Die europäischen Mobilfunknetzbetreiber stehen unter Kostendruck, doch die Schaffung einer EU-weiten Netzinfrastruktur könnte sich als Glücksfall für Anleiheninvestoren erweisen.
Laut Slijkerman könnte die Schaffung einer paneuropäischen Mobilfunkinfrastruktur dazu beitragen, die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Mobilfunkbetreiber konfrontiert sind, wenn sie in neue 5G-Netze investieren wollen.
"Heute stehen die Renditen der Telekommunikationsanbieter aufgrund des starken Wettbewerbs unter Druck. Die Telekommunikationsunternehmen brauchen außerdem viel Geld, um ihre 5G-Netze auszubauen, die mehr Antennen erfordern. Zudem müssen sie in ihre Glasfasernetze investieren. Die Gründung von paneuropäischen Anbietern von Mobilfunkinfrastruktur ist ein absehbares Ergebnis dieser Entwicklung.“
"Bis vor kurzem favorisierte die Europäische Kommission in der Regel vier Mobilfunknetzbetreiber in jedem Land. Dies fördert den Wettbewerb und führt zu niedrigeren Preisen für die Mobiltelefonie.“
"Aus Kostengründen ist es jedoch effizienter, ein Netz zu betreiben, das von allen Bürgern genutzt werden kann. Telekommunikationsunternehmen können sich die Ausgaben für den Betrieb von Mobilfunktürmen – also Masten mit Mobilfunkausrüstung – teilen.“
"Es ist ähnlich wie bei den nationalen Eisenbahnen in Kontinentaleuropa. Wir vervielfältigen nicht das Schienennetz, sondern haben in jedem Land nur eine Infrastruktur. Es erscheint sinnvoll, auch die mobile Infrastruktur zu teilen."
Eine derartige Konsolidierung der Infrastruktur wäre ein Vorteil für nationale Telekommunikationsbetreiber, wäre aber auch eine gute Nachricht für Anleiheninvestoren, die wegen des Kostendrucks durch den 5G-Netzausbau verunsichert sind –und für Anleger, die nach Infrastrukturmöglichkeiten suchen, so Slijkerman.
"Die meisten Marktbeobachter erwarteten eine Fusion zwischen großen europäischen Telekommunikationsunternehmen wie Orange oder der Deutschen Telekom. Ein solcher Zusammenschluss bietet jedoch nicht viele Möglichkeiten zur Kostensenkung, da diese Firmen in verschiedenen Ländern tätig sind und keine Netzüberschneidungen haben.”
"Stattdessen würde die Gründung von Funkmasten-Konzernen die Qualität der Mobilfunknetze in ganz Europa erhöhen. Die großen Telekom-Betreiber wie Orange, Deutsche Telekom und Vodafone könnten durch den Verkauf ihrer Anlagen erhebliche Werte heben.”
"Cellnex etwa wird in Frankreich Mobilfunktürme für drei Telekomanbieter betreiben. Dies führt zu enormen Kostensynergien und bringt den Unternehmen, die ihre Netze verkaufen, eine Menge Geld ein. Darüber hinaus wird es auch der Qualität der Mobilfunknetze zugutekommen, da Mobilfunkmasten in abgelegenen, unrentablen Gebieten nun von mehreren Betreibern gemeinsam genutzt werden können.”
"Der US-amerikanische Wettbewerber American Towers baut ebenfalls eine Präsenz in Europa auf, zudem wollen Vodafone, aber auch der Deutschen Telekom und Orange ihr Funkmasten-Portfolio als separates Geschäft führen. Zusammen hätten sie das Potenzial, einen paneuropäischen Infrastrukturführer zu schaffen.“
"Dies steht im Gegensatz zu Früher, als viele der größeren Telekommunikationsunternehmen zögerten, ihre Infrastruktur gemeinsam zu nutzen. Ein qualitativ hochwertiges Netzwerk wurde als entscheidender Wettbewerbsvorteil betrachtet, den sie für sich behalten wollten. Dies hat sich heute gewandelt."
Doch Slijkerman warnt, dass der Verkauf der Schlüsselinfrastruktur auch ein langfristiges Risiko für die Inhaber von Firmenanleihen bedeuten könnte, da es dem "Verkauf des Familiensilbers" gleiche, um die Schulden zu bedienen.
"Angesichts der niedrigen Zinssätze besteht eine starke Nachfrage von Anleiheinvestoren nach Infrastrukturanlagen. Die Bewertung dieser Assets ist im Vergleich zu den Bewertungen der traditionellen Telekommunikationsanbieter sehr hoch. Daher dürften die Asset-Verkäufe andauern.”
"Würden die Firmen ihr Funkmasten-Business bündeln, hätten wir eine paneuropäische mobile Infrastruktur. Diese Assets sollten sehr gute Sicherheiten für die Anleihefinanzierung sein. Jedoch sollten die Besitzer von Telekommunikationsanleihen das Kreditrisiko zweimal überdenken, wenn das 'Familiensilber' verkauft wird."