Aegon AM Fixed Income Chef: Werden auch die Finanzmärkte vom Coronavirus befallen?

In den letzten Tagen haben die chinesischen Behörden drakonische Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass das neueste Coronavirus eingedämmt wird und sich nicht weiter in China und anderen Ländern ausbreitet. Die Finanzmärkte haben auf die Flut von Nachrichtenmeldungen reagiert. Doch was bedeutet die Furcht vor dem Coronavirus für potenzielle Investitionsmöglichkeiten? Aegon Asset Management | 30.01.2020 15:58 Uhr
Hendrik Tuch, Head of Fixed Income bei Aegon Asset Management / © Aegon AM
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auswirkungen von SARS und MERS auf die Märkte

In den letzten Jahrzehnten konnten bereits sechs verschiedene Coronaviren beobachtet werden. Einige dieser Viren sind noch immer endemisch. Sie verursachen meist grippeähnliche Symptome und in einigen schweren Fällen eine Lungenentzündung. Die bekanntesten sind SARS (November 2002) und MERS (September 2012), wobei das erste Virus weltweit 8.000 Menschen infiziert hat, während die Schätzung für MERS bei etwa 2.500 Patienten liegt. Aktuell sind etwa 6.000 Personen mit dem Corona-Virus aus Wuhan infiziert. Unter Berücksichtigung der vergleichsweise langen Inkubationszeit für dieses spezielle Virus wird sich die Zahl in den kommenden Wochen wahrscheinlich noch erheblich erhöhen. Die internationalen Gesundheitsbehörden haben aus früheren Corona-Ausbrüchen gelernt. Sie arbeiten intensiv zusammen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu begrenzen und einen Impfstoff zu entwickeln.

Die unmittelbaren Auswirkungen der vergangenen Gesundheitskrisen auf die Weltwirtschaft waren äußerst gering. Anfang des Jahres 2003 kam es zu einer vorübergehenden Abschwächung des Wachstums in Hongkong, da Geschäftsreisende und Touristen die Region mehrere Monate lang mieden. Die globalen Aktienmärkte verzeichneten im Winter 2002 zwar einen Rückgang von mehr als 10%, dies hing jedoch größtenteils mit dem Platzen der Internet-Blase im Jahr 2001 und deren Folgeerscheinungen zusammen. Die Stimmung an den Aktienmärkten war bereits geschwächt, als SARS im Jahr 2002 die Region China traf. Dies war ein weiterer Grund, weshalb die Aktienkurse weiter fielen. Als das MERS-Virus im September 2012 in die Schlagzeilen geriet, befand sich die europäische Wirtschaft noch mitten in einer Staatskrise, die zu griechischen Zahlungsausfällen und Rettungspaketen für andere Peripherie-Länder führte. Dies war die Hauptursache für die rückläufigen Aktienpreise in der ersten Hälfte

des Jahres 2012, das MERS-Virus hat die Messlatte für die globalen Aktienmärkte nicht höher gelegt. Aufgrund dieser Beispiele gelangen wir zu der Schlussfolgerung, dass Gesundheitskrisen an sich eher geringe Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben. Sie können jedoch die negative Entwicklung der Aktienmärkte noch verstärken, wenn die Marktstimmung bereits gedämpft ist. Für bestimmte Branchen wie das Reise- und Gastgewerbe werden die Auswirkungen deutlicher und in den Einkommenszahlen spürbar sein, da es einige Zeit dauern wird, bis Touristen wieder den Wunsch haben, die betroffene Region zu besuchen.

Coronavirus könnte Konjunktur Asiens negativ beeinflussen

In den letzten Monaten konnten wir einige Verbesserungen der globalen Wachstumsdynamik feststellen, wobei die PMIs und andere Indikatoren auf eine Stärkung des Wirtschaftswachstums hindeuten. Dieser Trend wird durch das jüngste (kleinere) Handelsabkommen zwischen China und den USA unterstützt, vor allem weil es gelungen ist, eine weitere Zollerhöhung zu vermeiden. Die Zentralbanken unterstützen ebenfalls weiterhin das globale Wachstum, indem sie ihre Bilanzen ausweiten und die offiziellen Zinssätze auf einem historisch niedrigen Niveau halten. Wir erwarten zudem, dass viele Zentralbanken der Emerging Markets nachziehen werden. Denn viele von ihnen können es sich aufgrund des günstigen Inflationsumfelds leisten, die Zinsen zu senken. Wir gehen nicht davon aus, dass der Wuhan-Virus die Weltwirtschaft zum Erliegen bringen wird. Jedoch werden in den kommenden Monaten einige asiatische Wachstumszahlen negativ beeinflusst werden. 

Zeitpunkt für einen Einstieg?

Seit Anfang des Jahres mussten die Finanzmärkte bereits zwei bedeutende Nachrichtenereignisse verdauen. Zum einen die Ermordung des iranischen Generals Soleimani durch die US-Regierung, die nach wie vor zu einer Eskalation der Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran führen könnte. Nur zwei Wochen später bringen die Medien Live-Ticker zu Wuhan. Nach beiden Ereignissen reagierten die Finanzmärkte reflexartig: Sie verkauften Risikoanlagen und kauften Safe-Haven-Assets. Auch der Ölpreis veränderte sich nach beiden Ereignissen deutlich, zum einen mit einem kräftigen Anstieg unmittelbar nach der Liquidation Soleimanis und zum anderen mit einem starken Rückgang in den letzten Tagen aufgrund von Befürchtungen über eine sinkende Erdölnachfrage. Nach dem ersten Vorkommen in diesem Jahr kehrte sich die anfängliche Marktreaktion schnell um, da die Aktien ihren Aufwärtstrend wieder aufnahmen und die Ölpreise tendenziell niedriger ausfielen. Seit Ende letzter Woche erleben wir einen Ausverkauf an den Aktienmärkten und einen Rückgang von etwa 3% an den chinesischen Aktienmärkten. Diese waren zuvor wegen des Chinesischen Neujahrsfestes geschlossen. Interessanterweise begannen die US-Aktienmärkte bereits gestern wieder zu steigen, noch bevor sie das Ausmaß des Rückgangs der chinesischen Aktienmärkte kannten. Die Erholung der US-Aktien ist unserer Ansicht nach ein Beweis für die positive Stimmung an den Aktienmärkten. 

In unseren Portfolios werden wir den Rückgang der Aktien aus den Schwellenländer nutzen, um unsere Übergewichtung in Risikoanlagen zu erhöhen. Die Rohstoffpreise entwickeln sich weiterhin positiv, nachdem der Ölpreis in den letzten Wochen um fast 20% gefallen ist. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis der Wuhan-Virus aus den Nachrichten schwindet, doch die Finanzmärkte sind möglicherweise schon bald gewillt, ihn zu ignorieren. Interessanterweise begannen die US-Aktienmärkte bereits am Dienstag wieder zu steigen, noch bevor sie das Ausmaß des Rückgangs der chinesischen Aktienmärkte kannten.

Hendrik Tuch, Head of Fixed Income bei Aegon Asset Management

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