Die Hochsaison neigt sich dem Ende zu, die Sonnenbrille bleibt immer häufiger im Etui. Jetzt lohnt ein Blick durch die Anlagebrille auf die beliebtesten Urlaubsländer. Das Aktienteam von Kames behielt den Überblick.
Spanien – Allan Clarke
Für europäische Urlaubsgäste hat Spanien mit seinem fabelhaften Wetter und schönen Stränden zweifellos einiges zu bieten. Doch wie sieht es für Anleger aus? Man könnte das Land zusammen mit seinen südeuropäischen Nachbarn einfach abschreiben. Wir favorisieren einen konstruktiveren Ansatz.
In den vergangenen zwölf Monaten gab es zwei innenpolitische Konflikte in Spanien: Zum einen das polarisierende Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien und zum anderen die Ablösung des Premierministers nach einem Misstrauensvotum. Trotz der unvermeidlichen Fragen über die Stärke der wirtschaftlichen Erholung des Landes nach der Krise lohnt es sich bei der Suche nach Anlageideen, den Blick stärker auf spanische Firmen zu richten, die in ihren jeweiligen Branchen international führend sind. Eine davon dürfte vor allem denjenigen Urlaubern gefallen, die in diesem Jahr nach Spanien geflogen sind. Angesichts der Streiklust der französischen Fluglotsen und Mitarbeitern diverser Fluggesellschaften in diesem Sommer ist es ein Wunder, dass dort überhaupt noch Flugzeuge abgehoben sind. Wenigstens die Software für Buchungen, Passagierverwaltung und Abflugkontrolle scheint in guten Händen zu sein. Denn Marktführer Amadeus bedient einen wesentlichen Teil des Airline-Sektors.
Und was tat man in Spanien, wenn man feststellte, dass die Kleidung im Koffer nicht für die Gluthitze von 45 Grad in diesem Jahr geeignet war? Man konnte beispielsweise einen Zara-Store besuchen, um sich dem Shopping-Erlebnis beim omnipräsenten Modekonzern Inditex hinzugeben.
Fazit: Sonne. Meer. Sand. Shopping. Softwarelösungen....Perfekt!
Norwegen – Allan Clarke
Wenn man die dänische Gemütlichkeit und Herzlichkeit genossen hat und einfach nicht genug vom schwedischen Lebensgefühl „Lagom“ bekam, lohnte sich eine Reise in das dritte skandinavische Land:
nach Norwegen. Dort konnte man feststellen, dass die Norweger allen Grund haben, glücklich zu sein mit ihren herrlichen Fjorden, schönen Gebirgen, wunderbaren Wanderwegen, unbeschreiblichen Skiregionen – und nicht zuletzt mit ihrem Erdöl. Billig wurde die Reise allerdings nicht. Nachdem man sein Auto gemietet hat (selbstredend ein Elektroauto, genau wie die Einheimischen), seine Helly Hansen-Outdoor-Ausrüstung beschafft hat und es endlich nordwärts ging, hätte man es vielleicht bereuen können, nicht die Pauschalreise in die Türkei gebucht zu haben. Eine einheimische Süßigkeit vermochte die Stimmung zu heben, bei deren Genuss man sich Gedanken darüber machen konnte, ob der norwegische „Kvikk Lunsj“ („Schnellgericht“) nicht der beste Schokoriegel der Welt ist.
Fazit: Wenn man Ölförderanlagen und Fischfarmen nicht so gerne mag und die Ausgaben sich summieren, sollte man die Finanzen vielleicht erstmal vergessen. Lieber sollte man auf die atemberaubende Landschaft konzentrieren und bei einer Bootstour entspannen. Zurücklehnen, die Auszeit genießen –und einen Kvikk Lunsj probieren.
Italien – Michael Nicol
Mit den Gebirgsseen im Norden, dem Reichtum an historischen Orten in der Mitte und den herrlichen Stränden im Süden bietet Italien dem Touristen alles – anders als der italienische Aktienmarkt.
Ständige politische Umwälzungen, hohe Staatsverschuldung und ein Renditeniveau bei zehnjährigen Staatsanleihen unweit der Rekordmarke seit Einführung des Euro (150 Basispunkte höher als in Deutschland) sorgen dort in diesem Jahr für hohe Volatilität. Der Aktienmarkt profitierte in den ersten vier Monaten des Jahres von den sich erholenden wirtschaftlichen Fundamentaldaten. Anschließend kehrte der Markt zur gewohnten Unsicherheit zurück. Auslöser waren die politischen Wechsel und die Sorge vor den schädlichen Auswirkungen der Wirtschaftspolitik auf die Erholung von der über zehn Jahre zurückliegenden, aber immer noch spürbaren Finanzkrise.
Fazit: Geeignet nur für abenteuerlustige Anleger oder Touristen.
Griechenland - Michael Nicol
Mit seinen historischen Stätten im Norden, traumhaften Stränden in der Mitte und wunderbaren Inseln im Süden ist Griechenland ein wahres Traumziel für Touristen. Aber was ist mit dem griechischen Aktienmarkt? Für Anleger ist er schon lange ein Alptraum. So hat der MSCI Greece Index gegenüber 2007 um 96 Prozent verloren. Kürzlich ist das dritte Rettungspaket im Volumen von 86 Milliarden Euro ausgelaufen. Derzeit sitzt das Land auf einem Schuldenberg von rund 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und damit trauriger Spitzenreiter der Eurozone.
Fazit: Aktienmärkte lieber meiden, aber durchaus ein lohnendes Urlaubsziel.
USA – Carolyn Bell
Der US-Aktienmarkt befindet sich gestützt durch Steuersenkungen, einem Rekordtief bei der Arbeitslosigkeit und einer historisch guten Stimmung bei kleinen Unternehmen auf einem Höhenflug. Das Umfeld für Anleger ist also glänzend. In den USA herrscht traditionell ein wirtschaftsfreundliches Klima. Und Unternehmen, die beschließen, sich in San Francisco niederzulassen, werden feststellen wie rege und lebhaft die Stimmung dort ist. Wer lieber Blumen im Haar trägt, sollte weiter Richtung Süden nach Venice Beach gehen, wo Schlangenbeschwörer gerade alles versuchen um zu verhindern, dass Snapchat den Immobilienmarkt verschlingt. Sie machen sich Sorgen um den Klimawandel? Nehmen wir San Diego, eine der wenigen Städte der Welt, in denen man weder Klimaanlage noch Heizung braucht. Aber Flugreisende aus Europa verspüren unter Umständen das Bedürfnis, zur Wiedergutmachung für die Flugmeilen ein Bäumchen zu pflanzen. Wem, besonders zu Herbstanfang, der Sinn nach großen und wundervollen Dingen steht, dem empfehlen wir New York mit seinen bunten Menschenmassen und dem leuchtenden Wolkenhimmel. Ob man den Trump Tower sehen muss, bleibt Ansichtssache. Auf alle Fälle sollte man sich beim Zücken der Kreditkarte auf Überraschungen gefasst machen. Selten waren Reisen in die USA für Europäer so teuer wie heute. Daher lieber etwas zurückhalten!
Frankreich – Mark Peden
Ein Besuch der französischen Riviera ist ein echter Genuss. Gerade als die Siegesparty nach der Wahl Macrons zu Ende ging, versetzte die französische Nationalelf mit ihrem WM-Sieg das Land in diesem Sommer in einen neuen Stimmungstaumel. Man sollte genug Bargeld mitnehmen, wenn sich die exklusiven Louis Vuitton-Handtaschen und Seidenschals von Hermes buchstäblich aufdrängen. Sofern es überhaupt gelingt, nach Frankreich zu kommen. Am besten, man checkt ein paar Tage zuvor, ob die Fluglotsen ihre Arbeit wieder aufgenommen haben.
Türkei – Mark Peden
Die Türkei ist angesichts der dramatischen Abwertung der türkischen Lira derzeit möglicherweise das günstigste Reiseziel der Welt. Seit Jahresbeginn hat sich der Wert gegenüber dem US-Dollar nahezu halbiert. Man sollte unbedingt an Kreditkarte und ausreichend Bargeld denken, da die Banken möglicherweise aus Furcht geschlossen bleiben werden. Auch flexible Darlehen bei türkischen Banken sollten Sie unter allen Umständen vermeiden, da durch die fallende Währung drastische Zinserhöhungen drohen. Gehen Sie shoppen, gehen Sie aus und verwöhnen Sie sich mit all diesen einmaligen Schnäppchen.