Abgesehen von einigen kurzen, scharfen Marktrotationen waren die letzten Jahre durch eine anhaltende Dominanz von Growth-Aktien gegenüber Value-Werten gekennzeichnet, wobei die Bewertungsdivergenz zwischen beiden Ende 2020 neue Rekorde erreichte. Einige Stimmen vermuten, dass der Erfolg eines globalen Impfprogramms eine Umkehr dieses Trends einleiten könnte. Diese Meinung vertreten wir nicht. Zwar ist unserer Ansicht nach das Argument stichhaltig, dass sich Value- und zyklische Aktien in einer solchen Situation erholen werden, wie sie es in den letzten Wochen des Jahres 2020 getan haben, doch rechnen wir nicht damit, dass sie die Lücke vollständig schließen werden. Es ist zu erwarten, dass sie auf ein Widerstandsniveau stoßen werden, das in etwa dort liegt, wo sie sich vor dem durch Covid-19 ausgelösten Ausverkauf im ersten Quartal 2020 befunden haben.
Die Inflation bleibt in den Industrieländern unter Kontrolle und die Zentralbanken sind immer noch im vollen Fördermodus. Somit dürften die Zinssätze noch einige Zeit auf einem niedrigen Niveau bleiben. Solange sich dieses Umfeld nicht ändert, ist es nicht an der Zeit, die Höchststände für Wachstumsaktien auszurufen. Darüber hinaus kann man argumentieren, dass die am schnellsten wachsenden Unternehmen von morgen ganz andere sein werden als die Unternehmen der Vergangenheit. Dank kapitalschonender Geschäftsmodelle können aufstrebende Disruptoren viel schneller Innovationen einführen und skalieren als früher, was große Marktanteilsgewinne innerhalb relativ kurzer Zeiträume ermöglicht.
Nach Regionen betrachtet, beginnend im Osten, scheinen die entwickelteren ostasiatischen Märkte gut positioniert zu sein, um zu Beginn des Jahres mehr Sicherheit zu bieten, da sie im Vergleich zu anderen Regionen weniger Covid-19-Infektionen und normalere Volkswirtschaften aufweisen.
US-Märkte bewerten neuen Präsidenten als berechenbar
Mit Blick nach Westen steht dem US-Markt ein interessantes Jahr bevor. Nachdem dieser eine Zeit lang der weltweit bedeutendste Markt darstellte, müssen die Renditen den hohen Erwartungen gerecht werden, wenn die Bewertungen beibehalten werden sollen und das Land weiterhin an der Spitze stehen soll. Das Land hat mit Joe Biden einen neuen Präsidenten. Während die Märkte während des Wahlkampfs zunächst vor seiner Führungsrolle zurückschreckten, scheinen sie sich nun davon überzeugt zu haben, dass er keine übermäßig sozialistische, gegen das Großkapital gerichtete Politik betreiben wird. Seine Handlungen auf der internationalen Bühne sollten berechenbarer sein als die seines Vorgängers. Mit Janet Yellen hat er eine gemäßigte Finanzministerin gewählt, die für eine marktfreundliche Politik bekannt ist.
Auch das Vereinigte Königreich beginnt seinen neuen, unabhängigen Weg, nachdem es die EU formell verlassen hat. Obwohl wir angesichts der anhaltenden kurzfristigen Lockdowns zurückhaltend sind, glauben wir, dass sich das Schicksal dieses weitgehend zyklischen und wertorientierten Marktes, in der zweiten Jahreshälfte ändern könnte. Seit dem EU-Referendum Mitte 2016 taumelte er von einer Ungewissheit in die nächste, und im Vergleich zu anderen globalen Märkten bleibt er bei vielen Kennzahlen optisch günstig. So wird der FTSE All Share derzeit mit einem Terminkurs-Gewinn-Verhältnis von 15 und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,7 gehandelt, verglichen mit 20 bzw. 2,8 für den MSCI All Countries World Index und 22 bzw. 4,0 für den rasanter wachsenden S&P 500.