Die Kapitalmärkte haben sich als widerstandsfähig erwiesen und trotzen der vorhergesagten Rezession. Ob sie dies auch weiterhin tun, ist jedoch fraglich. Das letzte Quartal des Jahres ist oft ein Vorbote für das nächste Jahr. Andrew McCaffery, Global CIO bei Fidelity International, sieht drei Themen, die die Richtung der Märkte im kommenden Jahr beeinflussen könnten.
1. Divergierende Signale
Die Inflation ist im dritten Quartal gesunken. Trotzdem ist Vorsicht geboten, da sich hinter den Schlagzeilen zur gesunkenen Inflation ein differenzierteres Bild verbirgt. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Straffung der Geldpolitik weniger schnell als von den Zentralbanken erhofft auf die Realwirtschaft durchschlägt. Viele Unternehmen erhalten beispielsweise Zinsen auf ihre Einlagen, zahlen aber zugleich niedrige Zinsen auf ihre während der Pandemie abgeschlossenen Kredite mit mehrjährigen Laufzeiten. Wir glauben, dass der Transmissionsmechanismus eher verzögert als unterbrochen ist und sich die Situation schnell umkehren könnte - insbesondere, wenn die Unternehmen im kommenden Jahr mit der Refinanzierung ihrer Schulden beginnen.
Die Analysten von Fidelity International rechnen in den kommenden sechs Monaten mit einem durchschnittlich moderaten Preisanstieg und verweisen auf den anhaltenden Druck auf die Lieferketten in einigen Sektoren wie beispielsweise in der Industrie und bei Kommunikationsdiensten. Die Federal Reserve hat das Inflationsproblem noch nicht gelöst.
2. Anhaltend hohe Zinsen
Die Zentralbanken haben aus ihren Fehlern von vor zwei Jahren gelernt und dürften den Inflationsdruck dieses Mal nicht unterschätzen. Folglich dürften die Zinsen länger auf einem hohen Niveau verharren. Im Hinblick auf die Fälligkeiten von Unternehmensanleihen scheint diese Strategie jedoch riskant. Viele unserer Analysten erwarten, dass die Zinsbelastung für die von ihnen betreuten Unternehmen um 15 bis 20 Prozent steigen wird.
Die Situation ist nach wie vor so unsicher, dass wir eine Rezession weiterhin für wahrscheinlich halten. Wir schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine zyklische Rezession, bei der die Arbeitslosigkeit in den USA in den kommenden zwölf Monaten auf 4,4 bis zu 6,5 Prozent ansteigt, bei rund 60 Prozent liegt.
3. China - einige Lichtblicke inmitten der Unsicherheit
Das mangelnde Verbrauchervertrauen behindert die Erholung von China nach der Pandemie. Zum Teil kann man dies auf den psychologischen Tribut zurückführen, der in Folge der jahrelangen Abriegelungen entstanden ist. Die politischen Entscheidungsträger sehen jedoch auch einige Schlüsselsektoren, wie den Immobiliensektor als bedeutend für die Stimmung. So ist es unwahrscheinlich, dass chinesische Verbraucherinnen und Verbraucher Geld ausgeben, solange ein Großteil ihres Vermögens in einem rückläufigen Immobilienmarkt gebunden ist.
Peking versucht den Sektor wiederzubeleben und hat einige Hürden für den Erwerb von Wohneigentum und Hypotheken gesenkt. Wir erwarten allerdings keine massiven Anreize, da sich die politischen Entscheidungsträger vor einer Schuldenspirale hüten werden. Die Bemühungen, das Verbrauchervertrauen zu stärken, sind jedoch ein positives Zeichen für den Markt. Ein weiterer Lichtblick ist der sich gut entwickelnde Dienstleistungssektor. Derweil werden die Aktien mit fast historischen Abschlägen gegenüber den globalen Märkten gehandelt. Wir haben das zur Kenntnis genommen.
Den vollständigen Ausblick für das 4. Quartal finden Sie hier.