Wir von Kames Capital haben festgestellt, dass einige der besten Hochzinsanleihen die Eigenschaften ihrer Anleger widerspiegeln: zurückhaltend, zuverlässig – und oft todlangweilig. Was also ist zu halten von diesem „reizlosen“ Geschäft mit seinen stets attraktiven, aber gleichzeitig sicheren Cashflows? Uns überzeugt es – was nicht zuletzt am Gegensatz zwischen dem glamourösen kalifornischen Autobauer Tesla und der soliden Münchener Traditionsfirma BMW deutlich wird. Und darum halten wir einen Teil unserer besten Positionen in so „schillernden“ Branchen wie Pappkartons, Bestattungen, Herstellung von Dosen und Gel-Umhüllungen für Ihre Schmerztabletten. Glanz- und Glamourstories lassen sich viel öfter am Aktienmarkt finden. Genau so mögen wir das!
Kürzlich wurde unsere These auf die Probe gestellt, als der US-Elektroautobauer Tesla seine erste konventionelle Hochzinsanleihe lancierte. Tesla ist zweifellos ein beeindruckendes Unternehmen. Die Fahrzeuge sind Technologie-Wunder, die ihren Pendants fast in jeder Hinsicht überlegen sind. Unsere Kollegen am Aktienmarkt haben das sicherlich großzügig honoriert. Der aktuelle Aktienkurs von Tesla impliziert einen Unternehmenswert (Gesamtwert aus Schulden und Eigenkapital), der sich auf rund das 96-fache des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (EBITDA) beläuft. Am High Yield Markt wird das EBITDA stellvertretend für den Cashflow herangezogen, was etwas unpassend, aber bequem ist. Es bildet – weitestgehend ohne Bilanzierungstricks – den Cash-Ertrag ab, den eine Firma aus ihren Vermögenswerten erwirtschaftet. Das 96-fache ist eine ganze Menge! Zyniker könnten unterstellen, dass im Aktienkurs bereits alles Gute eingepreist ist, was Tesla jemals widerfahren ist oder wird.
Der renommierte Autohersteller BMW ist im Bereich konventionelle Premiumautos extrem gut aufgestellt und erzielt gleichzeitig mit den bestechenden Modellen i3 und i8 erhebliche Fortschritte bei der Elektrifizierung von Fahrzeugen. Egal in welche Richtung sich die Automobilindustrie entwickeln wird, würden wir ohne zu zögern unterschreiben, dass Tesla mit von der Partie sein wird – aber BMW ebenso. Die Bayern verfügen mittlerweile über ein bedeutendes und hoch rentables traditionelles Autogeschäft, über Jahrzehnte gewachsenes Know-how in diesem Sektor und ein Cashflow-Profil, das gewaltige Investitionen in Forschung und Entwicklung unterstützen kann.
Praktischerweise bewertet die Börse BMW mit 61 Milliarden US-Dollar und Tesla (60,7 Milliarden US-Dollar) nahezu identisch. Bei Cashflow und Größe trennen sie aber Welten. Tesla hat im vergangenen Jahr etwas mehr als 76.000 Fahrzeuge produziert, während bei BMW 2.360.000 Fahrzeuge vom Band liefen. Das entspricht in etwa einem Verhältnis von 31:1. Der eigentliche Unterschied liegt jedoch im Cashflow. Mit Blick auf diese Kennzahl wird BMW am Markt aktuell nur mit dem 7,5-fachen des aktuellen EBITDA bewertet, während Tesla auf das 96-fache kommt. Kaum Wunder, dass der Markt davon ausgeht, dass Tesla in Zukunft deutlich wachsen „sollte“.
Da die Ambitionen von Tesla derzeit weit über seine Cashflow-Möglichkeiten hinausgehen, versucht das Unternehmen, über den High Yield Markt die Lücke zwischen den nötigen Investitionen für eine bessere Bewertung und dem aktuellen Cashflow zu schließen. Für uns ist das die Antithese zum eigentlichen Sinn und Zweck einer Hochzinsanleihe. Durch den Kauf von Tesla-Anleihen stellt der Anleger Wachstumskapital mit allen damit verbundenen Abwärtsrisiken einer Aktie bereit, gleichzeitig profitiert er aber nur vom (beschränkten) Aufwärtspotenzial einer Anleihe. Obwohl wir Tesla als Unternehmen sehr schätzen, gefällt uns dieses Risiko-Ertrags-Profil nicht und wir haben uns nicht an der neuen Emission beteiligt. Wir ziehen Firmen vor, die tatsächlich und nicht nur voraussichtlich Cashflows erwirtschaften, die für die Rückzahlung des Kapitalbetrags samt Zinskupon erforderlich sind. In guten Zeiten haben neue und dynamische Unternehmen durchaus ihren Reiz. Wir bei Kames glauben aber nicht, dass dieser Ansatz lohnend für unsere Kunden ist – vor allem, wenn genau das Gegenteil für Anleger am Rentenmarkt in der Regel deutlich attraktiver ist. Wenn unsere Präsentationen deshalb etwas weniger elektrisierend ausfallen, nehmen wir das gerne hin.