Ein Kommentar von David Roberts, Head of Fixed Income, Kames Capital:
"Im Januar veröffentlichte ich den Artikel „Anleihenmärkte 2014 - Keine Wiederholung von 2013, aber im Grunde ähnlich“. Da wir uns der Jahresmitte nähern, erachte ich es für sinnvoll, über meine Prognosen nachzudenken.
Das positive Muster der Fixed-Income-Renditen, das wir bisher gesehen haben, ist demjenigen der gleichen Zeitspanne im 2013 sehr ähnlich. Und zwar so sehr, daß die Bewertungen insgesamt ziemlich übertrieben aussehen. Nun stellt sich die Frage: Wird das zweite Halbjahr 2014 die Vorjahresperiode ebenfalls wiederholen, und werden die Anleiheinvestoren damit steigenden Renditen gegenüberstehen? Unser Basisszenario ist, daß die Renditen im weiteren Jahresverlauf tatsächlich steigen werden, wenn vielleicht auch nicht so aggressiv wie im 2013. Deshalb haben wir das Beta-Engagement in unseren Portfolios weiter reduziert. Vielleicht ist dies eine altmodische Ansicht, aber es scheint nach wie vor logisch, bei anziehenden Kursen das Risiko zu verringern.
Zahlreiche Kernrenditen für Staatsanleihen streifen ein Allzeittief. Dennoch wird uns wiederholt gesagt, daß dieses Segment in zahlreichen Portfolios untervertreten sei und daß Anleger vor allem kurze Laufzeiten suchten. Dies passt eindeutig nicht zu der Tatsache, daß die Kurse wesentlich gestiegen sind. Noch nie wurden Rentenpapiere so hoch gewichtet, doch ein großer Teil des zugeführten Geldes wird gegenüber festen Benchmarks verwaltet. Die Leute, die dieses Geld verwalten – Leute wie ich –, sehen wenig Wertsteigerungspotenzial im Markt-Beta.
Welche Strategie soll also verfolgt werden? Kurzfristig orientierte Händler werden dem Trend weiterhin folgen, bis Yellen, Draghi oder Abe ihnen etwas anderes sagen. Langfristig orientierte Investoren finden jedoch „Genug ist genug“ und senken ihr Zinsrisiko. Die Märkte für Staatsanleihen sind überkauft; aggressive Investitionen auf diesem Niveau lassen sich nicht rechtfertigen.
Unternehmensbilanzen bleiben Investment-Grade-Credits stark, da die meisten Unternehmen weiterhin nicht willens oder in der Lage sind, zu investieren, und es nur wenige M&A-Aktivitäten gab. Am Rande kam es zu einer Zunahme an Fusionen, die zu einer Bedrohung für die entsprechenden Anleihen werden könnten. Doch bisher waren die Fusionen begrenzt auf den Telekommunikations- und den Pharmasektor, von denen uns zurzeit keiner besonders interessiert. Gesamthaft betrachtet sind die Spreads gegenüber Staatsanleihen noch immer nahe am Niveau von vor der Finanzkrise. Wir zögern auch bei diesem Trend, ihm zu folgen. Noch immer gibt es eine ganze Menge Käufer, die den Mut haben, jeglichen Renditevorteil gegenüber Staatspapieren aufzunehmen. Dies stützt die Kurse – bis jetzt.
Kurse von Hochzinsanleihen führen ihren unermüdlichen Weg nach oben weiter. Dadurch bieten die Bewertungen wenig Schutz vor Volatilität oder Ausfällen. Obschon die Nachfrage stark erscheint, haben einige der anspruchsvolleren neuen Emissionen mit hohem Hebel damit gerungen, eine gute Performance zu erzielen. In den Sekundärmärkten scheint es für sie keine anhaltend hohe Nachfrage zu geben. Der Hochzinsmarkt war Hauptprofiteur des Strebens nach Erträgen. Bis es eine offensichtliche Alternative für Erträge gibt, bleiben Hochzinsanleihen eine Anlagekategorie, die sich beizubehalten lohnt. Während der Markt haussiert, verringern wir unser Engagement in Beta weiter, und fokussieren unser Risikobudget stattdessen darauf, bei der Aktienauswahl längerfristiges Alpha anzustreben. Auch hier gilt: Wir sehen keinen Anlass, dem breiten Markt hinterher zu jagen.
In aufstrebenden Märkten ist der Wert im Verhältnis zu anderen Anleihemöglichkeiten mit erhöhtem Risiko, wieder einmal, ziemlich angemessen. Auf das Risiko hin, uns zu wiederholen, sind wir auch hier der Ansicht: Es gibt keinen Anlass, dem Markt hinterher zu jagen. Wir warten aber geduldig auf die Gelegenheit, eine aggressivere Kaufhaltung einzunehmen. Sofern es zu einer ordentlichen Abschwächung kommt, sehen wir in den aufstrebenden Märkten bei Staatsanleihen ein besseres Wertpotenzial als bei Unternehmensanleihen.
Schließlich ein Kommentar zum Hybridkapital, einem Thema, zu dem wir in letzter Zeit häufig befragt wurden. Als Team rühmen wir uns damit, „einzig und allein in Anleihen“ zu investieren. Deshalb stellen Hybride für uns entsprechend eine Randgruppe dar. Wir betrachten sie von Fall zu Fall und werden, in einzelnen Fällen, keine Investitionen tätigen, da die Schuldenstruktur zu stark nach Aktienkapital aussieht. Unsere Strategie ist einfach – wir kaufen Anleihen und vermeiden, wo immer möglich, Aktienrisiken. In einem diversifizierten Portfolio hat es wie für die meisten Instrumente auch für Hybride Platz. Ein aggressives Engagement tendiert dazu, unter positiven Marktvoraussetzungen gut zu funktionieren, kann aber bei einem Richtungswechsel desaströs sein.
Werfen wir einen Blick auf den Rest des Jahres, so stützen die monetären Stimuli in Japan und China, und möglicherweise Europa, die Kurse vorerst. Dies schafft aber die Möglichkeit einer scharfen Kehrtwende später in diesem Jahr. Auf das Jahr umgerechnete Renditen von ungefähr 10% lassen den Markt stark nach 2013 aussehen. Dieser Eindruck wird wohl nicht von Dauer sein; es sei denn, die Rentenmärkte werden doch noch von einer „ordentlichen Deflation“ samt ausgedehnten Wertpapierkäufen gestützt und nicht nur von „Deflationsängsten“, wie dies bis jetzt der Fall war. Für Aktien und die risikoreicheren Teile des Fixed-Income-Marktes wäre dies offensichtlich gefährlich."