Während Investoren die Vorteile von Diversität in den Führungsetagen erkennen, sollten Unternehmen die Lektionen aus dem Erfolg der englischen und deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen, im vergangenen Jahr beherzigen und sich um eine bessere Vertretung von Frauen in der Unternehmenswelt bemühen. Die UEFA-Frauenmeisterschaft 2022 war ein Wendepunkt in der Popularisierung des Frauenfußballs. Lange Zeit war der Frauenfußball das Stiefkind des Männerfußballs, doch die Begeisterung und das gezeigte Können haben die Fans im vergangenen Sommer derart in ihren Bann gezogen, wie es zuvor noch nie der Fall war. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die diesjährige FIFA Frauen-Weltmeisterschaft, die am 20. Juli in Australien und Neuseeland beginnt.
Im Fußball haben die Spielerinnen der Frauenfußball-Nationalmannschaften einen Wandel herbeigeführt, aber wie sieht es in der Vorstandsetage, in der Chefetage oder im Büro eines Fondsmanagers aus? Die Vertretung von Frauen in der Wirtschaft wird zunehmend als wichtiges Kriterium anerkannt, und zwar nicht nur auf persönlicher Ebene, sondern auch im Hinblick auf Investitionen. Mehr Frauen in Führungspositionen zu haben, sollte für jedes wettbewerbsfähige Unternehmen jetzt ein wichtiges Anliegen sein. Es trägt nicht nur dazu bei, neue weibliche Talente für die Branche zu begeistern, und fördert gleichzeitig eine bessere Umsetzung der Kriterien für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion, sondern es gibt auch Daten, die auf einen Zusammenhang zwischen der Diversität von Führungskräften und der finanziellen Leistung hindeuten. Laut einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2019 ist die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen im obersten Viertel der Führungskräfte in Bezug auf die Geschlechtervielfalt eine überdurchschnittliche Rentabilität aufweisen, um 25 Prozent höher als bei Unternehmen im untersten Viertel [1].
Diese drei Schlüsselbereiche verzeichnen deutliche Fortschritte und zeigen Beispiele von Unternehmen, die diesen Wandel vorantreiben:
Repräsentanz auf Vorstandsebene - Trustpilot (TRST)
Im Unternehmensbereich sind Frauen wohl am stärksten in den Führungsetagen vertreten, wo sie inzwischen einen festen Platz und Einfluss haben. In Großbritannien hat der Frauenanteil in den Verwaltungsräten in diesem Jahr 40% erreicht, während die EU im vergangenen Jahr die gleiche Zahl als Zielvorgabe [2] festgelegt hat. Eines der Unternehmen, die diesen Fortschritt vorantreiben, ist Trustpilot, eine Online-Plattform für Kundenrezensionen, die Verbrauchern ein vertrauenswürdiges Feedback gibt und sie bei ihren Kaufentscheidungen unterstützt, während sie für ihre Unternehmenskunden dazu beiträgt, Glaubwürdigkeit aufzubauen und Einblicke in die Kundenerfahrungen gewährt.
Das Unternehmen hat vor kurzem eine bekannte weibliche Führungskraft zur Vorstandsvorsitzenden ernannt, in der Hoffnung, ihre Fähigkeiten für die nächste Wachstumsphase nutzen zu können. Dies bestärkt uns in unserer Überzeugung, dass das Unternehmen eine glänzende Zukunft vor sich hat.
Geschäftsleitung - Verisk Analytics (VRSK)
Die Vertretung von Frauen in Führungspositionen liegt leicht hinter der in den Vorstandsetagen zurück. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton schätzt den Anteil von Frauen in Führungspositionen weltweit auf 32% im Jahr 2022 [3]. Dennoch sind Fortschritte zu verzeichnen. Ein gutes Beispiel dafür ist mein Besuch bei dem amerikanischen Datenmanagement-Unternehmen Verisk Analytics. Verisk ist ein führendes Datenanalyseunternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, seinen Kunden Einblicke in die Versicherungsbranche zu gewähren. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es fortschrittliche Analysen einsetzt, um seinen Kunden zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und Risiken zu managen. Aber das Treffen war noch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Alle Teilnehmer - der Finanzchef, der Leiter der Investor Relations, der Vertreter des Maklers und der Fondsmanager - waren Frauen.
Dies ist ein Zeichen für die zunehmende Vertretung von Frauen in den höchsten Führungsebenen, und das ist erfreulich. Allerdings bleiben solche Treffen die Ausnahme, während reine Männerrunden eher die Regel sind. In unserem Investitionsansatz stehen wir vielfältigen Managementteams, wie wir sie bei Verisk vorgefunden haben, positiv gegenüber, weil wir glauben, dass Unternehmen, die die Fähigkeiten aller ihrer Mitarbeiter nutzen, bessere Erfolgschancen haben. Wir hoffen sehr, dass mehr Unternehmen diesem Beispiel folgen.
Recriutment - FDM-Gruppe (FDM)
Einige Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter und haben sogar ihr gesamtes Geschäftsmodell darauf ausgerichtet, die Rolle von Frauen und anderen Minderheiten in der Arbeitswelt zu stärken. Ein Beispiel dafür ist FDM, ein IT-Unternehmen, das Berater für renommierte Kunden rekrutiert, schult und einsetzt. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Rekrutierung von Hochschulabsolventen, Berufsrückkehrern und ehemaligen Militärangehörigen.
Die Erschließung von beruflich wenig repräsentierten Gesellschaftsgruppen wie Frauen, die nach der Kindererziehung in den Beruf zurückkehren, verschafft FDM einen Wettbewerbsvorteil. Obwohl nur 31% der Belegschaft weiblich sind, ist FDM das einzige Unternehmen, das ich je gesehen habe, welches ein negatives durchschnittliches geschlechtsspezifisches Lohngefälle aufweist, d. h. der durchschnittliche weibliche Mitarbeiter erhält mehr Gehalt als der durchschnittliche männliche Mitarbeiter.
Dieser Fortschritt ist beachtlich, liegt aber weit hinter dem zurück, was nötig wäre. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass der Anteil der weiblichen Fondsmanager weltweit bei 12% [4] verharrt, und im Laufe der Jahre hat sich die Situation nur unglaublich langsam verbessert. Erfreulicherweise sind viele Akteure in dieser Branche zunehmend bestrebt, junge Frauen zu ermutigen, diesen Beruf in Betracht zu ziehen. Doch in der Praxis hat sich das Rad kaum bewegt.
Es bleibt also zu hoffen, dass die Mädchen und Jungen, die sich in diesem Sommer die Fußballweltmeisterschaft der Frauen ansehen, dazu inspiriert werden, ihren eigenen Weg zu gehen, wo auch immer dieser sie hinführen mag - auch in die Vorstandsetage, in die C-Suite und vor allem ins Fondsmanagement.
Von Claire Marwick, Investmentmanagerin bei Aegon Asset Management
[1] https://www.mckinsey.com/featured-insights/diversity-and-inclusion/diversity-wins-how-inclusion-matters
[2] https://ftsewomenleaders.com/latest-reports/
[3] https://www.grantthornton.global/en/insights/women-in-business-2022/
[4] https://uk.citywire.com/Publications/WEB_Resources/alpha-female/alpha-female-2022-dollars.pdf