Bei so niedrigen Zinssätzen und so hoher Nachfrage könnten andere Länder nachziehen, um ihre ständig wachsenden Haushaltsdefizite zu finanzieren. Betrachtet man die extrem lange Laufzeit, wurden im Jahr 2020 bereits mehr Emissionen im Laufzeitbereich von 100 Jahren als im gesamten Jahr 2019 getätigt. Bemerkenswert ist, dass die Emissionen in diesem Jahr ausschließlich von Emittenten hoher Qualität stammten, entweder von Staaten oder Regionen der Eurozone oder von zwei Staaten Kanadas. Zuvor hatten Kreditnehmer aus Schwellenländern Zugang zu diesem Teilmarkt. Im Moment ist es aber unwahrscheinlich, dass sie eine Rendite erzielen werden. 2017 war ein Rekordjahr für Emissionen in diesem Sektor mit einem spektakulären Deal mit Argentinien, dem es ebenfalls gelang, 100-jährige Schuldtitel zu verkaufen. Diese werden jetzt allerdings zu etwa 40 % des Nennwerts gehandelt werden.
Weitere Emissionen von Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit zu erwarten
Für die Zukunft erwarten wir weitere Emissionen von Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit von Staaten mit hoher Qualität. Diese Instrumente wurden in der Vergangenheit vor allem dann eingesetzt, wenn ein Land in einen Krieg eintritt. Im Vereinigten Königreich ist der Kriegskredit von 1914 ein berühmtes Beispiel, der erstmals 1914 mit dem Ziel ausgegeben wurde, 350 Millionen Pfund aufzubringen. Anders als bei der jüngsten Transaktion aus Österreich zeichneten die Anleger nur etwa ein Drittel des ausgegebenen Betrags. Erst kürzlich wurde entdeckt, dass der Fehlbetrag heimlich von der Bank of England aufgefangen wurde. 100 Jahre später kaufen die Zentralbanken immer noch inländische Staatsanleihen, diesmal weniger heimlich unter der Schirmherrschaft der Geldpolitik, sondern finanzieren das Defizit im gleichen Sinne.
Sandra Holdsworth, Head of Rates bei Kames Capital