Emil Wolter, Portfoliomanager und Analyst für Aktien aus Asien und den globalen Schwellenländern, reist regelmäßig nach China, um Unternehmen zu besuchen und sich vor Ort ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Diesmal begleitete ihn sein Kollege David Raper, Geschäftsführer und Portfoliomanager von Comgest Far East Limited, um unter anderem an der JP Morgan Konferenz in Peking teilzunehmen.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und drei Tage in einem Hotel in Peking vermitteln noch keinen vollständigen Eindruck von der chinesischen Wirtschaft. Trotzdem finden Sie in den folgenden Zeilen ein paar zentrale Eindrücke, die hauptsächlich aus Begegnungen mit rund 25 Unternehmensvertretern entstanden sind. Die betreffenden Unternehmen haben mit einem breiten Spektrum von Aktivitäten zu tun – Halbleiter, Gesundheit und Pharmazeutik, Einzelhandel (online und offline), verarbeitendes Gewerbe, IndustrieAutomation, Hotelmanagement, Online-Spiele, Immobilien, Hafen- und Flughafenbetrieb, Internet und Bildung.
Was die angenehmeren Seiten angeht (vor allem, wenn man hier wohnt), war das Wetter in Peking ausnehmend gut und die Luft überraschenderweise viel besser als bei meinem letzten Besuch vor einem Jahr. Im Jahr 2013 staunten wir eine ganze Woche über die mangelnde Komplexität des Himmels über Peking – dieses Phänomen entsteht durch den dichten Smog – und noch mehr über die Tatsache, dass man drei Stunden lang mit dem neuen ultraschnellen (und sehr schönen) Zug in Richtung Schanghai fahren musste, bevor sich dies änderte. Diesmal war die Luft zwar nicht unbedingt frisch, aber doch wesentlich besser, und wir hatten tatsächlich fast so etwas wie strahlend blauen Himmel. Wenn dies das Ergebnis von Lis Umstellung auf neue Prioritäten und ein Nebenprodukt der zurück- gefahrenen Produktion ist ... ein Hoch auf beide!
Auf einer konkreteren Ebene waren Anzeichen der rückläufigen Konjunktur nach wie vor in den meisten Segmenten sichtbar: Reisen, Einzelhandel, Immobilien und Produktion. Jemanden, der in den letzten Jahren die Wirtschaft und den Aktienmarkt verfolgt hat, dürfte das allerdings kaum überraschen.
Dies führt immer noch dazu, dass sich das Umsatzwachstum einer Reihe von Branchen nach wie vor verlangsamt. Das gilt beispielsweise für Einzelhändler, die immer noch von „rückläufigem flächenbereinigtem Wachstum“ sprechen, aber auch für die rückläufigen Transaktionen auf dem Immobilienmarkt, für die langsamere Zunahme des Luftverkehrs und sogar für die deutliche Verlangsamung auf dem Sektor der Produktverpackungen.
Da die Unternehmen Zeit brauchen, um sich anzupassen, setzt diese Situation ihren Cashflow weiterhin unter Druck. Tatsächlich sind diverse Branchen offensichtlich und wiederholt von Verlängerungen der Kapitalbindungsdauer gekennzeichnet. Die Sektoren Gesundheit und Pharma haben nach wie vor Probleme mit Zahlungen von Krankenhäusern. Im Einzelhandelsbereich sind insbesondere im gehobenen Luxussegment die hohen Lagerbestände nach wie vor problematisch.
Das liegt zum Teil daran, dass manche Unternehmen die Veränderung des geschäftlichen Umfelds zu spät und manche sie noch gar nicht erkannt haben. Es ist immer noch recht üblich, dass Unternehmen trotz der merklich rückläufigen Nachfrage weiter expandieren.
All das bedeutet, dass für viele Unternehmen der externe Finanzierungsbedarf Vorrang besitzt. Und dies wiederum hat einen Aufschwung in der Begebung von Wandelanleihen ausgelöst. Es war sehr oft von Wandelanleihen als „günstige Möglichkeit, zusätzliches Geld zu beschaffen“ die Rede, wobei die Möglichkeit der späteren Verwässerung eklatant außer Acht gelassen wurde. Da diese Instrumente zu relativ niedrigen Bewertungen begeben wurden, müssen Investoren darauf achten, wie sie sich in Zukunft auf den jeweiligen Gewinn je Aktie auswirken werden...
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