Ein Kommentar von Nick Chatters, Fixed Income Investment Manager bei Kames Capital
Gründe für das unveränderte Rating
Die Ratingagentur begründet, Italien sei eine offene und diversifizierte Wirtschaft mit einer geringen privaten Verschuldung. Daran hat sich in dieser Krise nichts geändert. Wie kann dies also nun ein Gegenargument zum Anstieg der Staatsverschuldung auf geschätzte 153 Prozent des BIP sein? Nun die EZB wird sie kaufen. Die Bewertung deutet wiederholt an, dass die EZB Italiens „Backstop" ist, um seinen Schuldenberg zu realen Zinssätzen von „rund 0 Prozent" finanzieren zu können.
S&P führt weiter an, dass die private Verschuldung Italiens mit 110 gegenüber 114 Prozent in Deutschland niedriger ist. Ist das etwa positiv? Die Italiener haben eine hohe Sparneigung. Ist dies also kein Symptom für niedrige Investitionen? Kein Argument für die hohen Staatsschulden? Wird die Ratingagentur die Deutschen etwa bei ihrer nächsten Bewertung für ihre im Vergleich zu Italien hohe private Verschuldung kritisieren?
Warum sich die Ratingagentur sehr wahrscheinlich irrt
Sollte sich der Verschuldungspfad in den nächsten drei Jahren nicht verbessern, könnte das Rating nach Ansicht von S&P gesenkt werden. Sie gehen von einer Verschuldung im Verhältnis zum BIP von 153 Prozent bis Ende 2020 und einem Defizit von 6,3 Prozent aus. Die italienische Regierung hat jedoch am Freitag Schätzungen von 155 Prozent und einem Defizit von 10,4 Prozent vorgelegt, so dass die Schätzungen von S&P am Tag der Veröffentlichung der Bewertung bereits hinter der Kurve liegen.
Und Griechenland?
S&P hat am Freitag auch Griechenland neu bewertet und die Aussichten aufgrund der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie von „stabil" auf „positiv" zurückgestuft. Sieht jetzt auch der letzte ein, dass hier eine gewisse Widersprüchlichkeit besteht?
Oder ist es nur die Tatsache, dass Griechenland bereits Ramsch-Status besitzt und Italien dem Sub-Investment-Grade-Rating empfindlich nahekommt? Es stellt sich die Frage, ob es hier nach italienischen Sardinen riecht. Aber keine Sorge, die EZB sitzt am Esstisch.
Nick Chatters, Fixed Income Investment Manager bei Kames Capital