2017 hat bei vielen Kommentatoren für Verwirrung gesorgt. Anleger, die an einer starken Gewichtung der Aktienmärkte festgehalten haben, wurden trotz der Sorgen über Bewertungsniveaus und verschiedene geopolitische Ereignisse reich belohnt. Weltweite Aktien erzielten bis Ende November eine Rendite von über 11 Prozent gemessen in Pfund Sterling und über 21 Prozent bezogen auf den US-Dollar. Grundlage war das unerwartet kräftige Wachstum der Realwirtschaft und folglich auch der Unternehmensgewinne. Diese wurden nicht von einem entsprechenden Anstieg der Inflation begleitet, der die Währungshüter zu einer aggressiven Straffung der Geldpolitik gezwungen hätte. Mit Blick auf 2018 scheint eine derartige Überraschung unwahrscheinlich. Die Prognosen für Wachstum und Gewinn sind inzwischen wesentlich realistischer. Das heißt aber nicht, dass man den Glauben an Aktien verlieren sollte.
Das ganze Jahr habe ich Anleger ermutigt, bei Aktien long positioniert zu bleiben. Die Gründe dafür waren sowohl zyklischer als auch struktureller Natur. Zum einen hatte ich erwartet, dass die Unternehmen angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs in vielen Ländern prosperieren würden. Zum anderen war eine enorme Liquidität vorhanden und ich ging davon aus, dass die Renditen von Anleihen etc. wohl auf lange Sicht unvorteilhaft bleiben würden und die Anleger waren eher untergewichtet. Ungeachtet der Kursgewinne an den Märkten in diesem Jahr bin ich der Ansicht, dass sich kaum etwas geändert hat.
Die wirtschaftlichen Aussichten für Europa und Japan sind solide. In China deutet alles auf ein solides Wachstum von mehr als 6 Prozent hin und die Wirtschaft in den USA beendet das Jahr mit einem kräftigen Plus. Lediglich Großbritannien scheint schwach, aber das dürfte bereits in den Kursen eingepreist sein. In diesem Klima dürften Unternehmen sich glänzend entwickeln. Ich sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass Anleger starke Aktiengewichtungen aufgebaut haben. Abgesehen von Technologiewerten gibt es keine Anzeichen für Selbstgefälligkeit (stattdessen herrscht weitverbreitet Sorge).
Besonders beliebt ist Japan angesichts der konjunkturellen Erholung und der unverändert günstigen Geldpolitik. Außerdem wurde das Wirtschaftsprogramm von Premier Abe (Abenomics) nach der Wahl im Oktober fortgesetzt und Anleger wenden sich weltweit wieder verstärkt dem Land der aufgehenden Sonne zu.
Ich gebe zu, dass ich nicht mit einer derart günstigen Entwicklung an den Märkten gerechnet hätte. Die Volatilität befindet sich auf einem historischen Tief. Das ist sicher von Vorteil. Dennoch glaube ich angesichts extrem solider Unternehmensgewinne, dass die Marktbewegungen unter anderen Bedingungen kaum anders ausgefallen wären. Wahrscheinlich ist es naiv, für 2018 eine ähnlich steile Aufwärtsbewegung an den Märkten zu prognostizieren. Aber die Rückkehr zur Volatilität kann ironischerweise beruhigend sein. Denn dann sind die Anleger sich sicher, dass die Gewinne „hart verdient“ wurden.
Wenn die Volatilität zurückkehrt, wird dies voraussichtlich hauptsächlich dem Verhalten der Anleihemärkte zuzuschreiben sein. Ein weiteres Jahr mit positiven Nachrichten aus der Wirtschaft wird jene bestärken, die erneut höhere Zinsen am langen Ende fordern. Sofern die Inflation nicht deutlich und nachhaltig steigt – was ich bezweifle – werden die Anleiherenditen wohl auf einem für die Aktienmärkte günstigen Niveau verharren statt sich zu einer attraktiven Alternative zu entwickeln. Folglich sollten Unternehmensanleihen 2018 ungeachtet der teilweise recht geringen Kreditspreads Staatsanleihen übertreffen. Vor allem Hochzinsanleihen könnten sich als große Gewinner der US-Steuerreform erweisen – sofern Trump endlich liefert.
Ein Treiber der positiven Erträge in diesem Jahr war der schwächere US-Dollar. Bei einem schwachen Dollar steigt der relative Wert anderer Anlagemöglichkeiten rund um den Globus. Schwellenländer haben in besonderem Umfang vom schwächeren US-Dollar profitiert. Sollte der Dollar 2018 unangemessen aufwerten, könnte dies ein Problem für die Märkte darstellen. Wir können jedoch gewiss sein, dass die US-Währungshüter schmerzlich gelernt haben, dass die Dollar-Rally vor zwei Jahren unliebsame Folgen hatte. Daher werden sie alles versuchen, um eine übermäßige Aufwertung zu verhindern.
Insgesamt sieht es danach aus, als würde 2018 für die Anleger ein ebenso gutes Jahr wie dieses. Wenngleich es wahrscheinlich spannender werden wird. Ich empfehle, an Aktienpositionen festzuhalten. Mir fällt es nach wie vor schwer, einen Sinn in Cash-Positionen zu sehen, außer zur Ausnutzung gelegentlicher Turbulenzen am Markt, die per se kaum vorhersehbar sind. Anleger, die an ihren Barpositionen festhalten, zahlen einen relativ hohen Preis angesichts der Renditen bei Aktien und wohl auch bei Anleihen.
Stephen Jones, Chief Investment Officer, Kames Capital