Die jüngste Emission einer 10-jährigen Schweizer Staatsanleihe zu einem Negativzins kann nicht isoliert betrachtet werden und hat vielschichtige Auswirkungen:
Erstens wird sie zu den Bemühungen beitragen, den Schweizer Franken zu schwächen, insbesondere gegenüber dem Euro. Die Emission folgt auf die früheren Senkungen des SNB-Einlagenzins (auf -0.75%), mit der Absicht, Anleger davon abzuhalten, ihr Barvermögen in Schweizer Franken als Sichteinlagen bei der SNB zu parken, und um auf diese Weise die Nachfrage nach Schweizer Franken zu senken.
Zweitens stellt sie für die Regierung eine günstige Finanzierungsquelle dar in einem durch negative Inflation geprägten Umfeld. In der Schweiz gingen die Preise im ersten Quartal um 0.9% zurück. Das bedeutet, dass die Realrendite, die sich aus der Nominalrendite abzüglich der Teuerungsrate errechnet, für Anleger nach wie vor positiv ausfallen kann.
Besteht das Risiko einer nachhaltigen Deflation?
Es besteht dennoch das Risiko, dass eine vorläufig negative Inflation, vor allem in Kombination mit einer zu starken Währung, zu einer nachhaltigen Deflation führt. Die Notenbanken möchten dem durch weitere "unkonventionelle" Massnahmen entgegenwirken, vor allem durch quantitative Lockerungsmassnahmen.
In diesem Zusammenhang bestätigt das QE-Programm der EZB unsere Auffassung zu europäischen Anleihen alles in allem. Das EZB-Programm überwiegt sämtliche makroökonomischen Erwägungen, und wenn auch nur wegen seiner bedeutenden markttechnischen Auswirkungen. Vor allem das Ungleichgewicht zwischen der EZB-Nachfrage nach bestimmten Anleihen und dem verfügbaren Angebot führt zu einem anhaltenden Abwärtsdruck auf die Renditen (und Spreads) entlang der Kurve und des Rating-Spektrums.
Das wiederum verteuert Anleihen und zwingt Anleger zum Kauf von Anlagen mit höherer Rendite, die aber häufig risikoträchtiger sind, wie etwa Aktien. Dies gilt insbesondere für diejenigen Schweizer Anleger, die schwergewichtig in Wertpapiere aus dem Inland investieren müssen und nun damit zu kämpfen haben, dass sie mit Hilfe ihrer traditionellen Anlageinstrumente nicht mehr die angestrebten Renditen erzielen können.
Die weiteren Auswirkungen negativer Renditen sind spekulativer Natur, so etwa eine wachsende Präferenz für die Bargeldhaltung. Zu guter Letzt möchten wir jedoch darauf hinweisen, dass man das Risiko der Greater-Fool-Theorie nicht ausser Acht lassen soll.
David Roberts, Head Fixed Income, Kames Capital