxusindex den breiteren MSCI China Index und den CSI Overseas China Internet Index hinter sich. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die Entwicklung dieser Indizes seit Jahresbeginn vergleicht - also seit dem Ende Chinas Null-Covid-Politik.
Zum 1. Januar 2021 auf 100 indexiert; Quelle: Refinitiv Datastream, Fidelity International, April 2023
Natürlich lässt die Wertentwicklung der Vergangenheit keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu, und ein Teil des Konsumaufschwungs im Reich der Mitte ist bereits eingepreist. Tatsächlich geht das größte Risiko für diese Ersatzposition, auch Proxy Trade genannt, von ihrem Erfolg aus. So ist die Bewertung des Luxusgütersektors nach den unlängst überraschend hohen Gewinnen gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis auf über 30 geklettert, während der Durchschnitt für den MSCI China bei 10,6 liegt.
Noch Luft nach oben?
Und wo ist der nächste Proxy Trade? Wir glauben, dass sich auch über den Auslandstourismus stellvertretend vom Aufschwung in China profitieren lässt. Japan, Korea und Thailand erwarten in den kommenden Wochen eine Flut chinesischer Touristen. Die Buchungen auf Reise-Apps für einen einwöchigen Urlaub rund um den 1. Mai sind sprunghaft gestiegen und 18 Mal höher als vor einem Jahr. Das wird den Umsatz mit Kosmetika, Lebensmitteln und Getränken, in Hotels und Duty-Free-Shops hochschnellen lassen. Auf der Einkaufsliste der Touristen aus China könnte auch australischer Wein stehen, zumal inzwischen Tauwetter zwischen beiden Ländern herrscht.
Der MSCI World with China Exposure Index bietet bereits eine Auswahl an Rohstoff-, Halbleiter- und Telekommunikationsunternehmen mit engem Bezug zur chinesischen Wirtschaft. Diese Sektoren sind jedoch nicht so nah dran an der aktuellen Konjunkturerholung in China, die im Gegensatz zu früheren Zyklen stärker vom Konsum getragen wird. Ihre Kurse haben sich daher weniger erholt als die von Luxusherstellern.
Schon immer waren die mit China verbundenen Anlagechancen nicht auf das Reich der Mitte beschränkt. Anlagen in internationale Firmen, die Nutznießer des chinesischen Aufschwungs sind, bieten ein besseres Risiko-Renditeprofil. Zudem könnten sie für eine größere Anlegergruppe interessant sein, die vom China-Aufschwung lieber über die Modehäuser in Paris als über die geschäftigen Malls in Peking profitieren will.
Von Taosha Wang, Multi-Asset-Fondsmanagerin bei Fidelity International