Die Umkehrung der Renditekurve hat noch nie versagt, eine Rezession vorauszusagen. Doch wird sich das bald ändern? Wie könnten die Anlagemärkte – Rezession hin oder her – auf länger anhaltende Zinserhöhungen reagieren? In den letzten 70 Jahren folgte jede Rezession auf eine anhaltende Inversion der Renditekurve von US-Schatzpapieren, obwohl zwischen Inversion und Rezession in der Regel eine Zeitspanne von etwa ein bis zwei Jahren liegt. Um die anhaltend hohe Inflation zu bekämpfen, begann die US-Notenbank im März 2022 mit einer aggressiven Zinserhöhung. Die jüngste Anhebung um 25 Basispunkte trug zu einer Gesamtstraffung von 450 Basispunkten in nur 10 Monaten bei.
Das Ziel ist ein Inflationsrückgang, eine von der Zentralbank ausgelöste Rezession, wenn man so will, mit einer „weichen Landung“ als Goldlöckchen-Szenario. Und natürlich ist eine inverse Renditekurve nicht immer ein Vorbote einer Rezession. In der Tat haben wir Verständnis für das Argument, dass es "diesmal wirklich anders ist", da die Covid-Pandemie einzigartige inflationäre Umstände geschaffen hat.
Inflation ist gut für den Umsatz und so ist das nominale BIP nicht zusammengebrochen. Die Unternehmensergebnisse haben sich angesichts des schnellsten Straffungszyklus seit mehr als vier Jahrzehnten als widerstandsfähig erwiesen.
Die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen der Zentralbanken hat die Inflationspanik unterdrückt und die Daten der langfristigen Inflationserhebungen haben nie die 3 %-Marke überschritten. Darüber hinaus haben die seit mehreren Monaten überraschend günstigen US-Verbraucherpreisindizes die These vom Inflationshöhepunkt untermauert. Wer kann es den Anlegern verdenken, die vom Chaos des Jahres 2022 angeschlagen und gezeichnet sind, dass sie sich auf diese Lichtblicke stürzen und an die Rallye glauben.
Zu schön, um wahr zu sein?
Die makroökonomischen Aussichten bleiben problematisch. Trotz wachsender Erwartungen einer Pause im Zinserhöhungszyklus scheint die Entschlossenheit der Zentralbanken, die Inflation um jeden Preis zu bekämpfen, ungebrochen. Das wird das Wachstum belasten, denn eine Opposition gegen die Zentralbanken endet in der Regel nicht gut für die Anleger. Darüber hinaus beginnen die Zentralbanken auch mit einer quantitativen Straffung, um ihre Bilanzsummen nach zu vielen Jahren lockerer Geldpolitik zu verringern.
Die jüngsten Kommentare von Bailey, Lagarde und Powell, die alle optimistisch sind, dass die Wende in der Inflationsentwicklung geschafft ist, haben die Stimmung aufgehellt. Aber es ist die Deflation, die den Rückgang verursacht.
Der anhaltende Lohndruck, der sich wiederum in einer stärkeren Dienstleistungsinflation niederschlägt, ist nach wie vor sehr hoch. Nur Wenige haben den Anstieg der Inflation richtig eingeschätzt. Wie sie zurückgeht, ist möglicherweise ebenso ungewiss. Der Kurs der Zentralbank bleibt unklar und wird von den eintreffenden Daten abhängen.
Leider versuchen die Zentralbanken, die Inflation mit einem geldpolitischen Instrument in den Griff zu bekommen, das die eigentlichen Ursachen nicht bekämpfen kann. Es handelt sich um ein stumpfes Instrument mit einer zeitlich verzögerten Wirkung in der Realwirtschaft, so dass wir erwarten, dass restriktive reale Leitzinsen die Wirtschaftstätigkeit in den nächsten Quartalen bremsen werden.
Darüber hinaus ist mit Volatilität zu rechnen, wenn die Auswirkungen einer schnellen Straffung deutlicher werden. Im Unternehmenssektor folgen Wachstumseinbrüche in der Regel auf Zinserhöhungen, wobei die Multiplikatoren in der Regel ihren Tiefpunkt erreichen, bevor die Gewinne einbrechen.
Die Streuung in den einzelnen Sektoren ist beträchtlich, aber viele müssen noch höhere Realrenditen einpreisen und die Konsenserwartungen gehen nicht von einem bedeutenden Rückgang der Margen gegenüber dem hohen Niveau aus. Auf der Verbraucherseite haben die inländischen Ersparnisse einen Puffer gebildet, aber diese nehmen stetig ab und die Ausgaben für Kredite steigen, da die Krise der Lebenshaltungskosten zu spüren ist.
Die angespannte Lage auf den Arbeitsmärkten wird oft als Grund dafür angeführt, dass eine Rezession vermieden wird, aber möglicherweise werden dadurch die Rezessionsrisiken nur aufgeschoben oder verschleiert, nicht aber beseitigt. Die Diskrepanz zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot konzentriert sich auf einige wenige Sektoren und ist nicht breit gefächert, während gleichzeitige Trends wie die abnehmenden Arbeitsstunden auf eine bevorstehende Schwäche hindeuten.
Ende des 40-jährigen Aufschwungs
In vergangenen Zeiten der Unsicherheit wurden die Risikomärkte durch den 40-jährigen Aufschwung der Anleihenmärkte gestützt. Das ist nun vorbei.
Es beginnt eine neue Ära, in der Entscheidungen über die Vermögensallokation nicht nur davon beeinflusst werden, wie schnell eine Rezession kommt und geht, sondern auch davon, welche zusätzlichen Risikoprämien in einer Welt strukturell höherer und vielleicht weniger vorhersehbarer „risikofreier“ Vermögenswerte erforderlich sind.
Fest steht, dass die Renditen von Staatsanleihen wieder gestiegen sind und höhere Renditen auf allen Märkten ein höheres Risiko widerspiegeln. Risikobehaftete Vermögenswerte wurden jedoch nicht in demselben Maße neu bewertet wie risikofreie: Die Aktienrenditen sind auf das Niveau vor der Krise gestiegen, aber die Überschussrendite von Aktien gegenüber Anleihen ist zurückgegangen und hat sich umgekehrt, wodurch sich die relativen Präferenzen der Anleger geändert haben.
Die Kreditspreads hatten sich ausgeweitet, aber die jüngste Rückbildung hat eine Rezession und einen Ausfallzyklus effektiv ausgepreist. Trotzdem sind die Gesamtrenditen wichtiger als die einzelnen Bestandteile und so attraktiv wie seit vielen Jahren nicht mehr.
Das Momentum deutet darauf hin, dass mehr Geld in die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere fließen wird und das begrenzte Angebot angesichts der starken Nachfrage bedeutet, dass die technischen Aspekte auf der Seite der Anleger liegen (auch wenn das schnelle Geld bereits gemacht wurde).
Unserer Einschätzung der Risiken nach ist eine sinnvolle Allokation in defensivere festverzinsliche Anlagen gerechtfertigt. Sollte die Inflation nachlassen und die Zinsen sich stabilisieren (oder sogar fallen), ohne dass es zu einem tiefen wirtschaftlichen Abschwung kommt, könnten Risikoanlagen positiv reagieren.
Von Debbie King, Multi-Asset-Investmentmanagerin bei Aegon Asset Management