Ein Kommentar von Colin Dryburgh, Portfoliomanager des Kames Global Diversified Growth Funds
Die Schlagzeilen zeigen, dass sich das Vereinigte Königreich durch die Wahl von Boris Johnson mit großer Mehrheit für die Beendigung der Brexit-Sackgasse entschieden hat. Noch wichtiger für die Finanzmärkte ist, dass die Wähler Jeremy Corbyns Vision einer sozialistischen Utopie, die eine radikale Reform der Funktionsweise der britischen Wirtschaft versprach, abgelehnt haben. Beide Ergebnisse dürften die Märkte erleichtert aufatmen lassen.
Ausstieg dürfte zu Anstieg von Investitions- und Verbraucherausgaben führen
Für 2020 sieht die Regierung von Boris Johnson vor, ein Freihandelsabkommen mit der EU zu schließen. Eine große Aufgabe, die viele als unerreichbar und mit Herausforderungen verbunden einschätzen. Dennoch dürfte das Umfeld zunächst günstig sein. Die britische Wirtschaft ist durch die politische Unsicherheit der letzten Jahre in einer Flaute. Auch wenn die Unternehmen es vorgezogen haben, in der EU zu bleiben, dürfte der beschlossene und sanfte Ausstieg beträchtlich zurückbehaltene Unternehmensinvestitionen und Verbraucherausgaben hervorrufen. Ein Anstieg der Konjunkturdaten zu Beginn in 2020 ist zu erwarten. Es ist die Saison zum Einkaufen und internationale Investoren haben bereits britische Vermögenswerte zu vergünstigten Preisen gekauft. Dies dürfte sich fortsetzen und an den Aktien- und Immobilienmärkten an Fahrt gewinnen.
Vom Aufschwung profitieren
Der Aufschwung kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Weltwirtschaft, insbesondere das verarbeitende Gewerbe, beginnt, von der jüngsten Entspannung der Finanzsituation zu profitieren. Britische Unternehmen außerhalb Großbritanniens erhalten einen Impuls, die negativen Auswirkungen eines höheren Wechselkurses auszugleichen. Das Verhältnis von Pfund zum Dollar ist aktuell um fast drei Prozent gestiegen. Es bleibt zu hoffen, dass die USA und China eine erste Einigung in ihrem Handelsstreit erzielen und die Partie nicht verderben.
Während des Wahlkampfes wurden Anleger stets durch die Aussicht auf eine lockere Finanzpolitik bestärkt. Wenn Boris einen zweiten Wahlerfolg feiern will, dann müssen seine Tory-Anhänger Geld fließen lassen. Er versprach bald einen Etat, das muss gelingen.
Das Ende vom Anfang
Unabhängig davon wie die Wahl ausging, sie versprach einen Sprung ins Ungewisse. Während es nun beschlossene Sache ist, dass das Vereinigte Königreich die EU so schnell wie möglich verlassen wird und gleichzeitig die Möglichkeit eines wirtschaftlichen "No-Deal"-Ausstiegs vermieden wird, ist dies, wie ein ehemaliger Bewohner von Nr. 10 Downing Street sagte, nur das Ende vom Anfang. Zeit zu Feiern, doch es bleibt noch viel zu tun, um die Stagnation der letzten drei Jahre wieder aufzuholen.